Star Trek: Discovery 1.10: Despite Yourself

Review zur „Star Trek: Discovery“-Episode 1.10 „Despite Yourself“
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SPOILER: Die Review geht ins Detail und verrät auch das Ende der Episode. Es können auch Spoiler für spätere Episoden der ersten Staffel enthalten sein.

Despite YourselfNach der langen Weihnachtspause geht es nun weiter nach dem letzten, mysteriösen Sprung der Discovery. Commander Saru kann nun doch die Position der Discovery bestimmen. Die Discovery wird von einem vulkanischen Schiff angegriffen, welches ein anderes Sternenflotten-Schiff (per Audio-Botschaft) als „vulkanische Rebellen“ bezeichnet. Saru ermittelt derweil die Quantensignatur der Schiffe und Lorca kommt zum Schluss, dass sie nicht mehr in ihrem eigenen Universum sind. Wenn man bedenkt, wie ungewöhnlich diese Schlussfolgerung zu dieser Zeit noch ist, kommt die Crew hier doch vergleichsweise schnell und einfach zum richtigen Schluss.

Spiegel-Lorca weiß das alles natürlich. Wieso steuert er die Situation nicht besser? Ist er wirklich ein so guter Schauspieler? Im Gespräch mit Saru und Burnham sieht man dann deutlicher, wie er seine Spuren verwischt und die Crew dahin steuert, die neue Situation erst mal zu erforschen. Lorca war lange nicht zu Hause und braucht Informationen, was seitdem passiert ist.

Ich gebe zu, ich habe die ganze Story ums Spiegeluniversum nicht kommen sehen. Natürlich auch, weil die Crew der Enterprise zehn Jahre später sehr überrascht war, als sie ins Spiegeluniversum gerieten. Niemand hat damals gesagt „Captain, uns liegen ausführliche Logs der USS Discovery vor, die 2256 in dieses Universum geraten ist“. Aus meiner Sicht hätten zum Ende der Staffel auf irgendeine Art alle Informationen zum Paralleluniversum aus der Serie entfernt werden müssen. Ein Zeitsprung, der alles ungeschehen macht, oder etwas ähnliches. So etwas ist leider nie eine gute Auflösung für eine Geschichte. Entsprechend wenig begeistert war ich beim ersten Schauen an diesem Punkt.

Die Crew der Discovery birgt derweil den Datenspeicher des klingonischen Wracks. Wo ist das vulkanische Schiff hin? Kriegen wir nicht gesagt. Tyler ist kaum funktionsfähig vor Visionen und Alpträumen, kriegt aber weiterhin wichtige Aufträge. Tja. In der Arrestzelle zitiert L‘Rell ihm ein klingonisches Gebet zu Kahless, was seine Erinnerung wecken sollte. Das klappt aber nicht. Tyler ist verwirrt, aber wir Zuschauer ahnen jetzt, was für eine bekloppte Geschichte die Autoren hier vorbereitet haben. „You have another name“, sagt L‘Rell, und wenn er Klingonisch spricht, erkennt man auch Voqs Stimme wieder. Shazad Latif hatte die ganze Zeit auch Voq gespielt, wurde aber in den Credits als Javid Iqbal aufgeführt, damit dieses Versteckspiel funktioniert.

Die Crew findet derweil heraus, dass auf dem klingonischen Schiff anscheinend Klingonen, Vulkanier und Andorianer zusammenarbeiteten. Aus dem Datenspeicher lesen sie Details über das Terranische Imperium und die Rebellion heraus. Wir wissen nun also, dass wir in dem Spiegeluniversum sind und nicht einfach in irgendeinem Paralleluniversum. „Ruled by a faceless emperor“, ha! Das macht keinerlei Sinn und soll nur die überraschende Enthüllung der Identität des Imperators vorbereiten. Eine Kultur wie die des Imperiums hält doch nicht den Namen des Imperators geheim. Ärgerlich, sowas.

Kadett Tilly ist als Charakter nett, aber dass sie ab jetzt quasi Chefingenieur ist, ist wirklich lächerlich. Stamets ist auf der Krankenstation und Tilly steht alleine im Maschinenraum und untersucht den klingonischen Datenspeicher? Wo ist denn Stamets Stellvertreter? Wo sind die anderen Offiziere der Maschinensektion? Jeder einzelne von ihnen steht im Rang über Tilly und hat mehr Erfahrung mit dieser Aufgabe. Selbst Wesley Crusher hat nicht unbeaufsichtigt im Maschinenraum gearbeitet.

Noch lächerlicher wird es kurz darauf, als die Crew herausfindet, dass Tilly der Captain der Spiegel-Discovery ist. Das ist lustig gespielt, auch Lorcas schottischer Akzent als „Chefingenieur“, aber wie soll denn bitte in diesem brutalen Umfeld die 22-jährige Tilly zum Captain geworden sein?

Die USS Discovery wird zur ISS Discovery. Prinzipiell halte ich es für fragwürdig, dass die Crew das glaubwürdig hinbekommt. Andererseits kann Lorca sie natürlich in vielen Details unauffällig zum gewünschten Ergebnis steuern. Im Gespräch mit Burnham erzählt diese ihm die Vorgeschichte von Spiegel-Burnham und Spiegel-Lorca. Letzterer hatte einen Coup gegen den Imperator versucht und Burnham getötet, woraufhin der Imperator Lorcas ISS Buran zerstörte. Lorca gibt hier einen Satz von sich, der einem im nachhinein alles verrät: „Wow, that’s me hoping I‘d find a better version of myself over here.“ Nur wenn er selbst Spiegel-Lorca ist, könnte er hier eine bessere Version von sich vorfinden. Er scheint aber erleichtert zu sein, dass der echte Lorca nicht seinen Platz übernommen hat, so wie er dessen Platz übernahm.

WTF: Jetzt kommt ein Moment, an dem ich mit der Serie eigentlich abgeschlossen habe. Bisher hätte man das alles noch irgendwie wegerklären können, meinetwegen sogar mit Geheimhaltung über die Existenz des Paralleluniversums. Aber nun erfährt die Crew der Discovery von der Existenz der USS Defiant in diesem Universums. Die Constitution-Defiant wird elf Jahre später in einer Anomalie verschwinden. In einer ENT-Doppelfolge wurde geklärt, dass sie in der Vergangenheit des Paralleluniversums gelandet ist. Sollen wir jetzt also glauben, dass die Discovery vom bevorstehenden Tod der 400köpfigen Crew der Defiant erfährt – und denen nicht Bescheid sagt? Das ist absurd! Die Sternenflotte hat kein Interesse an der Integrität von Ereignissen, die aus ihrer Sicht in der Zukunft liegen. Und was im Paralleluniversum passiert, kann der Sternenflotte ebenfalls egal sein.

Um uns als Zuschauer etwas anzuheizen, darf der arg geschwächte Stamets ein paar mysteriöse Ausrufe tätigen. „Stay out of the palace“ und „The enemy is here“. Wohl wahr, aber damals konnte man das natürlich nicht wirklich deuten. Zumal eine spätere Szene es so aussehen lässt, als würden sich Stamets Worte auf Tyler beziehen.

Die Crew der ISS Discovery

Die Crew hat einen neuen Plan: Sie wollen Daten über die Defiant bergen, um herauszufinden, wie diese ins Paralleluniversum geraten ist. Das geht aber nur an Bord eines terranischen Schiffes. Burnham will sich als Spiegel-Burnham ausgeben (vermutlich tot, aber die Leiche wurde nie geborgen) und den flüchtigen Spiegel-Lorca zur Shenzou bringen, wo sie bisher das Kommando hatte. Sie rufen die Shenzou und präsentieren Captain Connor den gefangengenommenen Lorca und die verloren geglaubte Captain Burnham.

Tyler hat mit Doctor Culber über seine Probleme gesprochen und dieser hat nach weiteren Scans herausgefunden, dass offenbar Knochen in Tylers Körper verkürzt wurden und alle Organe Narben aufweisen. Er spricht mit ihm auch über den Verdacht, dass unter Tylers Bewusstsein ein anderes Bewusstsein lauern könnte. Daraufhin tötet Tyler den Doktor. Ähm, tja… Das ist ein netter Schockeffekt für uns Zuschauer, macht aber erneut keinen Sinn. Offenbar hat Culber ja diese Ergebnisse vor Tylers Eintreffen erarbeitet. Und dazu macht er keinen Logeintrag? Spricht nicht mit einem Führungsoffizier darüber? Holt sich kein Sicherheitsteam dazu, da ja nicht klar ist, wer oder was Tyler eigentlich ist? Wenn er sowieso vor hat, ihn vom Dienst zu entbinden, kann er sich doch gleich um die sichere Unterbringung kümmern. Aber klar, er bespricht das stattdessen in einer verlassenen Krankenstation mit Tyler. Während einer Krisensituation, die eigentlich die Anwesenheit der Führungsoffiziere auf der Brücke erfordern würde.

Im übrigen: Wenn Spiegel-Burnham so ein hohes Ansehen genossen hat, wieso hatte sie dann das Kommando über die veraltete und kleine Shenzou? Wieso hat sie sich nicht ein Constitution-Schiff geschnappt? Wieso war sie überhaupt auf der Shenzou? Sie kam dort doch nur durch Sareks Bekanntschaft mit Captain Georgiou hin, Spiegel-Burnham ist aber wohl sicherlich nicht auf Vulkan aufgewachsen?! Was in der Classic-Serie als nicht allzuernst zu nehmende Allegorie gedacht war, wird hier leider stark ausgewalzt und offenbart dabei viele Schwächen. In einem solchermaßen anderen Universum wäre eben vieles nicht gleich, nicht die Namen der Schiffe und auch nicht die Menschen.

Burnham und Tyler beamen mit Lorca auf die Shenzou, wo Burnham wieder das Kommando übernimmt. Sie hat keine Wahl, als Lorca im Arrestbereich in eine Agoniekabine zu stecken (sieht wie eine Duschkabine aus). Auf dem Weg zur Bücke wird sie von Captain Connor angegriffen und muss ihn im Kampf töten. Die Episode endet mit Burnham und Tyler, welche nun allein auf diesem fremden Schiff klarkommen müssen.

Die Episode markiert einen deutlichen Bruch in der ersten Staffel. Nachdem es bisher darum ging, den Krieg gegen die Klingonen zu gewinnen, muss die Discovery nun erst einmal einen Weg in ihr eigenes Universum finden. Und dann den Krieg gegen die Klingonen gewinnen. Diese Storyline reißt einen leider komplett aus dem bisher so wichtigen Handlungsbogen raus. Klar, aus Spiegel-Lorcas Sicht läuft alles super und der Krieg gegen die Klingonen könnte ihn jetzt gar nicht noch weniger interessieren. Aber für uns Zuschauer ist das irgendwie eine komische Art, die Geschichte zu erzählen. Hätte die Staffel nur 10 Episoden gehabt, dann hätte man diesen Twist in Folge 5 gebracht, denke ich, und das alles vielleicht auch anders vorbereitet. Der Serie hätte das gut getan.

Nun sind wir also im Spiegeluniversum. Was in Classic als wirklich nette Idee begann, wurde in den folgenden Serien wirklich zu Tode geritten. Das Pferd ist nicht nur tot, es ist auch schon verwest. Ich mag „DS9″ sehr, aber nach einer sehr guten Spiegeluniversums-Folge Ende der zweiten Staffel hat man dieses Universum unter zunehmend lächerlicheren Rahmenbedingungen immer wieder und wieder besucht, als wenn es uns interessieren würde, was die menschlichen Rebellen dort tun. Yep, in DS9 ist das terranische Imperium zerfallen und die Klingonen und Cardassianer haben die Kontrolle über den Alpha-Quadranten übernommen. ENT hatte gegen Ende eine gute Doppelfolge, welche sich um die USS Defiant drehte, und zwar ohne einen Bezug zum Standarduniversum (also ohne eine Reise der ENT-Crew dorthin). Und nun sind wir also schon wieder hier. Das ist ungefähr so nötig wie eine weitere Ferengi-Comedy-Episode.

Die Serie hat natürlich großen Spaß am Dekorieren der Discovery als ISS Discovery und am Verkleiden als ihre Spiegel-Ebenbilder. Für eine Episode wäre das OK gewesen, aber als Handlungsbogen für ein Drittel der ganzen Staffel? Die Auflösung um Lorca macht es irgendwie nötig, aber wenn man das noch nicht weiß, wirkt es einfach aufgesetzt und unnötig.

Anmerkungen

  • Jonathan Frakes hat bei dieser Episode Regie geführt. Seine letzte Regie bei einer Star-Trek-Episode war 1995 die Episode „Prototype“, in der zweiten Voyager-Staffel.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)