Terry Pratchett: Mummenschanz

Cover MummenschanzRezension zu „Mummenschanz“ von Terry Pratchett, 18. Scheibenwelt-Roman, Originaltitel: „Maskerade“, Ersterscheinung: 1995 (UK)

Deutsche Ausgaben: „Mummenschanz“, 1997, Wilhelm Goldmann Verlag München, 315 Seiten; „Mummenschanz“, 2002, Blanvalet Verlag

Inhalt

Trübe Stimmung herrscht bei den Hexen von Lancre, denn Magrat Knoblauch ist mittlerweile mit König Verence verheiratet, weshalb der Hexenzirkel auf Oma Wetterwachs und Nanny Ogg geschrumpft ist. Auf der Suche nach einer Nachfolgerin verfallen sie auf die junge Agnes Nitt, doch die ist mittlerweile nach Ankh-Morpork gegangen. Nanny Ogg hat währenddessen ein höchst erstaunliches Kochbuch verfasst. Als Oma Wetterwachs ihr ausrechnet, um wie viel Autorenhonorar sie betrogen wurde, sehen die beiden Hexen darin den willkommenen Anlass, nach Ankh-Morpork zu reisen und neben dem Besuch bei Nannys Verleger Agnes von ihrer Zukunft als Hexe zu überzeugen.

Agnes ist währenddessen an der Oper von Ankh-Morpork gelandet. Sie hat einen erstaunlichen Stimmumfang, doch leider auch einen nicht minder großen Körperumfang, weswegen sie hinter die gertenschlanke, wenn auch grottenschlechte Sängerin Christine zurücktreten muss. Doch schon bald bekommt Agnes Wind von einer Mordreihe, die allem Anschein nach von dem ‚Geist der Oper‘ ausgeführt wurde. Ausgerechnet in die Suche nach dem Geist und die Angst vor neuen Morden platzen Nanny Ogg und Oma Wetterwachs hinein, und zusammen versuchen die drei, das Rätsel zu lösen…

Hauptpersonen

  • Esme „Oma“ Wetterwachs – ‚die Hexe von Lancre‘ ist auf Nachwuchs-Suche
  • Gytha „Nanny“ Ogg – die andere ‚Hexe von Lancre‘ hat ein Buch geschrieben
  • Agnes Nitt alias Perdita X. Nitt – Agnes will ein Opernstar werden
  • Herr Emil Eimer – kommt aus dem Käsegeschäft und hat die Oper gekauft
  • der Geist – verbreitet an der Oper von Ankh-Morpork Schrecken

In weiteren Rollen

  • Tod
  • Rattentod
  • Greebo, der Kater von Nanny Ogg
  • Herr Unterschaft und Herr Salzella von der Oper
  • Frau Plinge und ihr Sohn Walter
  • Christine, hoffnungsvolle Sängerin
  • der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität
  • Korporal Nobby Nobbs und Detritus von der Stadtwache

Schauplätze

Lancre, Ankh-Morpork

Bewertung

Ein weiterer Hexen-Roman. Diesmal nimmt Terry Pratchett die Oper aufs Korn. All die vielen Anspielungen und Anekdoten rund um die Oper, die im Laufe der Geschichte erzählt werden, drehen sich letztlich um das Motto „the show must go on“. Und so geht die Show denn auch weiter, obwohl ein mordender Geist an der Oper sein Unwesen treibt. Mittendrin sind unsere beiden Hexen aus Lancre, bemüht die Identität des Geistes zu enträtseln.

Oma Wetterwachs und Nanny Ogg sind dem Leser schon gut vertraut aus früheren Hexen-Romanen. Neu im Bunde ist Agnes Nitt, mit ihrer alternativen Identität Perdita X Dream (ein Scherz, der in der Übersetzung verloren geht). Sie wurde von den beiden Hexen als Nachfolgerin Magrats auserkoren, doch sie weigert sich standhaft, eine Hexe zu werden. Durch ihre Augen stellt uns Terry Pratchett auch größtenteils die absurde aber auch liebenswerte Welt der Oper vor. Dabei gibt es natürlich zahlreiche Anspielungen auf Opern und Musicals, aber man kann das Buch durchaus genießen, wenn man sich in der Opernwelt nicht weiter auskennt. Im Gegenteil, meinereiner teilt durchaus die etwas skeptisch-ungläubige Perspektive Pratchetts auf die größtenteils fremde Welt der Oper.

Es gibt natürlich wieder zahlreiche Auftritte alter Bekannter. TOD hat einige wirklich köstliche Szenen, außerdem sehen wir den Rattentod wieder, genau wie Nannys Kater Greebo und Nobby und Detritus von der Stadtwache. Auch der Bibliothekar hat seinen obligatorischen Auftritt. Zum Ensemble des Buches stößt ansonsten hauptsächlich die Belegschaft der Oper hinzu. Dabei gibt es natürlich eine junge, hübsche aber unbegabte Sängerin, einen dicken Tenor, einen ignoranten Opernbesitzer und einen Quasimodo-ähnlichen Angestellten. Nicht zu vergessen natürlich der Geist, der seit Jahren in Loge acht haust, sich aber kürzlich aufs Morden verlegt hat. All diese Personen spiegeln auf sehr humorvolle Art die üblichen Klischees der Opernwelt wieder. Den Humor bezieht das Buch allerdings mehr aus Running Gags und der allgemeinen Handlung, denn aus vordergründigen Wortspielen.

Der Roman fängt ruhig an, gewinnt aber nach einer gewissen Zeit an Schwung. Am Anfang steht viel Charakterarbeit, das Wiedersehen mit den liebgewonnenen Charakteren der beiden Hexen und die Einführung von Agnes. Oma Wetterwachs und Nanny Ogg sind wohl zu Recht Pratchetts Lieblingscharaktere, er schildert das Zusammenspiel der beiden virtuos. Agnes ist auf ihre eigene Art auch ein interessanter Charakter und eine gute Ergänzung der beiden Hexen.

Fazit

Einer der besseren Scheibenwelt-Romane. Nicht der verrückteste, aber trotzdem voller Charme und im Rahmen der Hexen-Bücher mit der Einführung von Agnes durchaus wichtig.

Zitate

Ihre Stimme versah sogar eine Frage mit einem Ausrufezeichen. Ein aufgeregtes Quieken schien daran festgeschraubt zu sein.
[S. 27]

Nanny Ogg dachte an Agnes Nitt. Man benötigte ziemlich große Gedanken, damit Agnes ganz hineinpasste.
[S. 29]

Der Frage des Eigentums begegnete er mit der für alle Katzen charakteristischen Einstellung. Er vertrat die Ansicht, dass nichts Essbares berechtigt war, jemand anderem zu gehören.
[S. 73]

„Die… äh… Abschiedsarie, wie wir sie nennen, ist ein kleines Meisterwerk“, sagte er. „Sie stellt keinen absoluten Höhepunkt in der Opernwelt dar, aber ich halte sie trotzdem für denkwürdig.“ Seine Augen trübten sich ein wenig. „Questa maledetta singt Jod, als sie Peccadillo mitteilt, wie schwer es ihr fällt, ihn zu verlassen… Questa maledetta porta si bloccccca, si blocca comunque diavolo io facccccio…“

[Ein Charakter übersetzt Agnes kurz darauf, was die Worte der Abschiedsarie bedeuten...]

Diese verdammte Tür klemmt.
Diese verdammte Tür klemmt.
Ganz gleich, was zum Teufel ich auch mache.
Es steht Ziehen drauf, und ich ziehe tatsächlich.
Vielleicht sollte sie besser mit ‚Drücken‘ beschriftet sein?
[S. 111/113]

Agnes lächelte betrübt. Wenn man Christine etwas länger kannte, musste man gegen die Versuchung ankämpfen, ihr in ein Ohr zu sehen – um festzustellen, ob man auf der anderen Seite das Tageslicht erkennen konnte.
[S. 115]

„Das ist also ein Opernhaus, wie?“ fragte Oma. „Sieht aus, als hätte jemand einen großen grauen Kasten gebaut und anschließend Architektur drangeklebt.“
[S. 126]

Nanny schenkte sich einen Gin mit etwas Gin und einem Schuss Gin ein und betrachtete interessiert die verschiedenen Flaschen.
[S. 141]

„Wir Hexen haben immer alles miteinander geteilt“, sagte Oma.
„Ja, das stimmt“, räumte Nanny ein und kam auf den Kern dieser soziologischen Debatte. „Es ist leicht, alles miteinander zu teilen, wenn niemand etwas hat.“
[S. 199]

Greebo hätte Oma gern angefaucht, aber selbst in seinem Katzenhirn steckte genug Intelligenz für die Erkenntnis, dass so etwas nicht ratsam war.
[S. 225]

Da der Intelligenzquotient einer Gruppe dem IQ des Dümmsten geteilt durch die Anzahl der Gruppenmitglieder entspricht, wusste später niemand zu sagen, was überhaupt geschehen war.
[S. 255]

Christine näherte sich unbesorgt. Christine wäre auch in das Maul eines Drachen marschiert, wenn darüber ein Schild mit der Aufschrift „Völlig harmlos, keine Sorge“ hing. Ein Schild mit großen, leicht zu lesenden Buchstaben.
[S. 285]

Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Goldmann-Ausgabe.

Links

Dieses Buch im Annotated Pratchett File
Übersicht aller Scheibenwelt-Bücher

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)