Rückkehr nach Mittelerde

Buch und FilmIch bin aktuell mal wieder in Mittelerde unterwegs, und zwar gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen habe ich die lange und anstrengende Erkältung im Februar genutzt, um endlich mal „Herr der Ringe“ zu lesen. Parallel habe ich mir endlich das Boxset der Hobbit-Filme zugelegt und schaue mich fasziniert durch die Extras.

Der Herr der Ringe

Den Herrn der Ringe wollte ich schon sehr lange mal lesen, bin aber immer etwas vor dem englischen Text und den angeblich recht langwierigen Elben-Gesängen zurückgeschreckt. Die deutsche Übersetzung kam für mich nicht in Frage, da es hier zwei Übersetzungen gibt. Die eine enthält wohl vergleichsweise viele Übersetzungsfehler, während die andere im Ausdruck viel flapsiger/moderner ist (beides nur Hörensagen, Meinungen dazu gerne in den Kommentaren). Wie immer in diesen Situationen: Beim Übersetzen geht einfach viel verloren, deswegen lese ich, wenn ich der Sprache mächtig bin, lieber das Original. Die Bücher sind 1954/55 zuerst erschienen, und Tolkien hat sie über viele Jahre seit 1937 geschrieben. Als Professor für Englische Sprache und Literatur kann er mit Sprache umgehen. Sein Ziel, eine große zusammenhängende Sagenwelt zu erschaffen, ist relativ deutlich. Ich denke daraus und aus dem Entstehungszeitpunkt in den Vierzigern resultiert eine teilweise archaischere Sprache. Man findet Wörter wie „fell“ (grausam/zerstörerisch) im Text, die man in modernen englischen Texten meines Erachtens nie liest, oder veraltete Wörter wie „amaze“ für „amazement“. Das alles trübt den Lesefluss aber kein bisschen, finde ich. Man hat im Gegenteil dadurch noch mehr das Gefühl, eine alte Sage zu lesen, so wie es Tolkien sicher auch beabsichtigt hat.

Die Gesänge und Gedichte sind tatsächlich im Buch enthalten, und nicht zu knapp. Wenn man wie ich ein Buch wirklich komplett lesen möchte, dann tun vor allem die Handvoll Gesänge auf Elbisch weh. Man kann über die Gesangseinlagen ansonsten auch einfach drüber blättern. Es gehört halt zum Ton der Geschichte dazu, ein bisschen wie in alten Disney-Filmen. Vielleicht war das in echten alten Sagen so üblich, mit denen sich Tolkien ggf. beruflich beschäftigt hat? So oder so, das sollte einen nicht von der Lektüre abhalten. In den Filmen kamen ja auch tatsächlich nur sehr wenige dieser Lieder vor, was bei dem ein oder anderen durchaus Schade ist.

Ich habe diese drei Bücher jedenfalls in wenigen Tagen verschlungen, und das obwohl die Handlung aus den Filmen mir noch sehr präsent ist. Das stört aber gar nicht. Spannend fand ich, wie Tolkien die Handlung in „The Two Towers“ und „The Return of the King“ jeweils in zwei Perspektiven aufgeteilt hat. Wir erfahren zuerst, was der Rest der Gefährten erlebt, welche vom Schicksal Frodos keine Kenntnis haben. Dann schaltet das Buch um zu Frodos Handlungs-Ebene. Es wird immer wieder erwähnt, was im Rest Mittelerdes gerade parallel passiert, was erstaunlich gut funktioniert und sicher auch sehr spannend war, wenn man das Ende nicht schon kennt.

Ansonsten enthalten die Bücher und vor allem die Anhänge natürlich viel, viel mehr Informationen zu Kultur, Sprache und Geschichte der verschiedenen Regionen Mittelerdes. Ähnlich wie bei „Game of Thrones“ hilft es bei den unzähligen Charakteren aber, wenn man Gesichter aus den Filmen im Kopf hat. Die zeitlichen Abläufe wurden im Film natürlich stark gestaucht. Das führt u.a. dazu, dass Frodo im Film viel jünger ist. Im Buch zieht er an seinem 50. Geburtstag los. Samwise ist tatsächlich 12 Jahre jünger, und da er für Frodo als Gärtner arbeitet, sind sie hier zumindest anfangs bei aller Freundschaft eher Chef und Angestellter. Da macht es auch Sinn, dass Sam Frodo mit „Master“ anredet. Wie man das passend übersetzen will, kann ich mir auf Anhieb nicht so richtig vorstellen. Im Film scheinen sie dagegen gleich alt und quasi Jugendfreunde zu sein.

Auch sehr spannend fand ich die explizite Argumentation im Buch, dass Sauron sich einfach nicht vorstellen kann, dass jemand den Ring zerstören würde anstatt ihn einzusetzen, und deswegen auch in Mordor nicht wirklich Ausschau danach hält. Das macht Sinn und bleibt im Film eher vage. Im Film hatte ich zudem nie verstanden, wieso Gimli in Moria Balin vorzufinden erwartet. Das wird im Buch auch viel deutlicher erklärt (die Orcs hatten Moria vor Jahren erobert, Balins Neu-Besiedelung von Moria war schon der zweite Versuch der Zwerge, die Mine wieder in Besitz zu nehmen).

Generell sind die Bücher sehr aus der Perspektive der Hobbits geschildert. Vor allem Legolas und Gimli bleiben eher blasse Charaktere, die nicht viel zu sagen haben. Für die Hobbits macht es dagegen total Sinn, dass ihre Reise nicht einfach in Gondor endet, sondern dass sie am Ende ins Auenland zurückkehren und dieses befreien müssen. Sie sind unterwegs so sehr gereift, dass sie damit keine großen Probleme haben. Dieses Kapitel kurz vor Schluss des Buches rundet die Reise der Hobbits ab und fungiert als Gegenpunkt zu der eher überstürzten Flucht aus dem Auenland am Anfang. Ich kann aber verstehen, wieso Peter Jackson das nicht verfilmt hat: Die Kosten, hier jetzt noch ein zerstörtes Auenland zu zeigen, waren im Vergleich zur Länge der Szenen sicher nicht tragbar, von der Laufzeit des Filmes mal ganz abgesehen.

Alles in allem kann ich die Lektüre nur empfehlen. Das Buch ist zu Recht ein Klassiker, den man gelesen haben sollte.

Der Hobbit

Den Hobbit habe ich vor Jahren tatsächlich gelesen, konnte die Filme im Kino aber nicht sehen. Film 1 und 2 habe ich mittlerweile auf Netflix nachgeholt, Film 3 kenne ich aber tatsächlich noch nicht. Ob ich da etwas verpasst habe, werde ich demnächst herausfinden. In dem Bluray-Set, das ich mir gegönnt habe, sind zu jedem der 3-Stunden-Filme aber tatsächlich 9 Stunden Extras enthalten! Normalerweise hat ja kein Mensch Zeit für sowas, aber diese Extras finde ich unheimlich spannend und nehme mir tatsächlich die Zeit dafür.

Man erfährt hier viele, viele Details vom Dreh. Es wird von den Schwierigkeiten erzählt, aber auch von den genialen Lösungen für knifflige Probleme. Manches, was man für den „Herrn der Ringe“ damals erfunden hatte, konnte man nun nicht mehr anwenden, da die Hobbit-Filme in 3D gezeigt wurden. Der Trick z.B., dass man Hobbit-Schauspieler einfach weiter von den Kamera wegsetzt und dann genau im richtigen Winkel filmt, klappt in einem 3D-Film einfach nicht mehr. Ian McKellen hat deswegen viel Zeit auf einer separaten und sehr reizarmen Green-Screen-Bühne verbracht, während die Zwergen-Schauspieler alle zusammen ihren Spaß hatten. Ansonsten hatten Bilbo und die Zwerge alle Scale Doubles. Deren einzige Qualifikation war die Körpergröße, von ehemaligen Polizisten bis zu Schülerin, die gerade die Highschool abgeschlossen hat, war wohl alles dabei. Sie wurden in Kostüme und Bärte gesteckt, haben das gleiche Training mitgemacht und wurden dann immer eingesetzt, wenn man den Hobbit oder die Zwerge zusammen mit vielen „großen“ Charakteren in einer Szenen sehen konnte, ohne dass die Gesichter genau zu erkennen sind. All diese Details sind sehr spannend, und fast möchte ich auch den ersten Film nun noch einmal schauen.

Derweil tummelt sich auch die Tochter in Mittelerde – sie zockt gerade auf eigene Faust das Lego-Spiel noch einmal durch, bei dem sie damals so gerne zugeschaut hat.

2 Gedanken zu „Rückkehr nach Mittelerde

  1. Hi Johannes!

    Ich habe die Bücher vor vielen Jahren gelesen, „Der Hobbit“, „Die zwei Türme“ und “ „Die Rückkehr des Königs“ nachdem ich den ersten HdR-Film gesehen hatte, aber bevor die beiden anderen rauskamen. Ich fand es erstaunlich, wie gut Peter Jackson die Atmosphäre der Bücher einfangen konnte. So wie in den Filmen sah das meiste auch vor meinem inneren Auge aus, als ich es las.
    Ich finde es sehr spannend, wie Du Deine Eindrücke dazu beschreibst. Die Filme hast Du jedoch wohl lange nicht mehr gesehen. 😉 Ich habe sie – auch während einer längeren Krankschreibung – letztes Jahr durchgeschaut.
    Du schreibst: „Da macht es auch Sinn, dass Sam Frodo mit „Master“ anredet. Wie man das passend übersetzen will, kann ich mir auf Anhieb nicht so richtig vorstellen.“
    Im Deutschen wird Frodo von Sam tatsächlich grundsätzlich mit „Herr Frodo“ angeredet, durchweg. Das kommt also gut raus in der Film-Synchro.

    Was die Gesänge betrifft: Alte Legenden wurden stets gesungen, damit man sie besser in Erinnerung behält und besser weitervermitteln kann, denn diese Traditionen gab es schon vor allen Schriftzeichen, also bevor Geschichten aufgeschrieben wurden. Denk zum Beispiel an die Ilias und die Odyssee, die in „Gesänge“ aufgeteilt sind: Sie wurden gesungen, nicht vorgelesen oder gesprochen. Das düfte dann auch der Hintergrund für die vielen Elbenlieder sein, obwohl die Elben über eine Schriftsprache verfügen: Die Legenden sind einfach sehr, sehr alt und werden traditionell weitergegeben. 🙂
    Die Hobbitfilme habe ich nur einmal im Kino gesehen. Ich fand, daß drei Filme für das kleine Buch doch etwas übertrieben sind. Klar, sie sind gut gemacht, und die Hintergrundinformationen sind sehr spannend, aber für DVDs in meinem Regal hat es dennoch nicht gereicht.

    LG und danke für den Blogeintrag!
    Kaineus.

  2. Ah, „Herr Frodo“. Ja, die Filme habe ich lange nicht gesehen. Wann hat man schon fast vier Stunden Zeit und sonst nichts zu tun. 🙂 Aber so lange dauert es ja nicht mehr, bis wir uns die mal zu dritt anschauen können.

    Ich habe mich auch gerade mal zu den Unterschieden der beiden Übersetzungen belesen. In der neuen Übersetzung heißt es wohl statt „Herr“ oft „Chef“, immer wenn Sam Frodo ohne dessen Vornamen anspricht. In der Überarbeitung der neuen Übersetzung hat man dann an einigen Stellen „Chef“ wieder durch „Master“ ersetzt. Naja, ich bin doch ganz froh, jetzt einfach mal das Original gelesen zu haben.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)