Roger Taylor: Fun On Earth

Fun On Earth„Fun on Earth“ ist das neueste Solowerk des Queen-Drummers Roger Taylor. Das Album erschien im November 2013, und noch nie habe ich mir ein Album schneller bestellt. Zwischen der Information, dass es eine neue CD von Roger Taylor gibt, und dem Klicken des Bestellen-Buttons auf Amazon lagen vielleicht anderthalb Minuten.

Roger Taylor

Roger Taylor war bzw. ist ein Mitglied der bekannten Band Queen. Was viele nicht wissen ist, dass er aber schon in den Achtzigern eigene Projekte verfolgt hat, sowohl mit der Band „The Cross“ als auch mit Solo-Werken. Nach dem Tod Freddie Mercurys erschienen mit „Happiness?“ und „Electric Fire“ die meiner Meinung nach besten Werke von Taylor. Beide CDs habe ich seit 15 Jahren im Schrank und höre sie regelmäßig, öfter als die eigentlichen Queen-Alben.

Stilistisch kann Taylor viel mehr als nur Schlagzeug zu spielen, auch wenn man natürlich immer wieder hört, dass das sein Instrument der Wahl ist. Er hat jedoch auch eine sehr gute Gesangsstimme, an seiner etwas rauchigen Stimme erkennt man ihn auch auf den Queen-Platten immer gut. Vor allem aber kann Roger Taylor tolle Texte schreiben: Bissig, unbequem, ironisch bis bitterböse-sarkastisch. Zu meinen Lieblingssongs zählen in dieser Hinsicht „Nazis 1994″, „Nation of Haircuts“, „Dear Mr. Murdoch“ oder auch „C-lebrity“ von der „Queen+Paul Rodgers“-Platte „The Cosmos Rocks“. Genauso kann er aber auch eher sanfte Balladen, etwa „Loneliness“, „Old Friends“ oder „Say It’s Not True“.

Das Album

„Fun On Earth“ enthält 13 Songs mit einer Gesamtspielzeit von 47 Minuten. Der Titel spielt natürlich auf Taylors erstes Solo-Werk „Fun In Space“ an. Die Songs im einzelnen:

  • One Night Stand – Ein guter Rock-Song, wo man schon hört, dass er von Roger Taylor stammt. Inhaltlich bin ich nicht sicher, was das aussagen soll.
  • Fight Club – eine langsame Ballade im Achtziger-Jahre-Stil, inhaltlich ebenfalls vage
  • Be With You – ebenfalls ein langsameres Lied, aber gefällig anzuhören; erinnert vom Stil her mit am meisten an die Vorgängerplatten
  • Quality Street – ein Highlight des Albums, lebt nur von der Stimme Taylors
  • I Don’t Care – schneller und inhaltlich endlich bissiger
  • Sunny Day – erneut ein Liebeslied, aber musikalisch und inhaltlich interessanter, man merkt hier viel deutlicher Roger Taylors Handschrift
  • Be My Gal – und noch mal, aber ein recht kurzes Lied
  • I Am The Drummer (In A Rock‘N Roll Band) – endlich wieder ein echt rockiger Song, der 100% zu Taylor passt, wunderbar selbst-ironisch
  • Small – ein sehr schöner, ruhiger Song, war schon auf „The Cosmos Rocks“ enthalten
  • Say It’s Not True – vielleicht die beste Ballade überhaupt aus der Feder von Taylor
  • The Unblinking Eye – toller Protest-Song, ruhig aber inhaltlich überzeugend
  • Up – mehr Beat, rockiger
  • Smile – zum Ende ein ruhiges Lied, aber sehr schön

Bewertung

Seit „Electric Fire“ sind 16 Jahre vergangen. Zwischendurch gab es zwei Touren und ein Album mit Paul Rodgers, das Queen-Musical und vor viereinhalb Jahren den einzeln veröffentlichten Song „The Unblinking Eye“. Nun also ein neues Album. Gerade „Electric Fire“ hängt die Messlatte sehr hoch, das Album wirkte damals frisch, ideenreich und aus einem Guss. Im Vergleich muss ich leider sagen, dass „Fun On Earth“ da eher den dritten Platz hinter „Happiness?“ belegt. Die Musik klingt gut, aber es fehlt etwas Pepp, es fehlen wirklich tolle Texte und es fehlt das Gefühl, ein durchdacht konstruiertes Album zu hören.

Drei der 13 Lieder kennt man schon von anderen Veröffentlichungen. Dass Taylor den von ihm geschriebenen Song „Small“ recycelt stört nicht wirklich. Es ist ja nicht gerade das Herzstück von „The Cosmos Rocks“ gewesen, und dort wurde es schließlich auch von Paul Rodgers gesungen. „Say It’s Not True“ habe ich nach der Single-Veröffentlichung 2007 und „The Cosmos Rocks“ 2008 nun schon in der dritten Variante. Wäre das nötig gewesen? Diese Version ist fast eine Minute länger als die vorherigen und Jeff Beck spielt Gitarre. Roger Taylor singt hier wieder alleine, wie auf der ursprünglichen Version von 2007. Ich mag auch die rockigere Album-Version, welche von May, Taylor und Rodgers zusammen gesungen wurde. Hier kommt das Lied dagegen wieder viel ruhiger rüber. Als Zugabe zu einem tollen Album schadet das sicher nicht. „The Unblinking Eye“ schließlich wurde bisher nur online als „Single“ veröffentlicht, so dass es zurecht auch auf diesem Album enthalten ist. Auf dem Cover steht dazu „abridged“, es ist auch fast anderthalb Minuten kürzer als die Single. Soweit ich das höre, sind aber nur einige längere instrumentale Teile rausgekürzt worden. Der Text ist der gleiche.

Die neuen Lieder reißen inhaltlich leider nicht gerade Bäume aus. Bei Liebesliedern wie „Be With You“ ist das kein Problem, und auch auf den bisherigen Platten Taylors gab es solche Songs. Aber sie waren dort von wirklich starken Songs eingerahmt. Hier sind für meinen Geschmack zu viele Liebeslieder vorhanden, die auch für sich nicht Top-Songs sind. Wirklich bissig sind nur „I Am The Drummer (In A Rock‘N Roll Band)“ und „The Unblinking Eye“. Eine neue Version von „C-lebrity“ hätte „Fun On Earth“ sehr aufgewertet, oder gerne auch ein neues Lied dieser Art. Musikalisch ist „Fun On Earth“ irgendwo zwischen „Happiness?“ und „Electric Fire“ angesiedelt. Es klingt weniger elektronisch, die Stimme Taylors steht wieder mehr im Vordergrund. Lieder wie „Be With You“ hätten auf beide Platten gut gepasst.

Nach einigem Nachdenken über das Album bin ich jedoch noch zu einer anderen Erkenntnis gelangt: Es ist nicht so, dass „Fun On Earth“ keine tollen Lieder enthalten würde. Das Problem ist, dass die besten Lieder die sind, die man schon von vorherigen Veröffentlichungen kennt, und dass diese obendrein gegen Ende des Albums versteckt werden. Vielleicht war der Gedanke, nicht mit diesen Liedern aufzumachen, damit das Album nicht nach Recycling von Bekanntem aussieht. Aber es ist nun mal so, dass „Say It Ain’t True“, „Small“ und „The Unblinking Eye“ die stärksten Lieder des Albums sind. Gerade letzteres wurde bisher nur als einzelner Song veröffentlicht und hätte für mich ganz an den Anfang dieses Albums gehört, meinetwegen als zweiten Song.

Ebenfalls sehr stark ist „I Am The Drummer (In A Rock‘n Roll Band)“, was an achter Stelle kommt. Es klingt ähnlich wie „One Night Stand“, ist aber inhaltlich so viel besser. DAMIT hätte man das Album eröffnen können und hätte dann eine ganz andere Erwartungshaltung gesetzt. Wenn man sich die Trackliste anschaut, stellt man dagegen leider fest, das die besten Songs allesamt in der zweiten Hälfte des Albums stehen. An diesem Punkt haben sich viele Hörer aber vielleicht schon eine Meinung gebildet. Vielleicht wäre es also einfach besser gewesen, Lieder wie „Fight Club“ oder „Be My Gal“ ans Ende oder auf Singles zu verbannen.

Trivia: Bei „Say It’s Not True“ spielt Taylors Sohn Rufus Taylor Schlagzeug. Bei „Be With You“ hört man ihn am Klavier.

Fazit

„Fun On Earth“ ist nicht das Album des Jahrzehnts, aber Fans von Roger Taylor sollten auf jeden Fall zugreifen. Das Album enthält viele schöne Lieder, auch wenn es von den Texten her nicht so bissig ist wie die Vorgänger. Dass die guten Lieder sehr ungleich ans Ende des Albums verteilt sind, ist Schade, sollte aber nicht vom Kauf abhalten.

Veröffentlicht unter Musik | Verschlagwortet mit

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)