TV-Serie: Leverage

Leverage„The rich and powerful take what they want. We steal it back for you. We provide… Leverage.“

Der Vorspann fasst das Konzept dieser US-Serie kurz und knapp zusammen: Ein Team von Kriminellen betätigt sich als moderne Robin Hoods im Kampf gegen organisiertes Verbrechen, korrupte Politiker und skrupellose Konzerne. Das Konzept ist nicht direkt neu, auf ähnliche Weise haben schon Serien wie „Mission Impossible“ und „F/X“ funktioniert. Trotzdem hat „Leverage“ einen gewissen Unterhaltungswert, vielleicht auch gerade deswegen. Mit Schadenfreude zuzuschauen, wie der Underdog den eigentlich unantastbaren Kriminellen aufs Kreuz legt, ist halt eine sehr bewährte Erzählstruktur.

Die Serie

Die Vorgeschichte: Nathan Ford hat jahrelang für eine große Versicherung Betrüger gejagt. Er kennt jeden Trick, jede Masche, und hat seinem Arbeitgeber Millionen gespart. Doch als dieser seinem Sohn eine lebenswichtige Operation verweigert, zerbricht daran Nates Ehe und fast auch er selbst. Eines Tages wird er aufgrund seiner Expertise von einem Unternehmer angeheuert: Ein Konkurrent hat ihm wichtige Pläne gestohlen, die er unbedingt zurückbraucht. Nate soll diese mit einem Team von Kriminellen stehlen: Hardison ist ein Hacker, Parker eine Meisterdiebin, Eliot ein Martial-Arts-Experte und Sophie die beste Trickbetrügerin, die Nate je getroffen hat. Einzeln sind sie gut, aber mit Nate als Mastermind sind sie spektakulär. Nach Erledigung des Auftrags beschließen die fünf, weiterhin zusammenzuarbeiten, und gründen Leverage Consulting & Associates. Ihr Ziel: Außerhalb von Polizei und Rechtssystem Menschen zu helfen und sich dafür von den Verbrechern bezahlen zu lassen („alternate stream of revenue“).

Von „Leverage“ wurden fünf Staffeln produziert, das Finale lief an Weihnachten 2012. Die Staffeln sind eher kurz, zwischen 13 und 18 Episoden. Die Geschichten sind jeweils in sich abgeschlossen und enthalten quasi keine wiederkehrenden Charaktere. Die ganze Serie ruht also auf den fünf Hauptdarstellern: Timothy Hutton, Gina Bellman, Christian Kane, Aldis Hodge und Beth Riesgraf. Die erste Staffel entstand in LA, die restlichen vier in Portland, Oregon. In der Serie müssen diese Orte als Boston herhalten.

Bewertung

„Sometimes, bad guys are the only good guys.“

„Leverage“ ist für mich ein bisschen wie eine Zeitreise: Die Erzählweise dieser Serie stammt auf direktem Wege aus den Achtzigern und erinnert frappierend an Serien wie das „A-Team“. Jede Episode ist in sich abgeschlossen, es gibt quasi keine übergreifenden Handlungsbögen. Alle Klischees der Achtziger sind ebenfalls vertreten: Die plötzlich auftauchenden Verwandten / Jugendfreunde, das konsequente Rücksetzen am Ende einer Episode (nichts hat je eine Auswirkung auf die nächste Episode), die regelmäßigen aber folgenlosen Liebschaften des „Schönlings“ (bei Star Trek waren das Kirk oder Riker, hier macht Eliot den Job), das anhaltende aber folgenlose Liebesgeknister zweier Hauptcharaktere. Nach Serien wie „Battlestar Galactica“ oder „Game of Thrones“ ist man es einfach gewohnt, dass eine durchgehende Handlung erzählt wird, dass Aktionen weitergehende Auswirkungen haben und dass sich Charaktere und deren Beziehungen auch mal ändern. All das fehlt hier nicht völlig, aber ist auf ein kaum sichtbares Niveau runtergefahren. Wenn etwa Nates Problem mit Alkohol oder seine Beziehung zu Sophie immer mal thematisiert werden, dann wirkt das weniger wie ein Handlungsbogen sondern viel mehr wie ein Autor, der in seinen eigenen Episoden eben ein paar vorhergehende Elemente wieder aufgreift. Die Serie unternimmt auch erst in Staffel drei den Versuch, eine sehr lose Rahmenhandlung aufzubauen.

Was nach Serien wie „Game of Thrones“ oder „Galactica“ auch sehr ungewohnt ist: „Leverage“ ist familientaugliche Unterhaltung fürs Vorabendprogramm. So viel sich da auch geprügelt oder herumgeballert wird, fließt kaum mal Blut, alle Charaktere kommen am Ende der Episode mit einem leichten Hinken oder einem Eisbeutel auf der Stirn aus der Sache raus und beim ersten Kuss wird weggeblendet. In „Leverage“ hat nichts Konsequenzen, niemand stirbt, niemand verliert dauerhaft ein Bein oder hat mit einer Wunde von vor drei Episode zu kämpfen. Diese ganze Abgeschlossenheit muss nicht per se schlecht sein, man kann das sicher charmant finden. Es führt auch dazu, dass man praktisch an jedem beliebigen Punkt in die Serie einsteigen kann. Für mich persönlich reduziert das leider die Glaubwürdigkeit der Serie. Insbesondere versucht ja jede zweite Episode uns zu vermitteln, dass die Truppe dieses Mal aber echt in Schwierigkeiten sei. Wenn wir aber schon 25 Mal gesehen haben, wie sie sich mit wer weiß wem anlegen und immer heil rauskommen, glaubt man das irgendwann nicht mehr. Das ist leider nicht die Art wie die reale Welt funktioniert. Es ist auch immer glasklar, wer die Guten und wer die Bösen sind. Moralische Mehrdeutigkeiten gibt es sehr selten.

Wenn man allerdings Interviews mit den Serienschöpfern John Rogers und Chris Downey liest oder sieht, merkt man schnell, dass der Stil der Serie kein Zufall, sondern Absicht ist. Die Autoren wollten eine Serie schaffen, in der es vor allem um Spaß geht und die sich von den oft sehr dunklen und blutigen aktuellen Serienhits abhebt. Das kann ich so durchaus respektieren, auch wenn ich in vielen Details mir doch eine intelligentere Vernetzung der Episoden wünschen würde. Produzent Dean Devlin nennt als Vorbild der Serie im übrigen auch explizit „Mission Impossible“.

Noch ein Detail, dass mich anfangs wahnsinnig gestört hat: Die Serie erklärt immer haarklein, wie der jeweilige Trick, die Rettung in letzter Sekunde funktioniert haben. Manchmal ist das ok, weil man es als Zuschauer einfach nicht gesehen hat und auch nicht drauf kommen kann. Oft wird das aber so holzhammermäßig erklärt, auch Dinge die wirklich offensichtlich waren, dass ich mich schon frage, für wie intelligent die Autoren ihre Zuschauer eigentlich halten.

Das Team von Leverage

Nun könnte man sich fragen, wieso ich „Leverage“ eigentlich schaue. Die Antwort ist ganz einfach: Die Serie macht trotz aller Kritikpunkte Spaß. Das liegt an dem erwähnten Fun Factor, den Robin-Hood-Geschichten zuzuschauen, und auch an einer gewissen Launigkeit der Autoren. Es liegt aber zu 75% an den Schauspielern. Alle fünf machen ihren Job toll und haben zusammen einfach eine stimmige Chemie. Christian Kane kenne ich bereits aus „Angel“, wo er als Bösewicht Lindsay immer mal auftrat. Gina Bellman kenne ich aus „Coupling“, sie ist auch der Hauptgrund, dass ich diese Serie überhaupt wahrgenommen habe. Von den anderen drei mag ich vor allem Beth Riesgraf, welche die etwas abgedrehte Parker einfach toll spielt. „Leverage“ war wohl auch ihre erste Hauptrolle. Unterm Strich macht dieses Ensemble die Serie sehenswert. Die altmodische Erzählweise der Geschichten ist auf Dauer etwas ermüdend, und ich bin schon froh, dass die Staffeln eher kurz sind. Es ist vielleicht auch nicht die Art Serie, wo man sich fünf Staffelboxen kauft und diese in zwei Wochen am Stück durchschaut.

Nebenbei bemerkt haben die Autoren offenbar ein Interesse an britischen Serien. So gibt es herrliche Anspielungen an die „IT Crowd“ und an „Doctor Who“ (Harlison verteilt z.B. als Decknamen Tom Baker und Sarah Jane Smith). Die wenigen (selten) wiederkehrenden Gastdarsteller kennt man auch aus anderen Genre-Serien, etwa Jeri Ryan, Mark A. Sheppard oder Wil Wheaton.

Ein Wort zur DVD: Ich habe selten zuvor eine so schlechte Veröffentlichung einer Serie gesehen. „Leverage“ ist ja keine obskure Serie aus den Siebzigern, wo man froh sein müsste, dass sie überhaupt auf den Markt kommt. Das ist eine aktuell erfolgreich laufende Serie mit bekannten Schauspielern. Die DVD enthält praktisch nur die Episoden, jeweils mit zwei deutschen und einer englischen Tonspur. Das Bonusmaterial ist extrem überschaubar und teils von zweifelhafter Qualität (Con-Mitschnitte in YouTube-Qualität). Vor allem aber gibt es keine Untertitel! Gerade bei Charakteren wie Harlison wäre das sehr praktisch, im O-Ton muss man oft ganz schön hinhören.

Fazit

Eine nette Robin-Hood-Krimi-Action-Serie im Erzählstil der Achtziger, modern inszeniert und mit tollen Schauspielern. Eher Popcorn-TV als packende Unterhaltung, aber was den Spaß beim Zuschauen betrifft enttäuscht die Serie nicht.

Veröffentlicht unter Serien

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)