Terry Pratchett: The Fifth Elephant

Cover The Fifth ElephantRezension zu „The Fifth Elephant“ von Terry Pratchett, 24. Scheibenwelt-Roman, Corgi Books London, 2000, 460 Seiten, Ersterscheinung: 1999 (UK)

Deutsche Ausgabe: „Der Fünfte Elefant“, 2002, Wilhelm Goldmann Verlag München

Inhalt

Wenige Wochen vor der Krönung des neuen Low Kings der Zwerge brodelt es in der sonst so ruhigen Zwergen-Community von Ankh-Morpork. Und kann es ein Zufall sein, dass ausgerechnet zu dieser Zeit die Nachbildung des legendären Scone of Stone aus einem Zwergenbrot-Museum gestohlen wird? Bevor Sam Vimes jedoch so richtig mit der Untersuchung beginnen kann, wird er vom Patrizier als Botschafter Ankh-Morporks nach Überwald geschickt, um der Krönung beizuwohnen. Derweil zieht es Angua und infolge auch Carrot ebenfalls nach Überwald, jenem größtenteils unbekannten und gefährlichen Land voller Zwerge, Trolle, Vampire und Werwölfe…

Hauptpersonen

  • Samuel Vimes – wird als Botschafter nach Überwald geschickt
  • Angua – kehrt aus familiären Gründen nach Hause zurück
  • Carrot Ironfoundersson und Gaspode – folgen Angua nach Überwald
  • Fred Colon – vertritt Captain Carott dabei, Sam Vimes zu vertreten
  • Corporal Cheery Littlebottom – tritt eine kulturelle Revolution los

In weiteren Rollen

  • Detritus
  • Inego Skimmer
  • Nobby Nobbs
  • Reg Shoe, Stronginthearm, Buggy Swires, Visit-The-Infidel-With-Explanatory-Pamphlets, Downspout und andere Wächter
  • Lady Sybil Ramkin
  • Lord Vetinari
  • Leonard von Quirm
  • Igor
  • Willikins
  • TOD

Schauplätze

Ankh-Morpork, Überwald

Bewertung

Zuerst eine kurze Anmerkung: Ich habe die meisten Scheibenwelt-Romane auf Deutsch gelesen, und Pyramids ist ja relativ losgelöst von den restlichen Scheibenwelt-Romanen. Anfangs war es gewöhnungsbedürftig, die Original-Namen den übersetzten Namen zuzuordnen. Insbesondere „Sam Vimes“ (im Deutschen „Sam Mumm“) ist in der Übersetzung ja doch sehr anders. Auf der einen Seite mag es Sinn machen, Namen mit einer konkreten Bedeutung (zu denen aber Vimes gerade nicht gehört) zu übersetzen. Auf der anderen Seite bin ich echt froh, das Buch auf Englisch gelesen zu haben, denn neben den Namen ziehen sich auch herrliche Dialekte durch das ganze Buch. Das Lispeln der Igors und das Deutsch/Russische der Überwalder kann man ja übersetzen, aber das klassische Britisch der Wache geht dabei sicher verloren.

Wo wir gerade beim Thema sind: Das Buch enthält auch wieder eine Reihe von Wortspielen, die einfach herrlich und gleichzeitig garantiert unübersetzbar sind. So krönen die Zwerge in Anlehnung an die Kelten einen „Low King“ (unterirdisch eben), und zwar auf einem „Scone of Stone“. „Scone“ heißt nun auch „Brötchen“, weswegen das im Deutschen wohl eine „Steinsemmel“ ist (sagt die Zusammenfassung bei Amazon), aber in erster Linie ist das eine Anspielung auf den echten Stone of Scone, auf dem die britischen Monarchen gekrönt werden. Ich bin jedenfalls alles in allem sicher, dass ich an der deutschen Übersetzung nicht halb so viel Spaß gehabt hätte, siehe auch Heiße Hüpfer.

Um es ansonsten kurz zu machen: Als ich schon gerade dachte, dass ich mit den Scheibenwelt-Romanen nicts mehr anfangen kann, hat mir dieses Buch wirklich gefallen. In bester Tradition ist es spannend, ohne auf die gewohnte Gag-Dichte zu verzichten. Die Charaktere sind glaubwürdig geschildert und Pratchett entwickelt seine Scheibenwelt ein wenig weiter.

Schon in anderen Romanen gab es den Fortschritt zu bewundern, denn die Scheibenwelt entwickelt sich von einem ursprünglich mittelalterlichen Gebilde rasant in Richtung 21. Jahrhundert. Hier werden nun erstmals die Clacks-Türme erwähnt, quasi Telegraphen-Masten, die in einem Folgeband eine wichtige Rolle spielen werden. Zudem bekommt die Wache Befugnisse als Verkehrspolizei in Ankh-Morpork, was die Bevölkerung nicht gerade wohlwollend zur Kenntnis nimmt.

Etwas übertrieben, aber doch noch im Rahmen des bekannten Charakters ist Fred Colons Beförderung und die damit einhergehenden Verwicklungen. Diese Episode ist einfach herrlich geschildert und komprimiert die übliche Karriere eines Vorgesetzten auf wenige Seiten und die Zeitdauer einiger Tage. Colon macht dabei alle Stadien mit, über Angst vor der Verantwortung, großem Tatendrang, anmaßendem Auftreten, Paranoia gegenüber seinen Untergebenen bis hin zum absoluten geistigen Verfall.

Das Herzstück des Romans ist jedoch Sam Vimes‘ Verwicklung in die internationale Politik. Schon früher haben wir ja gesehen, dass Vimes in erster Linie ein Cop ist und sich aus Politik nichts macht. Nun ist er gezwungen, diplomatisch aufzutreten, und soll doch unter diesen Bedingungen Verbrechen aufklären. Er bekommt es dabei mit engstirnigen Zwergen, arroganten Werwölfen und intriganten Vampiren zu tun. Er weiß zwar die Macht von Ankh-Morpork hinter sich, spielt jedoch zugleich auch mit Krieg und Frieden seiner Stadt. Pratchett kann dabei auf die etablierten Charaktere aufbauen, die man kennt und liebt und zu denen er nicht viel sagen muss. Gleichzeitig spielt er mit kulturellen Klischees und den Absurditäten der Diplomatie.

Das Ende fand ich übrigens speziell gelungen, gerade im Kontrast zum verschwurbelten Ende von „Heiße Hüpfer“. Es ergibt Sinn, passt zu den Charakteren und man sieht es im Detail auch nicht schon auf 100 Meter Entfernung kommen.

Fazit

Wie alle Romane um die Stadtwache von Ankh-Morpork spannend und unterhaltsam zugleich. Empfehlenswert, zumal wenn man die Charaktere schon kennt. Unbedingt auf Englisch lesen, es geht sonst wieder viel verloren.

Zitate

Elsewhere in Ankh-Morpork, the Fool’s Guld was on fire. This was a problem, because the Guild’s fire brigade consisted largely of clowns. And this was a problem because if you show a clown a bucket of water and a ladder he knows only one way to act. Years of training take over.
[S. 19]

Vimes lit a cigar. Carrot gave it a look of uncertain disapproval. „We do thank people for not smoking in here, sir, „he said. – „Why? You don’t know they‘re not going to,“ said Vimes.
[S. 40]

What would be the point of cyphering messages that very clever enemies couldn’t break? You‘d end up not knowing what they thought you thought they were thinking…
[S. 83]

A marriage is always made up of two people who are prepared to swear that only the other one snores.
[S. 122]

Vimes hated and despised the privileges of rank, but they had this to be said for them: at least they meant that you you could hate and despise them in comfort.
[S. 146]

Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Goldmann-Ausgabe.

Links

Dieses Buch im Annotated Pratchett File
Übersicht aller Scheibenwelt-Bücher

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