Bonny Portmore

Diesen Beitrag will ich untypischerweise mal einem einzelnen Lied widmen und den Erinnerungen, die für mich daran hängen. „Bonny Portmore“ ist ein irisches Traditional. Es stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde 1840 zum ersten Mal veröffentlicht.

Ich kenne dieses Lied aktuell etwa mein halbes Leben lang. Ich denke, so gegen 1996 habe ich es zum ersten Mal gehört, und zwar im Film „Highlander III“. Den hatte ich vom Fernsehen aufgenommen, und die Musik von Loreena McKennitt im Film hat mich sehr beeindruckt. Für sich genommen, aber speziell auch in Verbindung mit der Geschichte des Filmes. Es wurden an verschiedenen Stellen Songs aus McKennitts Alben „The Visit“ und „The Mask And Mirror“ gespielt, „Bonny Portmore“ kam zum Einsatz während Connor MacLeod in seine Heimat Schottland reist und an den Ufern des Loch Shiel für den Kampf gegen Kane trainiert. Das Lied überlagerte dabei lange Sequenzen mit Aufnahmen der wunderbaren Landschaft Schottlands:

Loreena Mckennitt – Bonnie Portmore[Highlander III The Sorce
Video: http://www.youtube.com/embed/5pQVuYbo-Q4

Jetzt kommt etwas, das sich aufzuschreiben lohnt, denn man wird sich später an diese Zeiten kaum noch erinnern können. 1996 gab es kein Google. Keine IMDB (naja, ok, gab es wohl schon, aber ich kannte es nicht). Es gab das Internet schon und auch das WWW, aber wir waren zu Hause nicht online. Meine Englisch-Kenntnisse waren bescheiden. Da wurde nun also ein wirklich tolles Lied gespielt, und ich hatte keine Ahnung, wie es hieß oder wer es sang. Damals gab es nur eine Möglichkeit das herauszukriegen: Ich habe mir den Film auf VHS aus der Stadtbibliothek ausgeliehen mit dem einzigen Ziel, zum Abspann vorzuspulen (genau!) und dort nachzuschauen. Der Videorekorder hatte eine Standbild-Taste, aber das Ergebnis war nicht zu vergleichen mit einem Screenshot von einer DVD. Unser alter Fernseher hatte schon kein allzu tolles Bild, und ein VHS-Standbild hatte zusätzlich die unangenehme Eigenschaft, immer ein wenig hin- und herzuwackeln. Im Falle des nach oben scrollenden Abspanns stand die Schrift also nicht 100% still, matschig wie sie eh schon war. Ich kniete also längere Zeit vor dem Fernseher und schrieb mir alle entzifferbaren Songnamen auf, und kam dann darauf, dass das Lied so oder so von Loreena McKennitt sein musste.

Der Rest lief ebenso offline ab: Ich weiß nicht mehr wo, aber ich muss wohl in einem Laden nachgefragt und dann die passende CD bestellt haben. Ich besaß damals noch kaum Musik, aber Loreena McKennitt hatte mich begeistert, und ich hatte schnell vier Alben von ihr im Regal stehen. Das ist übrigens sehr typisch für meinen Musik-Geschmack: 80% meines CD-Regals kann ich direkt auf eine Serie oder einen Film zurückführen, die ich mag. Queen kommt von „Highlander“, genau wie Loreena McKennitt, Jim Byrnes und The Who. Sarah McLachlan, Dido, David Gray, Jim White, Beth Hart und andere kommen aus „Roswell“ und „Alias“. Nur auf wenige Musiker bin ich unabhängig einfach mal so gestoßen.

Highlander-Abspann

Zurück zu „Bonny Portmore“. Das Lied fasziniert mich auch aufgrund des Inhaltes. Es ist eigentlich eine traurige Ballade, die davon erzählt, wie die Engländer einen großen, irischen Wald abholzen, um daraus ihre Navy aufzubauen (ok, so detailliert verrät es der Text nicht, wird bei Wikipedia und anderswo aber so interpretiert). Vielleicht liegt es an „Highlander III“, aber für mich strahlt „Bonny Portmore“ unabhängig vom Inhalt Ruhe und Friedlichkeit aus. Im Film wurden ja genau solche Szenen damit untermalt: Connor kommt nach Hause und findet seine innere Ruhe wieder. Öfters an das Lied gedacht habe ich in unserer Zeit in Wales, in der wir oft zum Geocachen in die Brecon Beacons fuhren. Gut, Wales ist nicht County Antrim, aber die Ausbeutung des Waldes lief dort sicher ähnlich ab, und heute besteht die Landschaft zu einem guten Teil aus kargen Hügeln. Das hat seinen ganz eigenen Charme, aber der Gedanke, dass das alles mal von Wald bedeckt gewesen sein könnte, ist dann schon merkwürdig. Irgendwann muss ich auch mal nach Antrim reisen, einfach mal so.

Bisher verband ich das Lied exklusiv mit Highlander: Nachdem es in „Highlander III“ eingesetzt wurde, war es in der vierten Staffel der Highlander-Serie ebenfalls zu hören, dort gesungen von Laura Creamer. Es wurde neben „Princes of the Universe“, dem Titelsong der Serie von Queen, schnell zu einer Art Hymne für Highlander und speziell gewissermaßen zum Schottland-Thema. Auch im vierten Film „Highlander: Endgame“ war es zu hören, allerdings wieder von einer anderen Sängerin gesungen. Es ist eines der wenigen Lieder, die ich ohne Wenn und Aber auswendig kann und gerne singe. Lange Zeit fand das nur unter der Dusche oder auf dem Fahrrad statt, seit letztem Jahr aber auch im Kinderzimmer.

Nach der Geburt von Helena ergab sich schnell die Notwendigkeit, ihr etwas vorzusingen zum Einschlafen. Die klassischen Schlaflieder hat man alle noch irgendwie im Ohr, aber ich kriege von kaum einem Lied mehr als drei Zeilen Text zusammen. Was auch gut so ist, denn die Texte sind oft selten dämlich, total veraltet oder beides. Anfangs habe ich das auch ehrlich gesagt mehr für mich gesungen als für Helena, zum Rumkriegen der Zeit und zur Aufmunterung, bis sie endlich eingeschlafen war, was sie als Baby relativ selbständig hingekriegt hat. Dazu könnte man nun auch viele Songs von Queen nehmen, aber „Bonny Portmore“ ist eben ein ruhiges Lied, das sich durchaus als Schlaflied eignet, und die Kleine musste ja dabei noch einschlafen können. Außerdem kann ich es wie gesagt auswendig wie kaum ein anderes Lied. Mittlerweile hört Helena genauer hin und sie liebt Musik, deswegen bemühe ich mich, ihr Sachen auf Deutsch vorzusingen. Da bleibe ich dann meistens beim Schlaflied von den Prinzen hängen. Aber wenn sie schon fast weg ist, singe ich immer noch gerne „Bonny Portmore“…

Ich finde es faszinierend, dass an einem einzigen Lied so viele verschiedene Erinnerungen hängen können: Mit dem Fahrrad unterwegs durch Greifswald, Basteln an meiner Highlander-Webseite im Studentenwohnheim in Leipzig, Geocachen in Wales und nun ich im dunklen Zimmer mit meiner winzigen, schlafenden Tochter auf der Schulter. 🙂

Veröffentlicht unter Musik

4 Gedanken zu „Bonny Portmore

  1. Echt Tolles Liedund Super Beitrag so seh ich das auch….
    Es gibt noch mehrere Varianten von Gregorian z. B. supi!

  2. Hallo sehr geehrter Verfasser des Beitrags zu Bonny Portmore,

    ich war erstaunt wie gut Sie eine wissenswerte Zusammenfassung über die Geschichte des Liedtextes verfasst haben – es hat mir Gänsehaut beschert. Enorme Leistung!!!

    Ich war schon immer von dieser Szene in Highlander III fasziniert und natürlich auch von dem Song der das ganze noch untermalt. Verbinde ebenfalls viele Erinnerungen mit Highlander und dem Soundtrack. Am Wochenende lief Highlander III im TV und ich musste danach nochmal die Geschichte hinter dem Song „Bonny Portmore“ erforschen und Ihr Bericht hat mir alles was ich wissen wollte vermittelt und noch viel mehr. Habe auf YouTube mir verschiedene Versionen angehört – eine sehr empfehlenswerte ist u.a. von: Whyzdom…

    Vielen lieben Dank für diesen informativen und toll verfassten Bericht!!!

    Sie finden mich auch auf Facebook unter dem Namen: Dolph Walkusz

    Beste Grüße

    Dolph

  3. Genau so kam ich auch zu Loreena McKennit. Nachspann angehalten und das zittrige Standbild des Videos entziffert.
    Hatte ganz schnell The Visit- The Mask and The Mirror-The Book of Secrets zu Hause.
    Ich versteh dich sooo gut.
    lg. Andrea

  4. Obwohl es ein ruhiges, eher trauriges Lied ist, bringt diese Interpretation doch auch durch die instrumentelle Unterlegung einiges an Kraft mit. Ich gebe zu, ich bin auch erst durch „Highlander III“ darauf gestoßen. Und das erst (jetzt wird es noch peinlicher…) gestern im TV. (10.02.2019)
    Und es hat mich schwer beeindruckt und dazu gehört eine Menge. Ich liebe Filmmusik allgemein sehr. Besonders stark zieht es mich zu Hans Zimmer. Seine Kompositionen sind einfach bewegend.
    Musik muss bei mir Emotionen auslösen, sonst ist sie nicht meine. Und dann ist aber auch der Stil vollkommen egal. Wenn ich Gänsehaut am ganzen Körper bekomme und sogar fast weinen muss, dann ist es MEINE Musik.
    Danke für die Geschichte dahinter.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)