Rezension zu „Alles Sense!“ von Terry Pratchett, 11. Scheibenwelt-Roman, Originaltitel: „Reaper Man“, Ersterscheinung: 1991 (UK)
Deutsche Ausgaben: „Alles Sense!“, 1994, Wilhelm Goldmann Verlag München, 286 Seiten; „Alles Sense!“, 2011, Manhattan Verlag
Inhalt
Die Revisoren sorgen für Ordnung im Kosmos, und ihnen missfällt es, wie sehr der Tod sich personifiziert hat. Also beschließen sie, dass jede Person auch sterblich sein muss, statten den Tod der Scheibenwelt mit einer Lebensuhr aus und schicken ihn in den Ruhestand. Das macht sich auf der Scheibenwelt umgehend bemerkbar, denn niemand kommt mehr, um die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits zu geleiten.
Der 130 Jahre alte Zauberer Windle Poons merkt dies, als nach seinem Tod einfach nichts passiert. Frustriert kehrt er in seine Leiche zurück und findet bald trotz der hartnäckigen Beeerdigungsversuche seiner Zauberer-Kollegen Gefallen an diesem Leben nach dem Tod. Bald müssen sich jedoch alle Zauberer gemeinsam einer großen Gefahr stellen, denn durch die sich anstauende Lebensenergie gehen merkwürdige Veränderungen in Ankh-Morpork vor sich…
Tod dagegen findet seinerseits Gefallen an der Existenz als Sterblicher. Als ‚Bill Tür‘ verdingt er sich auf dem Bauernhof von Frau Flinkwert und lernt viel über die menschliche Existenz. Doch seine Zeit verrinnt unerbittlich, und anderswo auf der Scheibenwelt formt sich schon ein neuer Tod, der als erstes den alten Tod ins Jenseits geleiten wird…
Hauptpersonen
- Windle Poons – der Zauberer muss sich mit dem Tot-sein arrangieren
- Tod – der Sensenmann wird pensioniert
- Frau Renata Flinkwert – nimmt mit Bill Tür einen merkwürdigen Saisonarbeiter auf
- Mustrum Ridcully – der Erzkanzler und seine Zauberer retten die Stadt
- Reg Schuh – der Untote gründet eine Selbsthilfegruppe für die Toten
In weiteren Rollen
- die Revisoren
- Binky, Tods Pferd
- Albert
- der Dekan, der Oberste Hirte, der Quästor, der Dozent für neue Runen und der Professor für unbestimmte Studien von der Unsichtbaren Universität
- der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität
- Modo, der Gärtner der Unsichtbaren Universität
- Feldwebel Colon von der Stadtwache
- Schleppl, der Schwarze Mann
- Frau Evadne Kuchen und ihre Tochter Ludmilla
- Lord Vetinari, der Patrizier
- der Rattentod
- Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin Schnapper
Schauplätze
Ankh-Morpork und die Unsichtbare Universität, Tods Haus und Garten, oktarines Grasland
Bewertung
Dies ist das zweite Buch, das sich hauptsächlich um den Tod dreht. Mit den Revisoren führt Pratchett eine neue Instanz ein, die in „Schweinsgalopp“ noch einmal für Ärger sorgen werden. Aus dieser Krise entsteht auch der Rattentod, der später ab und an auftaucht. Ansonsten sehen wir mit Albert, Binky, den Zauberern, dem Bibliothekar, Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin Schnapper und dem Patrizier so einige alte Bekannte wieder, die meisten von ihnen spielen jedoch nur kleine Nebenrollen bzw. haben Cameo-Auftritte. Das Buch dreht sich hauptsächlich um den Tod auf der einen Seite und um Windle Poons und den Rest der Zauberer auf der anderen Seite.
Die Geschichte um die Zauberer beginnt ganz vergnüglich mit Windle Poons fehlgeschlagenem Tod, aber irgendwie konnten mich dann die merkwürdigen Auswirkungen der freigesetzten Lebensenergien nicht mehr so begeistern. Immer besser und besser wird aber die Geschichte um ‚Bill Tür‘ und Frau Flinkwert, die anfangs nur einen kleinen Stellenwert im Buch einnimmt. So menschlich wie hier war der Tod wohl nie und wird es auch später nie mehr sein, und Frau Flinkwert entwickelt sich auch zu einem exzellent ausgearbeiteten Charakter. Am Ende steht hier ein wirklich rührender Abschluss der Geschichte…
Fazit
Ein guter Scheibenwelt-Roman, der nicht rundum zu überzeugen weiß, aber doch viele sehr gelungene Szenen und ein sehr schönes Ende enthält.
Zitate
Auf eine eher vage Weise waren sie sich bewusst, dass die Menschen die Ringe eins Baumes zählten, um das Alter festzustellen, und daraus zogen sie den Schluss: Aus diesem Grund werden Bäume gefällt. Die Zählenden Kiefern nahmen diese Erkenntnis zum Anlass, sofort den eigenen genetischen Code zu verändern, um in Augenhöhe und gut lesbar ihr exaktes Alter anzugeben. Innerhalb eines Jahres waren sie daraufhin fast ganz ausgestorben, was sie einer Hochkonjunktur in der Industrie für schmuckvolle Hausnummern-Schilder verdankten.
[S. 12]
In Ankh-Morpork gab es immer die Tradition, alle Fremden willkommen zu heißen, wobei Rassenzugehörigkeit, Hautfarbe und Gestalt keine Rolle spielten. Wichtig war nur, dass sie mit genug Geld kamen und die Stadt später wieder verließen.
[S. 46]
„Weißt du, wie man mit der Sense umgeht?“
Bill Tür zögerte und dachte nach. ICH GLAUBE, DIESE FRAGE KANN ICH MIT EINEM UNEINGESCHRÄNKTEN JA BEANTWORTEN, FRAU FLINKWERT, antwortete er.
[S. 64; Frau Flinkwert und 'Bill Tür']
Er sah sich um, kicherte und versuchte, das Hammelfleisch auf seinem Teller mit einem Löffel zu schneiden. Die anderen Zauberer hielten es derzeit nicht für ratsam, ihm ein Messer zu geben.
[S. 66]
„Damals, als mein Vater noch lebte… Wenn ein Steuerbeamter so dumm war, allein hierher zu kommen, banden wir ihm Gewichte an die Füße und warfen ihn in den Teich.“
DER TEICH IST DOCH NUR EINIGE WENIGE ZENTIMETER TIEF.
„Ja, aber das mussten die Burschen erst einmal herausfinden, und es machte eine Menge Spaß, ihnen dabei zuzusehen.“
[S. 149; Frau Flinkwert und 'Bill Tür']
Seit Jahrhunderten glaubt man, dass Molche im Brunnen ein Zeichen für gutes, frisches Wasser sind, aber während all dieser Jahre hat sich nie jemand gefragt, ob Molche an Land kriechen, um auf Toilette zu gehen.
[S. 191]
„Der Oberste Hirte ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Magier sein sollte“, sagte der Erzkanzler. „Hat einen so scharfen Verstand, dass er sich manchmal selbst dran schneidet.“
[S. 242]
Dies waren keine alten Berge, von Zeit und Wetter geglättet, um dem Rest der Welt sanft geneigte Skipisten darzubieten. Nein, es handelte sich um junge, verdrießliche Berge. Sie enthielten verborgene Schluchten und gnadenlose Spalten. Wer hier am falschen Ort jodelte, bekam kein Echo, sondern 50 Tonnen Schnee per Express geliefert.
[S. 279]
Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Goldmann-Ausgabe.
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