Neues Hobby: City Strides (Teil 2)

Fortsetzung zu Teil 1

Für wen ist City Strides geeignet?

Ob City Strides Spaß macht, hängt von verschiedenen Dingen ab. Der Guardian-Artikel, mit dem für mich alles anfing, erwähnte Menschen, die Millionen-Metropolen wie London oder Barcelona erlaufen. Wenn man das machen möchte, muss man sich entweder auf ein echtes Langzeit-Hobby einstellen oder eben damit leben, dass man nur sehr wenig Fortschritt macht und vielleicht nie über 30% kommen wird. Ich habe in dieser Hinsicht Glück. Bonn hat aktuell 2235 Straßen (hört auf zu bauen, verdammt! :-)) mit einer Länge von 1.157 Kilometern. Wobei meine bisher gelaufenen 272 Kilometer eine Summe sind, die ganz viele Dopplungen enthält. Wenn ich jemals auf 100% komme, werden das sicher wesentlich mehr als 1.157 Kilometer werden. Alles in allem also anspruchsvoll, aber machbar.

Anders herum kann man natürlich auch in sehr kleinen Orten leben. Die sind dann vermutlich gar nicht in City Strides verfügbar, und selbst wenn, hätte man den Ort vielleicht in drei Tagen erlaufen. Ich glaube tatsächlich, dass es in mittelgroßen Städten am meisten Spaß macht. Vielleicht auch an Orten, die flächenmäßig nicht so ausufern. Kilometer-weit langweilige Ausfallstraßen entlangzulaufen ist ja auch nicht unbedingt so prickelnd. Und wenn nicht jede einzelne Straße eine Steigung hat, hilft das sicher auch.

Fitness-mäßig stellt City Strides keine großen Anforderungen. Wenn spazierengehen geht, ist man dabei. Technisch sollte man sich noch minimal auskennen, aber dazu gleich mehr.

Ein kleiner Nachteil dieses Hobbys: Man kann es nicht gut mitnehmen. Wer oft an verschiedene Orte fährt, muss die dann entweder alle erlaufen, was anderes machen oder eben doch „einfach mal so“ und ohne Tracking rausgehen. Wobei ich mich auch schon dabei ertappt habe, dass man sich das Laufen angewöhnt. Ich bin auch schon rund ums Berliner Büro die Straßen abgelaufen, anstatt in der Pizzeria aufs Mittagessen zu warten, auch wenn ich den Teufel tun werde das zu tracken und dann am Ende alle Villen und alle Plattenbauten von Berlin ablaufen zu müssen. 🙂

Wer betreibt das ganze?

City Strides ist ein Projekt von James Chevalier. Der Amerikaner fragte sich 2013, ob es möglich wäre, durch alle Straßen seiner Heimatstadt zu joggen und das zu tracken. Im Zusammenspiel eines normalen Fitness-Trackers, der GPS-Routen aufzeichnet, mit den OpenStreetMap-Karten stellte sich heraus, dass das tatsächlich möglich war. Und dann hat James das netterweise nicht nur für sich programmiert, sondern für alle zur Verfügung gestellt.

Daraus resultiert natürlich auch, dass das ganze technisch nicht so perfekt aufgezogen ist, wie man es heute erwarten könnte. City Strides ist eben ganz altmodisch eine Webseite, keine App im App-Store. Man braucht zusätzlich einen externen Tracker für die GPS-Daten. Dessen Daten werden dann von City Strides importiert und dargestellt. Das geht nicht in Echtzeit; während man läuft, füllt sich also die Life Map nicht automatisch. Am Ende der „Aktivität“ speichert man diese in der Tracking-App ab, und einige Minuten bis Stunden später taucht diese dann in City Strides auf.

Es sind also neben einem selber zwei andere Parteien beteiligt, bei denen man einen Account braucht: Das Hobby-Projekt City Strides und die Fitness-Unternehmen, welche die Tracker bereitstellen. Bevor man sich anmeldet sollte man also kurz über den Punkt „Datenschutz“ nachdenken. Zum einen muss man den Programmierfähigkeiten des kleinen Projekts City Strides vertrauen. In dessen Datenbank steckt die Kombination aus Mailadressen und Bewegungsdaten, welches nicht abhanden kommen sollte.

Zum anderen muss man einer Firma wie Strava vertrauen, dass sie mit den durchaus sensiblen Daten (personalisiertes Bewegungsprofil) verantwortungsvoll umgeht. Und machen wir uns nichts vor, diese Firmen bieten einen kostenlosen Service nicht aus Nettigkeit an. Wie es so schön heißt: „Wenn du nichts bezahlst, bist du nicht der Kunde, dann bist du die Ware.“ Damit habe ich tatsächlich am meisten gehadert am Anfang, aber am Ende habe ich mich trotzdem dafür entschieden. Das muss letztlich jeder selbst entscheiden. Realistisch gesehen erfahren die Fitness-Tracker nichts, was Google oder Apple nicht eh schon wissen, und je nach installierten Apps auch Facebook und andere. Getrackt wird allerdings nur manuell, nicht automatisch immer im Hintergrund. Man muss sich aktiv dafür entscheiden, jetzt den Spaziergang zu tracken, und sollte den Tracker auch abschalten, ehe man danach in den Bus steigt.

Zur Auswahl stehen im Moment: Garmin, MapMyFitness, RunKeeper und Strava. Schaut euch gerne die Wikipedia-Seiten der Firmen an, dann kriegt man schon mal einen Eindruck, wem man seine Daten da anvertraut. Ich hätte eigentlich gerne Garmin genommen, da ich denen noch am meisten vertraut hätte. Garmin hat aber leider gar keine generische Fitness-Tracker-App im Angebot, sondern kann die Daten nur über bestimmte Garmin-Geräte importieren. Eine Smartwatch oder ein Fitness-Armband, glaube ich. Ich habe mich letztlich für MapMyFitness entschieden, welches zur US-Firma Under Armour gehört.

Man kann City Strides übrigens auch finanziell unterstützen. Ab 5 Dollar im Monat ist man dabei und kriegt ein paar nützliche Premium-Features. Unter anderem werden die Aktivitäten aus den Tracking-Apps schneller geladen, oft in wenigen Minuten. James Chevalier verbessert seinen Service tatsächlich beständig, löst technische Probleme und hilft im Forum mit Tips aus. Und Hosting ist ja auch nicht kostenlos. Verglichen mit dem großen Spaß, den mir dieses Hobby bringt, ist das für mich ein absolut angemessener Preis.

Verschiedene Tips

Mal ganz unsortiert ein paar Dinge, die zum Verständnis hilfreich sein können:

  • Das Konzept von „Städten“ in City Strides hat nichts mit dem bundesdeutschen Konzept von „innerorts“ zu tun. In City Strides wird einfach manuell (?!) rund um eine Stadt eine Grenze gezogen, und alles darin zählt. Wenn also gewisse Landstraßen zwischen zwei Ortsteilen juristisch nicht Teil des Ortes sind, ist das für City Strides egal. Wenn es einen Bürgersteig gibt, zählen sie mit. Das gleiche gilt für Waldwege. Wenn sie einen Namen haben und innerhalb der Ortsgrenzen liegen, zählen sie. Da sehe ich noch viele, viele Stunden im Kottenforst auf mich zukommen. Klickt in eurem Profil auf den Städtenamen um die Umrisse zu sehen.
  • Es zählen nur Wege, die in OpenStreetMap als zugänglich für Fußgänger gekennzeichnet sind. Autobahnen, die sich durch die Stadt ziehen, bleiben also aus gutem Grund weiß. Aber: OpenStreetMap ist ein Freiwilligen-Projekt, vergleichbar mit der Wikipedia, und insofern sind die Daten nicht immer korrekt. Im Zweifelsfall hilft der gesunde Menschenverstand weiter. Wer Spaß dran hat, kann Kennzeichnungen in OSM auch korrigieren, das hat aber tatsächlich technisch viele Nuancen und sollte gut durchdacht und ggf. mit der Community abgesprochen sein.
  • Technisch betrachtet erläuft man keine Straßen, sondern Nodes. Das sind die Knoten, welche nötig sind, um den Verlauf einer Straße auf der Karte einzuzeichnen. Im Extremfall sind das bei einer schnurgeraden Straße ohne Kreuzung nur zwei Nodes: Start und Ende. Aber da wir hier nicht im Amerika mit seinen Schachbrett-Straßenzügen sind, haben deutsche Straßen in der Regel ein paar mehr Nodes. Im Standardmodus muss man pro Straße 90% der Nodes geschafft haben (=ihnen bis auf x Meter nahe gekommen sein), dann gilt die Straße als geschafft. Das ist praktisch, wenn man z.B. eine Kilometer lange Straße abläuft, aber irgendwo einen 20-Meter-Abzweig verpasst, der zur Straße dazugehört. Wer mag kann City Strides aber auf den Hard Mode umschalten und muss dann ALLE Nodes ablaufen.
  • Die Stadt steht nicht still, es werden konstant weiter neue Straßen gebaut, aber vermutlich nur sehr selten mal welche aufgelöst. Selbst wenn man also mal 100% geschafft hat, ist das kein Erfolg für die Ewigkeit. Der „100″-Badge auf der Stadtseite bleibt aber wohl stehen, selbst wenn man später wieder auf 98% zurückfällt.
  • Welche Straßen aus OpenStreetMap importiert werden und welche nicht, ist nicht in Stein gemeißelt. Auch dadurch kann es immer mal wieder zu Änderungen an den Prozenten kommen. Zum einen ändern sich die Kennzeichnungen von Wegen in OpenStreetMap, zum anderen verbessert James Chevalier auch immer mal den Algorithmus. Irgendwann kamen z.B. auf einen Schlag Forststraßen dazu, was manche Leute zu größeren Ausflügen in den Wald zwang. Auch das geht alles nicht in Echtzeit, stattdessen werden die Städte ab und an und bei Bedarf neu importiert.
  • Wenn ihr länger nichts trackt (langer Urlaub, lange Krankheit), dann pausiert City Strides die Verbindung zum Tracking-Service. Ich habe mich eine Weile gewundert, wieso meine neuen Aktivitäten in City Strides nicht auftauchten, bevor ich herausfand, dass man die Verbindung in den Einstellungen wieder „entpausieren“ kann. Macht aus City Strides‘ Sicht aber Sinn: Wenn Leute das Hobby aufgeben, braucht City Strides ja nicht bis in alle Ewigkeit stündlich oder so beim Tracking-Service nachzufragen, ob es etwas zu importieren gibt.

So, ich hoffe diese kleine Einführung hat vielleicht dem ein oder anderen auch Lust darauf gemacht, seine Heimatstadt besser kennenzulernen. Schreibt gerne mal, wie viel eurer Stadt ihr kennt oder zu kennen glaubt. 🙂

Ein Gedanke zu „Neues Hobby: City Strides (Teil 2)

  1. Hi Johannes,

    was für eine Mammutaufgabe, die Du Dir gesetzt hast! Aber spannend. Dennoch werde ich lieber beim Geocaching bleiben. Auch damit lerne ich viele spannende Ecken der Stadt kennen und kann das Hobby auch zu anderen Orten tragen und dort ausleben. 😉 Außerdem erfahre ich womöglich auch was zu dem Stadtteil, in dem sich der Cache befindet oder lerne über Mysteries verschiedene Dinge.

    LG,
    Kaineus.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)