Roger Taylor: Outsider

Cover "Outsider"Im Oktober 2021 erschien nach acht langen Jahren ein neues Album von Roger Taylor: „Outsider“. Und mir hat keiner was gesagt, weswegen ich erst im März 2022 davon erfahren habe. 🙂

Das Album enthält 12 Songs bei einer Laufzeit von ca. 47 Minuten. Es ist ein Cover eines fremden Songs dabei und eine neue Version eines älteren Songs von Roger Taylor. Ansonsten war das für mich neue Musik, wobei einige der Lieder wohl in den letzten Jahren schon veröffentlicht wurden. „Aktuelle Singles von Roger Taylor herunterladen“ steht tatsächlich auf meiner TODO-Liste, und das schon länger. Ist doch aber auch einfacher, wenn der Künstler sie zu einem Album bündelt.

Das Album beginnt mit dem langsamen und ruhigen Song „Tides“. Mein erster Eindruck war hier tatsächlich: Das klingt total nach David Gray! Keyboard und Sphärenklänge statt lautem Schlagzeug. Auch inhaltlich könnte das melancholische Lied von David Gray stammen, und ich meine das nicht als Kritik. Es ist kein mitreißendes Lied, aber schön anzuhören und bringt einen gut in die Stimmung dieses ruhigeren Albums rein. Es würde sich auch perfekt als Titelmelodie einer Fernsehserie machen!

And all I‘m left with is the tide
That tells me all the things that live
Someday must die

Es folgt „I Know I Know I Know“, welches so ähnlich klingt, dass man den Übergang fast nicht bemerkt. Mehr Gitarre allerdings als bei „Tides“. Beide Songs leben letztlich von Roger Taylors markanter Stimme, die kein bisschen älter oder müder klingt als in den Achtzigern. „More Kicks“ ist dann zur Abwechslung ein Song, der vom Schlagzeug dominiert wird.

„Absolutely Anything“ stammt vom Soundtrack des gleichnamigen Filmes von 2015. Die SciFi-Komödie mit Simon Pegg und Kate Beckinsale wurde von Terry Jones geschrieben, der auch Regie führte. Jones starb Anfang 2020, deswegen ist dieses Lied im Booklet ihm gewidmet.

„Gangsters Are Running This World“ ist eines der stärksten Lieder des neuen Albums. Obwohl es doch eigentlich kein fröhliches Lied ist und man einen eher zornigen Gesang erwarten könnte, klingt es erst mal eher ruhig und fröhlich. Resigniert? Vielleicht. Gesanglich erinnert es an „The Unblining Eye“, die Instrumentierung bleibt eher im Hintergrund. Mir gefällt es! Der übernächste Song ist dann übrigens eine sehr rockige und Gitarren-lastige Version von „Gangsters Are Running This World“, die „Purple Version“. Das klingt nun tatsächlich deutlich nach Roger Taylor! Wenn man auf den Text schaut, sieht man auch, dass bis auf die Titelzeile die beiden Songs nichts gemein haben. Eigentlich spannend, wie Roger Taylor aus dieser einen Textzeile zwei so unterschiedliche Lieder gemacht hat.

Gangsters are running this world
You can shout but never be heard

„We‘re All Just Trying to Get by“ ist eigentlich kein weltbewegendes Lied, aber es klingt gut, hat ein paar schöne Textzeilen und wartet mit dem Gesang von K.T. Tunstall auf. Die beiden Stimmen passen gut zusammen und erinnert ein wenig an die Duette auf „Electric Fire“. Das Lied wurde als erste Single des Albums veröffentlicht.

Nach der „Purple Version“ folgt mit „Isolation“ wieder ein ruhigerer Song, Roger Taylors Kommentar zur Corona-Pandemie. Klingt gut und ist vom Text her fast schon optimistisch. Das Lied erinnert mich auch ganz stark an einen anderen Song (Roger Taylor? David Gray?), ich komme aber seit zwei Monaten nicht drauf, welches das sein könnte.

„The Clapping Song“ ist eine Cover-Version. Das Lied stammt von Lincoln Chase und wurde 1965 recht erfolgreich von Shirley Ellis gesungen. Kannte ich bisher nicht. Inhaltlich jetzt nicht weltbewegend, aber passt vom Gesang her gut aufs Album und ist gut anzuhören.

Nun folgt endlich der titelgebende Song „Outsider“. Ein ruhigeres Lied, das irgendwie in die aktuelle Zeit voller Krisen passt.

Kick the door wide open
Time you must decide
Walk right in and smoke‘em
My friend it’s time to win

Mit „Foreign Sand“ ist dann noch ein älteres Lied dabei, allerdings in der „English Version“. Roger Taylor hat „Foreign Sand“ für das 1994er Album „Happiness?“ zusammen mit dem japanischen Sänger Yoshiki geschrieben. Da er es hier nun alleine singt, enthält es keine japanischen Zeilen mehr. Klingt ansonsten aber genauso wie die alte Version. Ein ruhiges, schönes Lied und eines der besten, die Roger Taylor je gesungen hat! Die neue Version fügt dem Lied nicht wirklich etwas hinzu, aber es ist einfach schön anzuhören. Ich kann mir auch vorstellen, dass es Roger Taylor wichtig war, die Message des Liedes (Verständnis füreinander, Differenzen überwinden) gerade in der aktuellen Zeit noch mal ins Licht zu rücken. Seit 1994 ist ja immerhin viel Zeit vergangen und nicht jeder mag dieses alte Lied kennen. Es ist aber gerade in der durch Brexit und Corona tief-gespaltenen britischen Gesellschaft so aktuell wie damals.

Am Ende des Albums steht „Journey’s End“. Es klingt ein bisschen wie ein Abschiedssong. Roger Taylor ist 72 Jahre alt, man kann also nie wissen. Zusammen mit „Tides“ rahmt dieses Lied das Album jedenfalls gut ein, es lebt auch wieder von ruhigen Sphärenklängen.

Alles in allem ein gelungenes Album, finde ich. Im Vergleich zum Vorgänger-Album ist es ruhiger, dafür aber in sich geschlossen. Es ist kein Song darauf, der aufgrund der Lautstärke zu sehr ausbricht und einem das Hören im Hintergrund verleidet, wie das manchmal der Fall ist. Auch gestalterisch überzeugt das Album. Die Cover-Illustration stammt von Rogers älterer Tochter Tigerlilly, zwei Fotos im Booklet von seiner Frau und jüngeren Tochter. Bis auf das Duett mit K.T. Tunstall ist das ansonsten tatsächlich ein Solo-Werk: Roger Taylor hat alle Songs selbst geschrieben (bis auf die Cover-Version und das ältere „Foreign Sand“ natürlich) und alle Instrumente selbst gespielt. Und da diese Rezension nun schon eine Weile auf meiner Festplatte schlummert, kann ich auch sagen, dass ich „Outsider“ tatsächlich gerne immer mal zur Arbeit höre.

Veröffentlicht unter Musik

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)