Ahnenforschung: Zeitungen und Totenzettel

Anleitungen wie man beim Start in die Familiengeschichte vorgeht gibt es so einige im Internet. Ich habe in früheren Beiträgen ja auch schon betont, wie wichtig es ist, genau JETZT damit anzufangen Fotos zu beschriften und Erinnerungen von lebenden Verwandten aufzuschreiben. Das kann man nicht früh genug machen. Aber irgendwann kommt dann der Punkt, wo man auch mal in die eigentliche „Forschung“ einsteigt.

Ich habe mittlerweile relativ viel des vorliegenden Materials sortiert und in Gramps eingepflegt. Darunter befanden sich viele Abschriften aus Kirchenbüchern und Standesamts-Registern aus dem letzten Jahrhundert, so dass ich bei vielen Zweigen der Familie schon mit belegten Daten arbeiten konnte. Für lebende Verwandte habe ich aber auch ohne Dokumente die Geburtstage und andere Details eingetragen. Irgendwann stellt sich die Frage, wie man von vorliegenden Informationen aus weiter macht. Ganz schlecht ist jedenfalls der naive Ansatz, einfach blind nach den bekannten Nachnamen im Internet zu suchen. Nur wenige Nachnamen sind so selten, dass quasi alle Namensträger mit einem verwandt sind. Stattdessen sollte man sich bemühen, möglichst an den Primärquellen nach neuen Daten zu suchen. Primärquellen heißt: Ab 1874 (Preußen) bzw. 1876 die Standesämter, davor die Kirchenbücher. Hier habe ich auch gerade erst die ersten Erfahrungen gemacht, und man kommt natürlich ohne zumindest ungefähre Daten auch nicht weiter. „Ich suche Max Müller, geboren irgendwann nach 1900 irgendwo in Hamburg“ wird eher nicht erfolgreich sein. 🙂 In diesem Beitrag soll es deshalb um Möglichkeiten gehen, bekannte Daten durch weitere Quellen zu belegen oder zu konkretisieren.

Ich habe in den letzten Wochen z.B. entdeckt, dass viele historische Tageszeitungen digitalisiert sind und online eingesehen werden können. Das ist aus vielerlei Gründen eine tolle Sache. Zum einen kann man Daten, die vielleicht nur in einer handschriftlich ausgefüllten Ahnentafel aus den Dreißigern stehen, damit ggf. bestätigen. Zum anderen bekommt man manchmal auch nähere Details. Und nicht zuletzt ist es äußerst faszinierend, sich einfach querbeet durch einen alten Zeitungsjahrgang zu lesen.

Schritt 1 dafür ist natürlich, zu wissen, wie die Zeitung heißt. Dabei kann das Deutsche Zeitungsportal helfen, dass digitalisierte Zeitungen bis 1950 auflistet. Neuere Ausgaben schlummern gewöhnlich in den Archiven der Verlage und stehen fürs erste eher nicht kostenlos digital zur Verfügung. Hier kann man jedenfalls nach Orten suchen und findet so ggf. auch ältere Zeitungen, die es so heute nicht mehr gibt. In Greifswald z.B. gibt es heute die Ostsee-Zeitung und meine erste naive Suche nach einem Archiv dafür war nicht erfolgreich. Stattdessen gibt es aber 25 Jahrgänge der Greifswalder Zeitung in der Digitalen Bibliothek MV, von 1896 bis 1923, durch die man sehr einfach digital durchblättern kann.

Für die Familienforschung sind natürlich vor allem die Anzeigen interessant. Ich selbst habe bei bekannten Todesdaten recht zuverlässig Todesanzeigen gefunden. Hochzeits- oder Geburtsanzeigen stehen weniger in der Zeitung, da hatte ich bisher kein Glück. Nachschauen schadet aber auch nicht, wenn man das Datum kennt. Mit am spannendsten fand ich die Anzeige zum Tod des Bruders einer meiner Urgroßmütter. Bisher kannte ich nur das ungefähre Todesdatum, und da es 1915 war, wurde halt angenommen, dass er im Krieg gefallen ist. Stattdessen steht in der Anzeige:

Im Warthelager bei Posen, wohin er erst vor wenigen Tagen von der Front in Rußland zur Teilnahme an einem Ausbildungskursus für Offiziersaspiranten abkommandiert war, starb nach dreitägiger Krankheit an Lungenentzündung unser lieber, einziger Sohn…

Nicht immer stehen da natürlich so viele Details dabei, aber in diesem Fall war das sehr hilfreich. Nicht zuletzt klärt es die Frage, ob es 1915 noch weitere lebende Brüder gegeben hat.

Auf der Suche nach bestimmten Anzeigen oder Berichten zu einem untergegangenen Schiff habe ich auch hier und da mehrere Monate durchgeblättert. Es ist wirklich spannend, wie man ein Gefühl für die Epoche bekommt anhand der Zeitungen. 1910 sind noch viele Vermählungsanzeigen drin, Politik, Kultur etc. Eine ruhige und beschauliche Zeit, erscheint es mir. Während des Krieges besteht die Seite 1 eigentlich immer nur aus Nachrichten von der Front. Der Abgleich von dem, was groß gemeldet wird, und dem, was die Wikipedia zu den Ereignissen sagt, ist spannend! Da hat die deutsche Armee eigentlich fünf Jahre lang nur Erfolge zu verbuchen gehabt. Der Platz, den man für Todesanzeigen freigeräumt hat, spricht aber auch für sich. Spätestens 1918 geht es auch viel um Lebensmittel-Rationierung, und 1919 bekommt man ein gutes Gefühl für das allgemeine Chaos, das geherrscht haben muss. Davon abgesehen ist es erstaunlich, wie wenig sich das von einer heutigen Zeitung unterscheidet. Viele der Firmen, die Werbeanzeigen schalten, gibt es auch heute noch, und es gab auch damals schon Click-Bait (sieht nach einer persönlichen und dramatischen Annonce aus, ist aber eine Werbeanzeige)!

Eine andere Sache, die ich entdeckt habe, sind katholische Totenzettel. Meine eigene Verwandtschaft ist, soweit ich das sagen kann, komplett evangelisch. Aber auf der Seite meiner Frau dagegen dürften die meisten katholisch sein. Wikipedia sagt dazu: „Totenzettel sind einfache oder gefaltete Zettel mit den wichtigsten Lebensdaten eines Verstorbenen, die meist im Rahmen des Requiems an die Trauergäste verteilt werden. Der Brauch war im 19. Jahrhundert im gesamten katholischen Europa verbreitet und wird regional immer noch gepflegt.“ Und zu eben diesen Totenzetteln gibt es eben auch eine durchsuche Datenbank der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde.

Hier fanden sich auf Anhieb einige bekannte Namen, deren Totenzettel nun genaue Lebensdaten liefern. Auf neueren Totenzettel stand meistens nicht viel drauf, aber ich habe einen von 1943 gefunden, der einen längeren Text enthielt und alle möglichen Details lieferte: Anzahl der Kinder, Geburts-, Hochzeits- und Todesdatum, Anzahl der noch lebenden Geschwister etc. Das ist ein toller Fund, da man mit diesen Daten nun weiterforschen kann. Das Geburtsdatum ermöglicht es nun z.B., einen Eintrag zur Geburt zu finden und darüber die Eltern zu bestimmen. Über das Hochzeitsdatum könnte man die Trauurkunde anfragen und hätte auch dort vermutlich Angaben zu den Eltern enthalten. Wichtig ist auch, dass das alles weit genug zurückliegt, dass man an diese Akten ohne große Datenschutzbedenken herankommt. Wenn man mit einem gerade frisch verstorbenen Großvater anfängt, von dem man sonst nichts weiß, wird es schwieriger.

Natürlich muss man sich sowohl bei den Zeitungen als auch bei den Totenzetteln immer einen kritischen Blick bewahren und sich fragen, ob das auch wirklich ein Verwandter ist und wenn ja, ob es auch der ist, den man vermutet. In meiner Familie gab es z.B. immer wieder Fälle, wo der Sohn exakt so wie der Vater heißt! Aber gewöhnlich hat man ja zumindest ein paar Details, mindestens einen Ortsnamen. Es hilft natürlich auch, wenn der Gesuchte einen ausgefalleneren Namen hat, wie in meinem Fall „Servatius“.

Mit diesen beiden Quellen kam ich jedenfalls an einigen Stellen bei der Suche weiter und konnte an anderen Ecken des Stammbaums Details ergänzen. Ich habe in der letzten Zeit auch gemerkt, dass mir die Suche und Recherche tatsächlich mehr Spaß macht als das Einarbeiten der gefundenen Informationen. Oft habe ich mir eine konkrete Aufgabe vorgenommen, nur um dann doch wieder mehrere Stunden irgendwo zu recherchieren. 🙂

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)