Ahnenforschung: Telefon- und Adressbücher

In meiner Kindheit und Jugend gehörten Telefonbücher einfach zum Alltag. Später dann lächelte man nur noch müde, wenn ein Stapel im Hausflur lag. Wer braucht sowas? Ich selber stehe auch nicht drin. Aber für die Ahnenforschung sind sie unheimlich spannend. In meinem Fall habe ich die Greifswalder Verwandten bis vor 1900 schon ganz gut erfasst. Die digital vorliegenden Adressbücher bieten nun die spannende Gelegenheit, in groben Schritten nachzuvollziehen, was sich in deren Leben getan hat.

Mein Urgroßvater war z.B. Lehrer. Er hat eine angehende Lehrerin geheiratet, deren Vater wiederum auch Lehrer war. Für einen gewissen Zeitraum liegen die Adressbücher jährlich vor, und man kann nun sehr schön sehen, in welchem Jahr mein Urgroßvater aus Anklam nach Greifswald gekommen sein muss. Es sind zwei verschiedene Adressen gelistet, ehe er dann seine Frau geheiratet und in deren Elternhaus gezogen ist.

Ich wollte erst nur „Telefonbuch“ schreiben, aber genau genommen handelt es sich um ein „Adreß- und Geschäfts-Handbuch der Stadt Greifswald“. Telefonnummern stehen da nicht mal drin, es hatte vermutlich zu der Zeit auch kaum jemand ein privates Telefon, und wenn musste man die Nummer ja nicht wissen, da die Verbindung eh über die Vermittlung zustande kam. Diese Adressbücher können dabei aber viel mehr als unsere heutigen Telefonbücher. Natürlich gibt es die alphabetische Liste der Einwohner mit deren Adresse. Neu ist aber schon, dass hier meistens auch der Beruf oder sonstige Stand gelistet ist: „Lehrer“, „Mittelschullehrer“, „Rektor“ aber eben auch „Rentier“ oder „Witwe“. Darüber kann ich z.B. gut sehen, dass mein Ururgroßvater anfangs Hauptlehrer war, dann plötzlich stellvertretender Rektor seiner Schule und zwei Jahre später dann Rektor. Und der blieb er dann bis zur Rente.

Sehr spannend ist aber auch das umgekehrte Verzeichnis: Die Liste aller Gebäude mit deren Bewohnern. Auf diese Weise kann man z.B. sehen, dass an der zweiten Greifswalder Adresse meines Urgroßvaters noch ein anderer Lehrer wohnte. Man kann sich leicht vorstellen, wie hier zwei junge Kollegen eine WG gegründet haben. Auch sehr spannend: An beiden Adressen wohnte jemand mit dem Nachnamen meiner Urgroßmutter im Haus. Angeblich haben sie sich bei der Arbeit kennengelernt, aber es könnte natürlich genauso gut beim Besuch bei einer Großtante gewesen sein.

Nicht zuletzt listet das Adressbuch auch Institutionen und Behörden auf, zu denen auch die Schulen gehören. Hier steht das komplette Personal mit seinen Privatadressen unter der Adresse der Schule aufgeführt, teilweise auch mit Fächern und Sprechzeiten. Hier kann man auch eine gewisse Rangfolge ablesen: Offenbar war man als „Mittelschullehrer“ höhergestellt als ein normaler „Lehrer“. Auch diesen Aufstieg kann man anhand der Adressbücher gut nachvollziehen.

Alles in allem: Wie wunderbar, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, diese Bücher aufzuheben und einzuscannen! Hoffentlich hebt irgend jemand auch die Telefonbücher von heute für die Nachwelt auf!

2 Gedanken zu „Ahnenforschung: Telefon- und Adressbücher

  1. Boah, ich fragte mich gerade, was mit „Rentier“ gemeint sein könnte. „Rentner“ würde man vielleicht heute sagen (auch wenn es das nicht ganz trifft), oder, im Falle eines verbeamteten Lehrers „Pensionär“ (auch wenn ein Pensionär ein Bewohner eines Pensionats/Internats sein kann).

    Ja, Genealogie ist super spannend. Und wenn Deine Verwandten in der NS-Zeit Interesse für die Familie hatten und nicht bloß Pflichtbewußtsein haben walten lassen, dann darfst Du bestimmt auch darauf vertrauen, daß die Angaben stimmen.

    Schwierig wird es erst, wenn Dokumente in Archiven oder Kirchen abgebrannt sind. Bin gespannt, was Du sonst noch so zutage förderst und wie weit Du kommst. Wir sind damals väterlicherseits bis ins 17. Jahrhundert gekommen, allerdings leider nur die strikte Vaterlinie (mit Ehefrauen natürlich). Und mein deutscher Opa kam auch recht weit runter (müsste ich aber nachschauen, wie weit).

    Und ja: Frag Deine Verwandten, besonders auch noch Deine Eltern, aus! Und notiere es oder nimm es auf Band auf.

    LG,
    Kaineus.

  2. Ich bin bei einigen Zweigen jetzt schon bei den Ururgroßeltern, und das noch mit (einigen wenigen) Fotos und einer groben Ahnung, wer die Leute waren. Das ist schon cool. Auf anderen Seiten muss ich noch ganz von vorne anfangen, und ich hoffe, dass im Ahrtal durch die Flut nichts an Kirchenbüchern verloren gegangen ist. Das habe ich alles noch vor mir.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)