Star Trek: Discovery 1.06: Lethe

Review zur „Star Trek: Discovery“-Episode 1.06 „Lethe“
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SPOILER: Die Review geht ins Detail und verrät auch das Ende der Episode. Es können auch Spoiler für spätere Episoden der ersten Staffel enthalten sein.

LetheDie Episode beginnt mit Trainingsszenen: Burnham joggt mit Tilly, während Lorca und Tyler in einer Art Holodeck gegen Klingonen kämpfen. Das Holodeck ist streng genommen ein Anachronismus, denn bessere Schiffe wie die Enterprise hatten so etwas nicht. So wie es dargestellt wird, kann man aber annehmen, dass es nur für Kampfsimulationen gedacht ist und nicht zur Freizeitgestaltung, wie auf der Enterprise-D. Das kann ich gerade so durchgehen lassen.

Was nun kommt, ist irgendwie ein WTF-Moment: Lorca ernennt Tyler zu seinem Sicherheitschef. Das macht auf mich einfach einen mächtig merkwürdigen Eindruck, sowohl dass Lorca es probiert als auch, dass er damit durchkommt. Er kennt Tyler nicht, niemand an Bord kennt ihn. Landry mag tot sein, aber sie war ja nicht alleine in der Sicherheitsabteilung. Ok, nehmen wir mal an, dass Kowski, der vom Tardigrade gefressen wurde (intelligentes Wesen, wirklich?), ihr Stellvertreter war. Der Rest der Abteilung sind Neulinge. Wirkt auf mich trotzdem merkwürdig, ihnen einfach einen externen Chef vor die Nase zu setzen. Was verspricht sich Lorca davon? Glaubt er, dass er Tyler eher nach seinen Wünschen manipulieren kann? Vielleicht. Dass die Sternenflotte so etwas durchgehen lässt, ist jedenfalls relativ lächerlich. Nach sieben Monaten Gefangenschaft wären einige Wochen psychologische Betreuung und ein kompletter Checkup jedenfalls das Minimum, ehe man so einen Offizier wieder in die Nähe einer wichtigen Anlage lässt. Auch und gerade in Kriegszeiten.

Spoiler: Aus Sicht von Tyler/Voq wäre natürlich auch die Frage, was er sich davon verspricht. Er wollte also einfach irgendwo bei den Menschen unterkommen?! Dass die Discovery ihn retten würde, war ja vermutlich Teil des Plans, aber was die Sternenflotte dann daraus macht, konnte er ja nicht wissen. Mehrere Monate Rehabilitierung auf einem unbedeutenden Außenposten wären die realistische Annahme gewesen. Ein verantwortungsvoller Posten ausgerechnet auf der Discovery dagegen ist so unwahrscheinlich, dass das kaum Voqs Plan gewesen sein kann. Es ist auch komplett unrealistisch, dass an diesem Punkt rein physisch nicht auffällt, was er ist. Allein woher er solche detaillierten Kenntnisse über den echten Lieutenant Tyler hat, wäre ja schon mal die Frage. All das konnte der Zuschauer beim ersten Schauen der Episode natürlich nicht wissen. Sehr viel später wird erklärt, dass man die Psyche des echten Tylers auf Voq übertragen habe.

Sarek wird an Bord eines vulkanischen Shuttles schwer verletzt, als sich sein fanatischer Adjutant selbst in die Luft sprengt. Vulkanische Terroristen, die sich um die Reinheit der vulkanischen Lehre sorgen, hatten wir schon in ENT, trotzdem wirkt das immer noch etwas merkwürdig. Burnham spürt Sareks Verwundung durch das Band, das die beiden verbindet. Ich bezweifele nach wie vor, dass so etwas mit einem Menschen über mehrere Lichtjahre funktioniert, aber gut, es wurde ein paar Episoden vorher ja nun mal so etabliert. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo man sich über Dinge nicht mehr beschweren kann, weil sie, obwohl sie Unsinn sind, ja so in der Serie etabliert wurden.

Burnham erzählt hier mehr über ihre Vergangenheit: Nachdem sie adoptiert wurde, hatten vulkanische Extremisten ihre Schule auf Vulkan bombardiert und sie damit getötet. Sarek holte sie durch eine Gedankenverschmelzung ins Leben zurück. Dass der Bombenanschlag auf Vulkan stattgefunden hatte, hatte ich aus den kurzen Flashbacks bisher nicht verstanden. Nach wie vor ist mir nicht klar, wieso Sarek sie überhaupt adoptiert hat. Was hat der Anschlag auf den Wissenschaftsaußenposten der Föderation mit ihm zu tun?

Burnham überredet Captain Lorca, nach Sareks Shuttle zu suchen. Der Versuch, Spannung über Sareks Verwundung aufzubauen, ist natürlich witzlos für eine Prequel-Serie. Sarek lebt zur Zeit von TNG noch, was auch jeder Fan weiß. Das ist aber auch nur ein Vehikel, um uns ein Detail über Burnhams Vergangenheit zu enthüllen. Die Episode gibt uns nun eine typische Rettungsmission. Aus Technobabble-Gründen kann die Discovery die Position des Shuttles nicht selbst erreichen, also muss es ein Shuttle tun. Den Job kriegen die ehemalige Gefangene ohne Rang, eine unerfahrene Kadettin und der gerade erst aus Gefangenschaft befreite Tyler. Ja klar. Admiral Cornwell findet Lorcas Alleingang entsprechend auch nicht gut. Was ich bisher angesprochen habe, wird in dieser Szene zwischen den beiden wenigstens auch mal thematisiert, aber scheinbar lässt die Sternenflotte Lorca aktuell alles durchgehen und hat keine Zeit, sich mit normalen Prozeduren aufzuhalten. Immerhin wird es onscreen thematisiert, was da alles an merkwürdigen Dingen auf der Discovery passiert. Selbst Lorcas eindeutige Befehlsverweigerung wird wohl erst mal keine Konsequenzen haben.

Wir sehen hier übrigens einen vulkanischen Sternenflotten-Admiral. Im Fandom wurde allgemein angenommen, dass Spock der erste Vulkanier in der Sternenflotte war. Das steht so auch oft in offiziellen Biographien von Spock auf den Sender-Webseiten. Onscreen wurde das aber nie gesagt und bereits 1967 wurde erwähnt, dass die USS Intrepid komplett von Vulkaniern bemannt wurde, was ja auch deren Captain einschließt. Das ist also kein Anachronismus, sondern eher ein Aufräumen mit einer Urban Legend.

Burnham verbindet sich aus dem Shuttle heraus mit Sareks Geist. In Sareks Erinnerungen sieht sie immer wieder die Szene, wie Sarek sie darüber informiert, dass sie nicht in die Vulcan Expeditionary Group aufgenommen werden wird. Sie braucht zwei, drei Anläufe um zu kapieren, dass Sarek Schuldgefühle empfindet, da die Leiter des Programms ihn zwangen, sich zwischen Spock und Michael zu entscheiden. Sie würden nur einen der beiden aufnehmen, und Sarek entschied sich für Spock. Er konnte da nicht wissen, dass Spock wiederum diesen Weg ablehnen und seinerseits zur Sternenflotte gehen würde. Die Szenen in Sareks Gedanken sind jetzt beim zweiten Sehen nicht speziell spannend, aber beim ersten Schauen damals war das schon interessant.

Wir sehen übrigens auch, dass Cornwell und Lorca viel vertrauter sind als angenommen. Nach der Buran kommt er ihr jedoch wie ein anderer Mensch vor. Das gehört alles zum Setup von Spiegel-Lorca. Das ist wirklich gut gemacht. Man denkt beim ersten Schauen, dass es hier um Lorcas Weg zur dunklen Seite der Macht geht. Stattdessen ist er die ganze Zeit ein Sith gewesen. Ähm, sozusagen. Cornwell jedenfalls ist entschlossen, Lorca die Discovery wegzunehmen, da sie ihn und seine Entscheidungen nicht mehr wiedererkennt. Wie gesagt, das ist geschickt eingefädelt und gut umgesetzt.

Burnham, Tilly und Tyler

Die Discovery rettet derweil Sarek. Die Beziehung von Burnham und Sarek, aufgepfropft und grundlos wie sie ist, ist trotzdem nett dargestellt. Sonequa Martin-Green spielt hier auch schön den Widerspruch zwischen Burnhams menschlichen Emotionen und ihrer vulkanischen Erziehung. All das ist natürlich auch nur eine neue Variante von Spock, und insofern bleibt die Frage, was das soll. Als Remake der Classic-Serie hätte das alles besser funktioniert. Nun ja, die Rettungsmission war nur ein Vehikel und beansprucht zum Glück nicht allzu viel Zeit in der Episode. Das Ziel war es, dass Burnham etwas mehr über sich selber lernt und ihre menschlichen Emotionen annimmt. Das kommt halbwegs gut rüber.

Dass Admiral Cornwell nun Sareks Mission beim geheimen Treffen mit zwei abtrünnigen klingonischen Häusern übernimmt, kommt dagegen schon etwas platt herüber. Klar, Lorca nimmt diese Gelegenheit, den Admiral loszuwerden, dankend an. Aber wieso spricht Cornwell nicht vor ihrem Aufbruch mit der Admiralität? Dass Kom-Verbindungen zur Erde kein Problem sind, haben wir am Anfang der Episode ja gesehen, und sie wird ja wohl nicht zu so einer Mission aufbrechen, ohne beim Flottenkommando Bescheid zu sagen. Das wäre dann die Gelegenheit gewesen, ihre Zweifel über Lorca zu Protokoll zu geben. Nun ja… Am Ende der Episode wird Admiral Cornwell also wenig überraschend von den Klingonen gefangen genommen. General Kol verteilt offenbar die Tarnvorrichtung an alle loyalen Häuser. Lorca lehnt eine Rettung Cornwells ab. Plötzlich hält er sich ans Protokoll und wartet auf Befehle des Flottenkommandos.

Am Ende der Episode schließen Tyler und Burnham Freundschaft. „Michael Burnham.“ – „Ash Tyler. We‘ve met.“ Witzig, wenn man die weitere Entwicklung kennt.

Die Episode dient dem weiteren Aufbau von Burnhams Charakter. Ich habe mit ihr meine Schwierigkeiten, aber sie ist nun auf dem Weg, als positiver Hauptcharakter platziert zu werden. Ungeachtet dessen dass ihre Backstory dazu einfach nicht passt. Ich habe auch meine Probleme damit, diesen Charakter in Spocks Background zu platzieren. Wenn man das akzeptiert, dann ist es aber zumindest relativ gut umgesetzt. Auch der Sarek-Schauspieler macht seine Sache besser als so viele andere Vulkanier, die wir über die Jahre gesehen haben. Die Szenen zwischen Lorca und Cornwell waren sehr gut, und wenn man die Auflösung um Lorcas Charakter kennt, dann ist das einfach nett anzuschauen und gut vorbereitet. Dadurch, dass man beim ersten Schauen denkt, dass Lorca sich hat vom Krieg gegen die Klingonen einfangen lassen und nur sein Schiff nicht abgeben will, fällt das auch gar nicht auf. Alles in allem nicht die spannendste Episode der Serie, aber anschaubar und für den weiteren Verlauf wichtig. Die Serie wird nach dem wirklich schlechten Start also langsam besser und anschaubar.

Anmerkungen

  • In dieser Episode wird die USS Enterprise (NCC-1701) zum ersten Mal erwähnt.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)