Rezension zu „Sabriel“ von Garth Nix, Harper Collins London, 2003, ca. 367 Seiten, Ersterscheinung: 1995 (Australien)
Deutsche Ausgaben: „Sabriel“, Bastei-Lübbe Verlag, 2005, ca. 365 Seiten; „Sabriel“, Carlsen Verlag, 2004, ca. 383 Seiten, Hardcover
Inhalt
Ein massiver Wall trennt das Alte Königreich vom etwas moderneren Ancelstierre, bewacht von einer ganzen Garnison. Sabriel lebt nicht weit vom Wall entfernt auf der Ancelstierre-Seite, wo sie das Wyverley-College besucht. Doch die Achtzehnjährige ist kein Mädchen wie jedes andere, denn sie stammt aus dem Alten Königreich und ihr Vater ist Abhorsen. Abhorsens Aufgabe ist es, die Toten an einer Rückkehr ins Leben zu hindern. Doch eines Tages überbringt eine geisterhafte Kreatur Sabriel das Schwert und den Glockengürtel ihres Vaters, was nur bedeuten kann, dass Abhorsen von seinen Feinden überwältigt wurde. Obwohl Sabriel sehr wenig über das Königreich weiß und seit ihrer Kindheit nicht mehr dort war, bleibt ihr nichts anderes übrig, als den Wall zu überqueren und sich auf die Suche nach ihrem Vater zu machen…
Bewertung
Auf den ersten Blick ist „Sabriel“ Standard-Fantasy. Man nehme ein Königreich, füge Magie und einen Kartenausschnitt am Beginn des Buches hinzu sowie einen Superschurken, et voilá. Einige Elemente des Buches sind auch tatsächlich sehr klassisch, um nicht zu sagen einfach gehalten. Zwei Dinge heben das Buch dann aber doch über den Durchschnitt und machen es lesenswert: Garth Nix‘ guter Schreibstil und die Schilderung des Todes.
Fangen wir mit dem Tod an. Der Tod ist in „Sabriel“ eine Art andere Dimension, die sich als reißender, kalter Fluss darstellt. Der Fluss durchquert neun Ebenen, und was hinter dem neunten Tor wartet, weiß niemand. Aber solange die Seele eines Verstorbenen das neunte Tor nicht durchquert hat, kann sie wiederkommen und die Lebenden heimsuchen. Die Aufgabe Abhorsens ist es, diese Seelen wieder auf ihren Weg zu schicken, wozu er die Charter-Magie und verschiedene Glocken benutzt. In den Tod kann er sich geistig einklinken, was er auch Sabriel beigebracht hat.
Dieses Konzept war zumindest für mich neu und ungewöhnlich. Ich meine, der Tod als Fluss, das passt einfach. Auch die Verwendung von Glocken fällt auf sehr passende Weise aus dem Rahmen des Üblichen (man hätte ja eher erwartet, dass die Geister mit Schwert oder Zauberstab gefügig gemacht werden). Die weiteren Konzepte der Charter-Magie sind dagegen schon nicht mehr so ungewöhnlich, aber immer noch stimmig geschildert. Davon abgesehen kann Garth Nix einfach schreiben. Das Buch liest sich flüssig und spannend und die Charaktere sind eingängig geschildert.
Nicht so ganz schlau bin ich daraus geworden, wie das Alte Königreich mit Ancelstierre zusammenpasst, was man sich wohl als Australien der 50ger vorstellen kann. Wenn ich so eine typische Fantasykarte in einem Buch sehe, will ich automatisch wissen, was außerhalb des begrenzten Kartenausschnittes zu finden ist, und das hinterlässt immer einen etwas merkwürdigen Eindruck. Davon abgesehen ist aber der Zusammenprall von „moderner“ Technik und alter Magie interessant geschildert. Sagen wir mal, die Soldaten am Wall haben kein leichtes Leben, und es wird nicht leichter dadurch, dass ihre Vorgesetzten im Süden nicht an Magie glauben.
Was mir erst im nachhinein auffiel: Die ganze Geschichte könnte man 1:1 als Computerspiel adaptieren. Das Buch folgt einer klaren Formel, und ich kann mir das als Spiel wirklich lebhaft vorstellen. Aber es ist eben auch gut geschrieben, so dass eine nicht allzu tief gehende Story nicht stört. Und an vielen Stellen schreibt Garth Nix kreativ und realistisch und vermeidet naheliegende Klischees. Eigentlich gibt es nur eine Stelle in der Mitte des Buches, wo es mir etwas negativ auffiel, dass der Autor ein Zusammentreffen von Charakteren produziert, das einfach etwas viel des Zufalls ist. Aber das kann man verschmerzen.
„Sabriel“ ist im übrigen der Auftakt der „Old Kingdom“-Trilogie mit Zusatzband. Es kann aber absolut für sich stehen, und man ist am Ende nicht gezwungen, Band zwei zu lesen. Um einem die Entscheidung leichter zu machen, gibt es am Ende von „Sabriel“ das erste Kapitel des Folgebandes „Lirael“ zu lesen (in meiner Ausgabe zumindest).
Fazit
Ein gut geschriebenes Fantasybuch und die Einführung in eine interessante Welt. Nicht durchgängig originell oder speziell tiefgründig, aber mit einigen interessanten Konzepten und eingängigen Charakteren versehen. Vor allem aber liest es sich gut und spannend und ist nicht zu ausufernd.
Links
- Website des Autors
- Rezension der Folgebände „Lirael“ und „Abhorsen“