Pidgin und das Auto-Resizing

Manchmal, muss ich sagen, verstehe ich die Welt einfach nicht. Bzw. nicht die ganze Welt, sondern einzelne Leute und deren Entscheidungen. Letztens hatte ich dieses Unverständnis ja schon über das Redesign von WordPress ausgedrückt. Aber es gibt noch einen krassen Fall, zu dem ich mich mal kurz äußern möchte: Pidgin.

Ich nutze den Instant-Messaging-Client Pidgin schon seit Jahren, schon als er noch GAIM hieß, und finde immer noch, dass er der beste verfügbare IM-Client ist. Schlank, visuell ansprechend und ohne störenden Firlefanz. In der neuen Version 2.4 aber haben sich die Entwickler etwas geleistet, was kaum zu glauben ist: Die Eingabebox im Nachrichtenfenster kann nicht mehr manuell in der Größe verändert werden, stattdessen gibt es ein Auto-Resizing-Feature. Man beginnt mit einer Eingabebox von ein oder zwei Zeilen und wenn man mehr tippt, wächst die Box mit. Bis zu einem gewissen Limit, dann erscheinen Scrollbars. Und wenn man die Nachricht abschickt, schrumpft die Box wieder auf ihre Default-Größe (welche man nicht beeinflussen kann).

Das ganze ist vor allem deswegen so unglaublich, weil ich einfach komplett nicht verstehe, wie jemand dieses „Feature“ für eine tolle Idee halten kann. Bisher dachte ich eigentlich immer, statische, für den Benutzer nicht zu verändernde Fensterelemente wären schlecht, und wenn man das verbessern wollte, würde man sie eben für den Benutzer mit der Maus veränderbar machen. Bis zur Version 2.3 war das bei Pidgin ja schon der Normalfall. Wer einen kleinen Eingabebereich vorzieht, zieht ihn eben kleiner, wer das Fenster lieber 50:50 aufteilt, kann das machen und das Fenster merkt sich diesen Zustand natürlich. Voilá, alle sollten zufriedengestellt sein.

Wozu muss man dem Nutzer ein Feature wegnehmen und durch ein künstliches, komplexes und fehleranfälliges Gebilde ersetzen, dass den Nutzer verwirrt und ablenkt und ihm schlimmstenfalls die Arbeit erschwert? Ja, ich gehöre auch zu den Leuten, die ab und an größere Codestücke in den Messenger kopieren, das Fenster so groß wie möglich ziehen und dann das ein oder andere daran noch editieren. Das kommt halt schon mal vor, wenn man sich mit Kollegen austauscht. Aber nun haben die Pidgin-Entwickler ja entschieden, dass ich den Messenger damit nicht so benutze, wie sie es für richtig halten!

So richtig surreal wird es, wenn man sich dieses Ticket im Pidgin-Bugtracker anschaut. Ohne Ende melden sich da Leute und beschweren sich über diese nervige Neuerung, aber es interessiert die Entwickler nicht und sie scheuen sich auch nicht, das so zu sagen. Natürlich ist es letztlich deren Projekt und es steht jedem frei, sich den Code zu nehmen und einfach selber weiterzuentwickeln (was auch prompt jemand getan hat). Aber ich finde es einfach Schade, wenn ein tolles Programm durch die mutwillig zur Schau gestellte Ignoranz der Entwickler ruiniert wird. Das Stichwort „Gott-Komplex“ fiel in dem Zusammenhang. Einfach Schade sowas.

Viele Wochen später gibt es nun ein Plugin, welches das alte Verhalten wiederherstellt, auch wenn es wohl nicht standardmäßig mit dem Programm ausgeliefert wird und die meisten Nutzer deshalb nicht viel davon haben. Genauer kann ich es nicht sagen, denn ich habe beschlossen, dass es eigentlich nur schlimmer werden kann und werde also bei Pidgin 2.3 bleiben.

Immerhin habe ich im Zuge der ewig langen Debatte in diesem Ticket (und es gibt wohl keinen Weg, die Mails bei neuen Antworten abzubestellen!) noch den Link zur „Rule of Least Surprise“ gefunden. Das finde ich sehr clever formuliert. Vermutlich müsste ich mich in meiner eigenen entsprechenden Arbeit auch öfters dran erinnern. 😉

Update 02. Jul: Heute morgen hat Pidgin die Verbindung zu ICQ verweigert, weil sich wohl am ICQ-Protokoll intern was geändert hat. Die Pidgin-Entwickler haben glücklicherweise innerhalb weniger Stunden das Problem behoben und eine neue Version zur Verfügung gestellt. Das heißt, dass ich nun doch das zweifelhafte Vergnügen hatte, auf Pidgin 2.4 umsteigen zu müssen. An das Update schloss sich also erst mal eine längere Suche nach dem Plugin an, welches das Nachrichtenfenster wieder benutzbar macht (die Pidgin-Seite ist so halbwegs down, weil gerade die halbe Welt nach Infos zu dem Problem sucht, nehme ich an, aber zum Glück gibt es den Google-Cache). Letztlich fand ich dieses Ticket bzw. diese Entwicklerseite. Auf Windows-Systemen ist die DLL einfach ins Pluginverzeichnis zu kopieren, dann kann das Plugin in Pidgin aktiviert werden und alles ist wieder, wie es sein sollte. Bleibt zu hoffen, dass die Pidginentwickler es irgendwann mal hinkriegen, das Plugin irgendwo auf ihren Seiten zu verlinken oder gar zusammen mit Pidgin auszuliefern. Aber irgendwie würde ich nicht drauf wetten… :-/

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)