Terry Pratchett: Ruhig Blut!

Cover Ruhig Blut!Rezension zu „Ruhig Blut!“ von Terry Pratchett, 23. Scheibenwelt-Roman, Originaltitel: „Carpe Jugulum“, Ersterscheinung: 1998 (UK)

Deutsche Ausgaben: „Ruhig Blut!“, 2000, Wilhelm Goldmann Verlag München, 374 Seiten; „Ruhig Blut!“, 2005, Blanvalet Verlag

Inhalt

In Lancre rüstet sich alles für die Taufe des Kindes von Magrat Knoblauch und König Verence. Nanny Ogg und Magrats Nachfolgerin Agnes sind im Schloss erschienen, doch auf Oma Wetterwachs warten sie vergeblich. Deshalb organisiert der König als Ersatz den omnianischen Priester Hilbert Himmelwärts, der die Taufe durchführt.

Normalerweise hätte das schon Ärger genug bedeutet, doch diesmal gibt es größere Schwierigkeiten. König Verence nämlich hat, im Bestreben sich der neuen Weltordnung zum Ende des Jahrhunderts des Flughundes anzupassen, auch ausländische Gäste zur Hochzeit eingeladen, darunter auch die Familie des Grafen Elstyr aus dem nahen Überwald. Vielleicht wusste er nicht, dass Vampire nur dann einen anderen Ort aufsuchen, wenn man sie ausdrücklich einlädt…

Und dem Grafen gefällt es in Lancre sehr gut. Den König bringt er leicht unter seinen Bann und beschließt dann, seine Vorstellungen einer neuen Welt in Lancre umzusetzen. Denn der Graf hat seine Familie gegen alles, was einem traditionellen Vampir gefährlich werden kann, immun gemacht. Nanny, Magrat und Agnes haben nun die kaum zu lösende Aufgabe, Lancre von der Vampir-Herrschaft zu befreien. Und nebenbei müssen sie sich auch noch um die verschwundene Oma Wetterwachs kümmern.

Hauptpersonen

  • Esme „Oma“ Wetterwachs und Gytha „Nanny“ Ogg – die beiden Hexen bekommen es mit ihrem größten Gegner zu tun
  • Agnes Nitt – in Magrats Nachfolgerin steckt mehr, als man denkt
  • Magrat Knoblauch – sie ist Mutter und Königin, aber immer noch eine Hexe
  • Hilbert Gelobt-sind-jene-die-Om-verehren Himmelwärts – ein omnianischer Priester
  • Graf und Gräfin Elstyr, Vlad und Lacrimosa – eine gefährliche Vampyrsippe
  • Igor – ein Diener der alten Schule

In weiteren Rollen

  • Esmerelda Margaret Auf Die Richtige Schreibweise Achten von Lancre
  • Tod
  • Rattentod
  • Binky, Tods Pferd
  • Shawn, Jason und weitere 77 Oggs
  • Nannys Kater Greebo
  • König Verence II. von Lancre
  • der Zwerg Casanunda
  • der Wir-sind-die-Größten-Stamm von Kobolden
  • der Prophet Brutha und sein Gott Om
  • der Falkner Festgreifaah

Schauplätze

Blödes Kaff, Lancre, Überwald

Bewertung

Erneut ein Roman aus dem kleinen Königreich Lancre inmitten der Spitzhornberge. Oma Wetterwachs, Nanny Ogg und Magrat sind dem Leser schon aus früheren Hexen-Büchern Pratchetts bekannt. Agnes Nitt mit ihrer inneren Stimme Perdita stieß in „Mummenschanz“ zu ihnen.

Das Buch spielt fast ausschließlich in Lancre und dem benachbarten Überwald. Zur Abwechslung also mal kein Reise-Roman. Der Originaltitel „Carpe Jugulum“ ist eine Variante des bekannten Carpe Diem und bedeutet „Nutze das Blut“.

Wie der Zusammenfassung zu entnehmen ist, geht es diesmal um eine feindliche Invasion Lancres. Und der Gegner, die Vampirfamilie Elstyr, ist so stark, dass die vier Hexen kaum eine Chance gegen sie haben. Der Graf hat seine Familie von den alten Schwächen befreit, sie essen nun ungerührt Knoblauch und umgeben sich mit Weihwasser, religiösen Symbolen und sauberen Fenstern. Ein hartes Stück Arbeit also für unsere Heldinnen, und so ist dieser Scheibenwelt-Roman auch ein wenig düsterer geraten als andere Pratchett-Bücher. Trotzdem hat der Autor sehr gut die Waage gehalten, das ganze hat sich nur ein wenig verlagert.

Trotz allen Ernstes steckt natürlich auch viel Humor in dem Buch, wenn auch diesmal eher schwer zitierbarer. Aber was an oberflächlichen Slapstick-Einlagen nicht vorhanden ist, das kommt als Running Gags und auch als Spannung. Ja, das Buch ist definitiv spannend, und die Handlung lässt einen regelrecht mitfiebern, wie denn nun die Vampire aus Lancre vertrieben werden. Zudem steckt eine Menge an Charakterarbeit in dem Roman. Nanny Ogg und insbesondere Oma Wetterwachs bekommen mehr Tiefe und einige neue Seiten ihres Charakters. Auch Magrat Knoblauch hat sich verändert, ihre Rolle als junge Hexe übernimmt nun eher Agnes Nitt, die sehr erfrischend geschildert ist.

Und dann hätten wir da noch den Omnianer Hilbert Himmelwärts. Er tritt in den Vordergrund, da er ebenfalls gegen den Einfluss der Vampire immun ist. Mit ihm nimmt Pratchett auf seinen exzellenten Roman „Einfach göttlich“ Bezug, öfters wird der Prophet Brutha erwähnt und natürlich auch der große Gott Om. Natürlich treffen wir auch jede Menge alte Bekannte aus früheren Hexen- und anderen Romanen wieder. Neben den Hauptrollen der Hexen gibt es Auftritte von TOD, Binky, Nannys Kater Greebo und von Casanunda. Selbst der Rattentod aus „Alles Sense!“ und „Rollende Steine“ hat einen Cameo-Auftritt.

Ob Pratchett mit der Invasions-Story auf etwas bestimmtes anspielt, irgendein historisches Ereignis vielleicht, ist mir bis jetzt nicht ganz klar. Auf jeden Fall verarbeitet er in diesem Buch so ziemlich alle Klischees und Sagen über Vampire, die es gibt. Und über die sozialen Experimente der Elstyrs und den Charakter von Oma Wetterwachs transportiert Pratchett auch wieder etwas Tiefgründigkeit. Die Message kommt teilweise etwas holzhammermäßig rüber, aber da sie nicht im Vordergrund steht, macht das eigentlich nichts aus.

Fazit

Alles in allem also ein absolut gelungenes Buch. Weniger oberflächlicher Witz, dafür Spannung und liebenswerte Charaktere. Das Ende ist ein wenig wirr (oder war ich nur zu müde?), aber mir hat „Carpe Jugulum“ trotzdem sehr gefallen.

Zitate

Sie bezogen Aufstellung, blickten ins Tal, schwangen die Waffen und stießen einen Schlachtruf aus. Alles wäre viel eindrucksvoller gewesen, wenn sie sich zuvor auf einen gemeinsamen geeinigt hätten.
[S. 6]

Es gibt Dutzende von Möglichkeiten, Vampire zu erledigen, ganz abgesehen von einem Pflock durchs Herz, was auch bei normalen Leuten funktioniert – übriggebliebene Pflöcke werden also nicht vergeudet.
[S. 8]

„So feucht hinter den Ohren kann man normalerweise nur nach mehreren Stunden im Regen sein.“
[S. 133, Nanny Ogg]

„Man kann keine wütende Menge organisieren“, gab Agnes zu bedenken. „Eine wütende Menge findet sich spontan ein.“
Es leuchtete in Nanny Oggs Augen.
„Hier leben neunundsiebzig Oggs“, sagte sie. „Das ist Spontanietät genug.“
[S. 185, Text]

„Sie soll im Blut von bis zu zweihundert Jungfrauen gebadet haben“, sagte Vlad. „Ich glaube nicht daran. Wenn man mehr als achtzig Jungfrauen benutzt, läuft selbst eine sehr große Badewanne über. Das weiß ich von Lacrimosa.“
[S. 194, Vlad]

Es war sogar verdrießlich klingender Donner zu vernehmen; nicht die kontaktfreudige Art, die über den ganzen Himmel kracht, sondern eine mürrische Variante, die am Horizont herumhängt und dort mit anderen Gewittern schwatzt.
[S. 272]

„Du hast… Teile von Menschen auf Eis gelegt?“ brachte Nanny entsetzt hervor. „Fremde Leute? Zerhackt? Ich gehe keinen Schritt weiter!“
Daraufhin wirkte Igor entsetzt. „Keine fremden Leute“, sagte er. „Familienangehörige.“
[S. 283]

Die alten Stammesoberhäupter von Lancre wollten mit ihren Waffen begraben werden, damit sie im Jenseits gegen ihre Feinde kämpfen konnten. Und da es im alten Lancre notwendig gewesen war, ziemlich viele Feinde ins Jenseits zu schicken, um zu einem Stammesoberhaupt zu werden, wünschten sie sich Waffen, auf die man sich verlassen konnte.
[S. 290]

Igor hatte zwei Daumen an der linken Hand. Er vertrat den Standpunkt: Wenn sich etwas bewährt, sollte man ruhig ein zweites Exemplar hinzufügen.
[S. 322]

„Quiek?“ fragte der Rattengeist in mitleiderweckendem Tonfall.
QUIEK, erwiderte der Rattentod. Mehr gab es eigentlich nicht zu sagen.
[S. 350]

BEI FUSS! BEI FUSS, SAGE ICH! HÖRST DU ENDLICH DAMIT AUF… LASS LOS! LASS SOFORT LOS; ALSO GUT … ÄH … FASS? FASS? NA BITTE …
[S. 372, Tod]

Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Goldmann-Ausgabe.

Links

Dieses Buch im Annotated Pratchett File
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