Filmkritik: Star Trek – Nemesis

Star Trek: NemesisReview zum Film „Star Trek: Nemesis“, USA, 2002

Regie: Stuart Baird, Schauspieler: Patrick Stewart (Jean-Luc Picard), Brent Spiner (Data / B4), Tom Hardy (Shinzon), Ron Perlman (Remanischer Viceroy), Dina Meyer (Commander Donatra)

Inhalt

Auf Romulus werden der imperiale Senat und der Prätor ermordet und ein gewisser Shinzon schwingt sich zum neuen Prätor auf. Die Föderation schickt die Enterprise zu Verhandlungen ins romulanische Reich, um mehr über Shinzon und die aktuelle Lage zu erfahren. Doch dort angekommen entpuppt sich Shinzon als Klon von Captain Picard, vor Jahren vom romulanischen Geheimdienst „angefertigt“ und später in die Minen von Remus verbannt. Während Picard die wahren Motive Shinzons erforscht, ist Commander Data mit einem frühen Androiden seines Schöpfers Dr. Soong beschäftigt, welchen die Enterprise bei einer Außenmission gefunden hatte…

Bewertung

Die folgende Review habe ich 2003 kurz nach dem Kinobesuch aufgeschrieben. Siehe weiter unten zu meiner aktuellen Meinung. Achtung: Die folgende Review enthält Spoiler für das Ende des Filmes!

Insgesamt war ich positiv überrascht. Nach all den vernichtenden Kritiken, den schlechten Einspielergebnissen und mit „Insurrection“ im Hinterkopf hatte ich schon Schlimmes befürchtet, aber Nemesis hat sich als guter Film entpuppt. Ich finde, er muss sich hinter „First Contact“ nicht verstecken, außer was die Spannung betrifft. Nachdem ich nun einige Stunden drüber nachgedacht habe, ist mir schon bewusst geworden, dass der Film nicht so schrecklich spannend war. Obwohl mich hier einfach die Tatsache, einen neuen Star-Trek-Film gesehen zu haben, schon gefesselt hat! Ich meine, als „Insurrection“ ins Kino kam, bin ich noch zur Schule gegangen…

Also spannender hätte er echt sein können, in vielen Teilen, vor allem am Ende, war er leider auch stark geschnitten. Es hieß ja schon im Vorfeld, dass der Film noch einmal auf mehr Action und Tempo hin geschnitten würde, und das haben sie definitiv übertrieben. Ich denke, zwei Stunden hätte er schon lang sein dürfen. Naja, da gibt es hoffentlich auch eine längere DVD-Fassung! (Leider nein: Die Szenen sind auf der DVD enthalten, aber nicht wieder in den Film eingefügt worden.)

Picard und ShinzonWas mir aber sehr positiv aufgefallen ist, ist die ganze Atmosphäre des Films! Man hat so ein vertrautes Gefühl, das ich einfach schön fand. Es hat etwas von der typischen TNG-Atmosphäre. Erfreulicherweise hat man diesmal auch nicht wieder alles Bekannte über den Haufen geschmissen: Die Uniformen sind noch so wie im letzten Film, die Kommunikatoren, die Enterprise selber, sogar das Licht hat man dort endlich mal angeknipst (verglichen mit „First Contact“…). Die Enterprise wirkte hier auch wesentlich vertrauter als in den vorhergehenden Filmen, wo sie mir noch sehr fremd vorkam.

Sehr schön auch die Kleinigkeiten für die Fans: Guinan, Spot (Wie alt werden Katzen im 24. Jahrhundert? *g*), Janeway und (für’s Kino leider geschnitten) auch Wesley Crusher. Solche Details haben „First Contact“ sehr schön abgerundet und auch in „Generations“ für einige der besseren Momente gesorgt, in „Insurrection“ habe ich sie dagegen größtenteils vermisst. Auch der Humor kam nicht zu kurz, ohne aufgesetzt zu wirken. Ich sage nur „Mr. Troi“. *bg*

Wird dieser Film der letzte der TNG-Crew sein? Es würde mich ehrlich gesagt nicht wundern. Ich hatte schon ein bisschen das Gefühl, das man mit diesen Charakteren nicht viel Neues mehr erzählen kann, Crusher, Worf und Geordi hatten eh nur Statistenrollen. Und nun trennen sich endlich die Wege der Crew. Das wäre schon viel früher fällig gewesen, niemand glaubt doch, dass so eine Crew jahrzehntelang zusammen bleibt, ohne Beförderung, ohne Versetzung. Wer weiß also, vielleicht bietet diese Zerstreuung gerade den Ansatz, doch noch eine neue Geschichte mit den bekannten Charakteren zu erzählen, ohne sich zu wiederholen. Zumindest denke ich, werden wir die USS Titan wohl wiedersehen. Trotzdem hatte ich schon ein etwas merkwürdiges, nostalgisches Gefühl, als dann der Abspann kam…

Ok, was fällt mir noch so ein?! Eine ganze Menge, fürchte ich. :-))

Shinzon, der war definitiv gut besetzt. Tom Hardy hat ihn hervorragend gespielt, und das Drehbuch hat dem guten Shinzon sogar etwas Tiefe verliehen, vielleicht mehr als Khan und die Borg-Queen zusammen hatten. Was die Haare betrifft: Warum Shinzon keine hat, darüber kann man spekulieren, aber das Photo von Picard als Kadett wollte uns ja offenbar weiß machen, dass Picard schon mit einer Glatze zur Welt gekommen ist, und das ist absoluter Blödsinn. Wir haben ihn in „Tapestry“ am Ende seiner Akademiezeit gesehen, da hatte er ganz normalen Haarwuchs. Und in „Violations“ hatten wir einen Flashback zur Zeit von Jack Crushers Tod (ca. 10 Jahre vor TNG), und da hatte Picard auch noch deutlich Haare. Ok, es war ein ziemlich dämliches Toupet, aber es sollten Haare sein. 🙂

Wirklich lächerlich fand ich übrigens dieses Wüstenauto! Wenn man über 300 Jahre lang das Geheimnis der Antigravitation kennt, warum sollte man dann ein Auto bauen? Mit Rädern? Da hätte ich schon einen schnittigen Gleiter erwartet. Aber was wetten wir, dass „Enterprise“ demnächst ein wirklich schickes Wüstenauto einführen wird…?! *eg* Davon mal abgesehen ist es auch nicht die feine englische Art, einfach auf die Einheimischen zu ballern. Dass der Trip durch die Wüste nicht unbemerkt bleibt und dass jeder Kontakt einen Verstoß gegen die Erste Direktive darstellt, hätte man sich ja vorher mal überlegen können…

In die Kategorie „absolut unverständlich“ kommt bei mir Worfs Auftritt! Das letzte, was wir onscreen von ihm gehört haben, war dass er Botschafter auf Qo‘nos wurde. Das bedeutet, denke ich mal, das er auch aus Starfleet ausgetreten ist. Und selbst wenn nicht, warum sollte er sich wie selbstverständlich auf der Enterprise rumtreiben und dort normal Dienst tun?!? Haben die in all den Jahren keinen neuen Sicherheitschef gefunden?!

B4 und DataB4 kam übrigens nicht halb so schlimm rüber, wie ich erwartet hatte. Dass Soong andere Androiden gebaut hat, wissen wir ja aus „Inheritance“, die Frage ist da eher, wo die Remaner ihn aufgetrieben haben. Dass in der Synchro das schöne Wortspiel (B4 = Before) kaputt ging, ist schon Schade. Aber ansonsten hat mich der Gute einfach nicht weiter tangiert, genau wie Data selber. Dummerweise hatte ich vorher schon aufgeschnappt, dass er das Zeitliche segnen würde, aber es kam merkwürdig undramatisch rüber, muss ich sagen. Kein Kampf, kein Zögern, keine Diskussion mit Picard, kaum überhaupt ein Abschied…

Dass die Romulaner mal wieder im Mittelpunkt standen, fand ich Klasse! Schicke Schiffe haben die da gebaut! Dass Shinzon mit seiner Scimitar mal eben ein Schiff besitzt, dass mit Tarnung feuern kann, schien ja auch niemand erstaunlich zu finden. Kann mich nicht erinnern, dass das auch nur erwähnt wurde. Das hat vorher nur der gute Chang geschafft, und der hatte einen mickrigen Bird of Prey…

Die Commanderin der Valdore fand ich Klasse, und überhaupt ist es schön, die in DS9 begonnene Annäherung der Romulaner an die Föderation fortgesetzt zu sehen. Aber: Wer um alles in der Welt kleidet das romulanische Militär ein??? Ihre TNG-Uniformen fand ich äußerst schick, der DS9-Dress war dagegen schon ziemlich hässlich, aber diese bunten Pailleten-Gewänder sind ja wohl der Hammer! 🙂

Die Remaner zu integrieren war auch mal ein nette Idee. Die Maske ist gelungen, und alles in allem war es ja überfällig, dass wir die Remaner mal zu sehen kriegen. Riker und Worf haben übrigens nicht wirklich mitgedacht: Wenn mein Schiff von Typen geentert wird, die äußerst lichtempfindlich sind (wie sie offen und absolut unnötig dem Feind gegenüber zugeben…), dann drehe ich ja als erstes wohl mal das Flutlicht an… 🙂

Die Rammszene war exzellent. Selbst Schuld, würde ich da sagen, wenn Shinzon dumm genug ist, der Enterprise näher als sagen wir mal tausend Kilometer zu kommen. Auf der anderen Seite verstehe ich die Aktion mit der Selbstzerstörung da nicht ganz: Als die Schiffe ineinander verkeilt waren, war man definitiv innerhalb von Shinzons Schild-Perimeter. Also, ein paar Quantentorpedos (oder was man halt sonst so Explosives zur Hand hat) auf seine Brücke und in seinen Maschinenraum beamen und dann taktischer Rückzug. Zum Thema kaputte Technik nur so viel: Die Selbstzerstörung kann eigentlich nicht außer Betrieb sein, unmöglich. Einfach die Eindämmungsfelder des Warpkerns abschalten, das ist die schnellste und effektivste Methode der Selbstzerstörung. Und was die Transporter betrifft: Erzählt mir nicht, dass keines der Shuttles der Enterprise über einen Transporter verfügt!

Die Szene, in der die Scimitar der Enterprise den Frontbildschirm wegpustet, fand ich übrigens sehr interessant. Das beweist mal wieder, wie unheimlich unsagbar dämlich es ist, die Brücke eines Schiffes irgendwo auf die Oberfläche zu pappen. Und wenn man schon keine massiven (Kugelform, Würfelform…) Schiffe baut, dann aber bitte doch wenigstens ein paar Decks ins Innere damit. Hätte Shinzon ein paar Meter weiter nach links gezielt, hätte Dr. Crusher plötzlich unverhofft das Kommando bekommen und dann die Schlacht von der Krankenstation aus dirigieren können… *eg*

Und dann noch was, wo ich echt lachen musste: Picard schickt eine Text-Nachricht an Trois Konsole, während er mit Shinzon redet. Also haben sie tatsächlich einen Instant Messenger auf diesen Konsolen laufen! Da kann ich mir lebhaft vorstellen, wie die Offiziere während langweiliger Schichten rumchatten… 🙂

Rikers Worte zum Abschied von Data (die Erinnerung an sein Pfeifen während der Farpoint-Mission) fand ich exzellent gewählt, äußerst unsensibel dagegen Picard: Niemand stand Data wohl so nahe wie Geordie, und ausgerechnet ihn beauftragt er damit, die Romulaner willkommen zu heißen! Die abschließenden Bilder von der Enterprise im Dock waren dann wieder sehr schön, ein guter Schluss für den Film. Schade nur, dass man nicht die USS Titan vorbeiziehen sieht…

Update: Mittlerweile sind einige Jahre vergangen und meine subjektive Bewertung des Filmes ist mittlerweile nicht mehr ganz so gut. Mich stört rückblickend einfach der Stillstand in diesem Film: Wenn man die ST-Romane liest, welche das ganze ST-Universum einbeziehen und faszinierende Storys erzählen, dann wünscht man sich doch, dass die Produzenten auch in den Filmen mal etwas Veränderung zugelassen hätten. Dann wäre das vielleicht alles etwas spannender gewesen und hätte nicht das Aus für die TNG-Filme bedeuten müssen. Obwohl ich ja auf J.J. Abrams‘ Versuch eines ST-Filmes wirklich gespannt bin! 🙂

Fazit

Hätte spannender sein können, hätte insbesondere länger sein können, aber vom Gefühl her ein guter Star Trek-Film, der sich vor dem Rest nicht zu verstecken braucht.

Links

„Star Trek: Nemesis“ bei IMDB.com

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)