Filmkritik: Der Pianist

Adrian BrodyReview zum Film „Der Pianist“, UK / Frankreich / Deutschland / Polen, 2002

Regie: Roman Polanski, Schauspieler: Adrien Brody (Wladyslaw Szpilman), Emilia Fox (Dorota), Michal Zebrowski (Jurek), Ed Stoppard (Henryk)

Inhalt

Wladyslaw Szpilman ist ein junger Pianist in Warschau. Seine heile Welt gerät aus den Fugen als Deutschland Polen angreift und besetzt, denn Szpilman ist Jude. In den folgenden Jahren muss er beobachten, wie der Antisemitismus um sich greift, seine Familie gezwungen wird ins Ghetto zu ziehen und schließlich deportiert wird. Er selbst landet in einem Arbeitslager…

Bewertung

„Der Pianist“ hat keine sehr komplexe Story, es geht eigentlich nur um eines: Überleben. Der Film hängt sich einfach an den Hauptcharakter und folgt ihm von 1939 bis 1945 auf seinem Irrweg durch den Gestalt gewordenen Wahnsinn im besetzten Warschau.

Was soll ich sagen? Von allen filmischen Aspekten her ist „Der Pianist“ ein wirklich guter Film, mit viel Stil und sichtbarem Können gedreht. Inhaltlich ist er einfach nur erschütternd. Wenn man da aus dem Kino kommt, fühlt man sich vielleicht so wie nach „Der Soldat James Ryan“. Und auf Anhieb fällt mir auch kein anderer Film ein, in dem man mehr sinnloses Gemetzel gesehen hätte. Aber das hier ist noch schlimmer, denn die ganze Gewalt richtet sich gegen Zivilisten und man hat dabei immer im Hinterkopf, dass es genauso vermutlich wirklich gewesen ist. Wer sich den Film also anschauen möchte, muss etwas Nerven mitbringen. Die Kamera hält auf die Greueltaten gnadenlos drauf.

Was den Film wirklich gut macht, ist meiner Meinung nach vor allem die persönliche Perspektive. Der Film erzählt nicht die Weltgeschichte nach, sondern betrachtet alle Ereignisse aus der Perspektive eines Menschen, wie er normaler nicht sein könnte. Ereignisse, von denen Wladyslaw Szpilman nichts mitbekommt, werden auch uns Zuschauern vorenthalten, es gibt auch kaum Szenen ohne ihn. Dies ist eindeutig seine Geschichte, nicht die Geschichte des Krieges, keine politische Geschichte. Bemerkenswert ist auch, wie alle filmischen Stilmittel geschickt eingesetzt werden, uns genau diese persönliche Perspektive näher zu bringen. Am deutlichsten tritt das zu Tage, als ein Granateneinschlag den Charakter für Minuten halb taub macht: Auch der Zuschauer hört eine Zeit lang nur einen massiven, singenden Ton.

Zum Erfolg des Filmes trägt natürlich auch Adrien Brody bei, der den stillen, in sich gekehrten Wladyslaw Szpilman sehr glaubwürdig verkörpert. Szpilman ist kein Held, kein Rebell, sondern einfach ein normaler Mensch mit einer künstlerischen Begabung. Ich jedenfalls konnte mich mit ihm sehr identifizieren.

Wenn ich Bekannten von diesem Film erzählt habe, bekam ich oft zu hören, von diesem Thema hätten sie wirklich genug. Dazu möchte ich einmal sagen: Dies ist in meinen Augen nicht primär ein Film über die Judenverfolgung oder den Holocaust. Vielmehr zeigt dieser Film auf erschreckende und durch die nüchtern präsentierten Bilder anklagende Weise, zu welcher Brutalität Menschen fähig sind. Diese Geschichte könnte überall auf der Welt spielen, wo solche Greueltaten geschehen, wo Menschen aus der Normalität in diesen Wahnsinn gerissen werden.

Auch und gerade deshalb finde ich diesen Film so wertvoll: Er zeigt uns etwas, dass man sich im normalen Alltagsleben kaum vorstellen kann. Als ich nach dem Film aus dem Kino kam, war ich einfach nur dankbar. Dankbar, zu Hause einen vollen Kühlschrank zu haben, dankbar, durch die nächtlichen Straßen nach Hause gehen zu können, ohne von jemandem erschossen zu werden. Dieser Film kann einem sehr drastisch demonstrieren, wie gut es uns hier in Deutschland eigentlich geht und wie schnell man so ein normales, friedliches Leben verlieren kann.

Der Pianist

Der Film gewann 2002 auf den Film-Festspielen in Cannes die Goldene Palme und wurde 2003 für sieben Oscars nominiert. Gewonnen hat er den Oscar für die beste Regie (Roman Polanski), für den besten Hauptdarsteller (Adrien Brody) und für das beste adaptierte Drehbuch (Ronald Harwood).

Mittlerweile habe ich das Buch „Das wunderbare Überleben – Warschauer Erinnerungen 1939-1945″ von Wladyslaw Szpilman gelesen, auf dem dieser Film basiert. Dieses Buch hat mich nicht minder in seinen Bann gezogen als der Film, der sich übrigens sehr eng an die Vorlage hält. Es gibt nur einige wenige Details, die ich im Film nicht gesehen habe, dafür aber auch einige sehr passende Details, die der Film ergänzt.

Fazit

Ein wirklich guter Film. Er erfordert ein wenig Nerven, aber ist den Kinobesuch auf jeden Fall wert.

Links

„Der Pianist“ bei IMDB.com

Veröffentlicht unter Filme

Ein Gedanke zu „Filmkritik: Der Pianist

  1. Ich habe den Film im Alter von 67 Jahren gesehen. Ich habe mich in meiner Jugend oder als junger Erwachsener sehr viel mit den Filmen über Juden auseinandergesetzt. Bei Schindlers Liste oder was mir noch näher ging, der Pianist habe ich richtig geweint ( männlich). Die persönliche Geschichte vom Pianisten war sehr ergreifend.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)