Keith R.A. DeCandido: Star Trek – The Art of the Impossible

Cover The Art of the ImpossibleRezension zu „Star Trek: The Art of the Impossible“ von Keith R.A. DeCandido, Pocket Books New York, ca. 350 Seiten, Ersterscheinung: 2003 (USA)

Inhalt

„The Art of the Impossible“ ist ein Teil der „Lost Era“-Buchreihe. Darin werden die Zeitabschnitte zwischen Classic und TNG näher behandelt, es gibt z.B. einen Excelsior-Roman und ein Buch, dass sich um die Enterprise-B dreht. Dieser Roman setzt nun im Jahr 2328 an und behandelt die Zeit bis 2346.

Das Buch beginnt mit einem Zwischenfall im Betreka-Nebel: Vor tausend Jahren war Ch‘Gran der erste Klingone, der nach der verheerenden Hurq-Invasion mit einigen Schiffen ins Weltall aufbrach. Doch die Flotte ging verloren und wurde über die Jahrhunderte zum Mythos. Nun finden Cardassianer auf einem Planeten, der reich an wertvollen Mineralien ist, das Wrack von Ch‘Grans Schiff. Ein klingonischer Bird of Prey folgt den Cardassianern zufällig, und so kommt es binnen einer Woche zur Schlacht um den Planeten. Doch als der Kampf keine Entscheidung bringt, rufen die beiden Parteien die Föderation als Vermittler auf den Plan, denn keines der beiden Reiche kann sich einen Krieg dieses Ausmaßes leisten…

Bewertung

„The Art of the Impossible“ ist wirklich spannend geschrieben, vor allem fasziniert mich aber, wie der Autor aus dem Vollen schöpft was das ST-Universum betrifft. Dies ist nicht einfach das 199. Abenteuer der Enterprise oder die 47. Variante von „Wie-die-Voyager-fast-nach-Hause-gekommen-wäre“. Der Roman verbindet sehr gekonnt Elemente aller Star-Trek-Serien und -Filme. Schon die Prämisse des Buches, der Betreka-Nebel-Zwischenfall, basiert ja auf zwei Sätzen in der DS9-Folge „The Way of the Warrior“ (Bashir erwähnt Garak gegenüber den Zwischenfall, der zu einem 18 Jahre dauernden Grenzstreit zwischen den Klingonen und Cardassianern geführt hatte). Und der Autor schafft es, daraus einen ganzen Roman zu machen!

Angefüllt ist der Roman mit jeder Menge bekannter Details und Personen. Wir treffen Curzon Dax (den Wirt vor Jadzia), Rachel Garrett (später Captain der Enterprise-C), Ian Troi (Vater von Deanna und damals noch Wissenschaftsoffizier unter Garrett), General Worf (Worfs Großvater, bekannt aus Star Trek VI), Enabran Tain (Garaks Vater, hier noch ganz am Anfang seiner Karriere als Leiter des Obsidianischen Ordens), Elias Vaughn (neuer Erster Offizier von DS9 in den DS9-Relaunch-Romanen), K‘empec (späterer Kanzler des Reiches), Mogh (Worfs Vater), K‘Tal (der Klingone, der später K‘empecs Nachfolgeritual überwacht), Corbin Entek (Agent des Obsidianischen Ordens aus der DS9-Folge „The Second Skin“), Lwaxana Troi, Sarek, einen jungen Worf und seinen Bruder Kurn, die junge Deanna etc. Selbst Personen, die bei ST nur mal kurz erwähnt wurden, kriegen hier Leben eingehaucht, so etwa Lorgh, der Freund von Worfs Vater Mogh, bei dem Worfs Bruder Kurn später aufwuchs, oder Vance Haden, hier Captain der USS Carthage und in den TNG-Folgen „Der Überläufer“ und „Der Rachefeldzug“ als Admiral zu sehen. Die obskurste Verbindung dürfte wohl die Klingonin Altrom sein, die im Roman kurz auftaucht. In der DS9-Folge „Apocalypse Rising“ wird eine Huss, Tochter von Altrom, in den Batleth-Orden aufgenommen. *g* Alles in allem stehen die Chancen bei jedem namentlich erwähnten Charakter fifty-fifty, dass er schon mal in einer ST-Episode vorkam oder erwähnt wurde.

Zudem versteht es der Autor, Details aus den verschiedenen Serien zu einem sehr zusammenhängenden und passenden Universum zu verweben. So wird etwa der Zwischenfall bei Broken Bow erwähnt (Enterprise), der Verrat von General Chang (ST VI), die Annexion Bajors (DS9, gerade einige Wochen vor Beginn dieses Romans), der Tomed-Zwischenfall (TNG), die klingonische Festung Ty‘Gokor (DS9), das klingonische Todesritual und Gre‘Thor (TNG), der Vermittler Riva (TNG), der Albino (DS9), Lwaxanas erste Tochter Kestra (TNG), die gescheiterten Verhandlungen mit den Legaranern (TNG) und so weiter. Man bekommt den Eindruck, dass der Autor sich wirklich auskennt.

Der Roman ist allerdings mehr als nur eine Parade bekannter Dinge und Personen. Zu den neuen Charakteren zählen z.B. der klingonische Captain Qaolin und der cardassianische Gul Monor, die auch sehr interessant und differenziert geschildert sind. Zudem erfahren wir spannende Details z.B. darüber, wie sich Ian und Lwaxana kennenlernten, mehr über Rachel Garrett (ein sehr interessanter Charakter, ich mochte sie ja schon bei ihrem kurzen Auftritt in „Yesterday’s Enterprise“) oder dass Curzon Dax der Assistent von Sarek bei den Khitomer-Verhandlungen war. Wir sehen nicht nur mehr von Worfs Vater und Großvater, sondern lernen auch seine Mutter kennen, die bisher noch nie und nirgends erwähnt wurde.

Alles in allem schafft der Autor es, alle diese Puzzleteile zu einem faszinierenden Gesamtbild zu mischen, garniert mit eigenen Charakteren und spannenden neuen Facetten. Die Atmosphäre gleicht durchaus den besten DS9-Episoden, finde ich. Man hat einfach das Bild eines in sich geschlossenen Universums. Nicht wie so viele TV-Episoden, in denen die Charaktere die ausgetretenen Wege bekannter Storylines nicht verlassen dürfen, weil alles Sichtbare nur Kulissen sind und man das sonst merken würde…

Der Titel des Romans bezieht sich übrigens auf ein Zitat Bismarcks, der meinte, Politik wäre die Kunst des Unmöglichen. Und so dreht sich denn ein Gutteil des Buches auch um politische Verwicklungen und Intrigen. Da der Roman 18 Jahre Handlungszeit abdeckt, hat er natürlich keine besonders dichte Handlung, er schildert eben eine ganze Epoche, lediglich aufgehängt an der Betreka-Story. Einige der zahlreichen Charaktere sind wichtiger als andere (Curzon Dax, Elias Vaughn), andere haben nur einige Szenen oder einen kleinen Cameo-Auftritt.

Diese Art Geschichte mag möglicherweise nicht jedem gefallen. Ich persönlich fand sie aber höchst faszinierend. Mir gefallen ja sowieso politische Geschichten immer am besten, und so spielen die Ereignisse aus drei meiner Lieblings-ST-Storys eine Rolle im Roman: Star Trek VI, „Yesterday’s Enterprise“ und „The Sins of the Father“. Aber gerade auch das Verweben Dutzender Puzzleteilchen zu einem in sich schlüssigen Bild des ST-Universums hat mir sehr gefallen. Dass nebenbei auch die Charaktere stimmig geschildert sind und der Autor es schafft, die Eigenarten der einzelnen Völker und die politischen Situationen der verschiedenen Machtblöcke differenziert zu schildern, macht dieses Buch meiner Meinung nach einfach spannend zu lesen. Da macht es auch nichts, dass das Buch einen nicht in jedem Kapitel mit dramatischen Wendungen überrascht. Stellenweise hätte DeCandido die Story sogar weiter ausbauen können, es wirkt manchmal noch etwas exposé-haft und knapp. Aber auch Pocket-Romane haben eine Obergrenze für die Seitenzahlen, und dieser ist mit ca. 360 Seiten sicher nicht der dünnste.

Fazit

Sehr empfehlenswert! Der Roman bringt einem die interessante Zeit zwischen 2328 und 2346 wirklich näher. Wer politische Storys á la „The Sins of the Father“ mag, sollte dieses Buch wirklich lesen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)