In den letzten Monaten habe ich wieder aktiv am Stammbaum gearbeitet, bin dabei aber ziemlich von einem Zweig des Stammbaums zum anderen gesprungen. Die Vorfahren verzweigen ja sehr schnell in viele Linien, wenn man auch nur wenige Generationen zurückgeht. Ich meine, wir reden hier von 1850 bis 1950, nicht übers Mittelalter. Als ich damit angefangen habe, habe ich hauptsächlich Abschriften aus Kirchenbüchern und von Standesämtern ausgestellte Urkunden als Quellen gehabt und in meinem Programm eingetragen. Die meisten in den 1930gern von meinem Opa zusammengetragen, aber einige habe ich auch selber angefordert.
Mittlerweile bin ich aber sowohl bei FamilySearch als auch Ancestry registriert. FamilySearch ist kostenlos, weswegen ich da schon länger angemeldet war. Vor ein paar Wochen habe ich dann aber verstanden, dass die beiden Seiten durchaus unterschiedliche Bestände haben. Insbesondere verfügt Ancestry auch über Scans vieler Standesamts-Unterlagen, die man bei FamilySearch nicht findet. Auch wenn die Seiten also von der Aufmachung ähnlich erscheinen, lohnt ein genauerer Blick. Nun trage ich an vielen Stellen, wo mir bisher Daten fehlten, die Original-Standesamts-Unterlagen nach.
Bei dem vielen Herumspringen in verschiedenen Zeiten und Orten kann man schon mal den Überblick verlieren und nach Sachen suchen, deren Link längst in einer TODO-Datei abgespeichert ist. Ich habe nämlich auch gemerkt, dass mir die Suche mehr Spaß macht als das etwas mühselige Entziffern und Einarbeiten der Unterlagen. Die Kurrentschrift kann ich mittlerweile durchaus lesen, aber man stößt immer wieder auf unleserliche oder selten benutzte Buchstaben. Und in den Kirchenbüchern wird das je nach Pfarrer nicht besser, im Gegenteil. Heute hat es mich deshalb gepackt und ich habe mir mal eine handliche Tabelle als Statusübersicht gebaut.
Die Tabelle enthält alle Personen, deren Namen ich schon kenne. Teilweise liegen mir die Daten vor, z.B. aus Ahnenpässen, aber ich habe noch keine Primärquelle. So viel wissenschaftliches Arbeiten muss nämlich auch bei einem Hobby sein. Nur weil ein Datum oder ein Name in einem Buch oder Ahnenpass steht, heißt das ja noch nicht, dass das auch korrekt ist. Einfach freuen und blind übernehmen ist also nicht; in das Genealogie-Programm kommen nur Dinge, ich ich aus glaubwürdigen Quellen weiß. 🙂 Dabei steht Grün für vorliegende Dinge, rot für Unbekanntes und Orange für Zwischenfälle, wenn ich etwa eine Geburtsurkunde habe aber nicht den Original-Eintrag vom Standesamt (STA) oder Kirchenbuch. Auch wenn bei Erwachsenen nur Kinderbilder existieren habe ich das mal Orange markiert. Und nicht zuletzt sind einige Kästchen grau, wenn gewisse Dinge nicht existieren. Wer als Kind starb, konnte nicht heiraten, und bei Geburten vor 1874 scheidet in der Regel ein Standesamts-Eintrag mangels Standesamt aus.
Der Übersichtlichkeit halber teile ich das mal nach Generationen auf. In den obersten Generationen, wo fast alle Leute noch leben, habe ich nur die verstorbenen Personen erfasst. Bei noch lebenden Verwandten glaube ich in der Regel deren Angaben und lasse mir keine Kopie ihrer Geburtsurkunden einreichen. 🙂 Die Namen sind nur für den Screenshot entfernt.
Wie man sieht liegen mir aus der Generation meiner Großeltern nur vereinzelte Originalquellen vor, dafür aber viele Fotos. Der rote Block in der Mitte ist die Familie meiner Frau, wo ich gerade erst dabei bin, die eben wiederentdeckten Fotoalben einzuscannen und zu beschriften. Die Personenanzahl kommt übrigens dadurch zustande, dass ich neben den direkten Vorfahren auch deren Geschwister erfasse, teilweise deren Ehepartner und selten auch deren Kinder. Ehepartner und Kinder meistens, wenn die Personen tatsächlich bekannt sind, mir also z.B. Fotos vorliegen oder ich auf anderem Wege weiß, dass da Kontakt bestand. Das waren dann ja Onkel und Tanten der Vorfahren bzw. deren Nichten und Neffen.
Dass hier so wenig Dokumente vorliegen liegt übrigens an den Sperrfristen. In der Regel kriegt man ohne Nachweis einer Verwandtschaft Zugang zu Geburtsunterlagen nach 110 Jahren, zu Heiratsunterlagen nach 80 Jahren und zu Sterbeunterlagen nach 30 Jahren. Beim Standesamt kann man ggf. die Verwandtschaft nachweisen, aber öffentliche Seiten wie Ancestry veröffentlichen neuere Scans ggf. gar nicht erst. Aus der Generation der Großeltern liegen viele relevante Ereignisse eben noch innerhalb der Sperrfristen.
Ok, Generation 5, also Urgroßeltern:
Hier sieht es unterlagenmäßig doch gleich viel schöner aus. Alle Personen fallen in den Zeitraum, in dem es bereits Standesämter gab. Man kann also Geburten, Heiraten und Todesfälle wahlweise beim Standesamt oder im Kirchenbuch suchen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, wenigstens eins davon zu finden. Es ist schon viel digitalisiert und in der Regel auch lesbar. Erfreulicherweise habe ich auch für viele Personen noch Fotos. Die roten Stellen sind übrigens keine hoffnungslosen Sackgassen. Viele Daten und Fotos lagern einfach noch in einem Eingangsordner und warten darauf, mal einsortiert zu werden.
Man sieht hier übrigens auch schön den Unterschied von Stammbaum mit Vorarbeit und ohne: Die obere Hälfte ist die Familie meines Vaters, welche mein Großvater vor 90 Jahren schon gut erkundet hat. Danach kommt die Familie meiner Mutter, wo ich noch nicht so viel weiß. Und dann die beiden Familien meiner Frau. Das sind im Moment nur ein paar Zeilen, weil mir hier noch viele Namen und Daten fehlen. Ich gehe schon davon aus, dass da auch jede Person 4 bis 8 Geschwister hatte, die hier noch fehlen. 🙂
Weiter zu Generation 6, Ururgroßeltern:
Im Prinzip ein ähnliches Bild wie in Generation 5. Unterlagen und Fotos auf der Seite meines Vaters, noch nicht so viel in den drei anderen Strängen. Nur für die Geburten fallen bis auf drei nach 1874 geborene die Standesämter weg. Was Geburten betrifft sind wir hier im Schnitt bei 1840 bis 1860. Viele Geschwister fehlen, diese Liste müsste deutlich länger sein als Generation 5.
Zum Schluss noch Generation 7:
Hier fehlen jetzt wirklich noch viele Leute, und hier zu einem guten Teil auch weil ich deren Daten bisher nicht kenne. Geburtsmäßig sind wir zwischen 1800 und 1840. Erfreulicherweise habe ich auch hier für einige Leute noch Fotos, z.B. den sehr spannenden Kapitän Heitmann mit seiner Frau. Zu dem muss ich eh irgendwann mal was aufschreiben. Auch spannend: Das ist zwar viele Generationen zurück, aber wenn die Leute ein wenig später geboren wurden und lange gelebt haben, fällt ihr Tod in die Zeit 1890 bis 1910. Das heißt, es gibt gute Chancen, Traueranzeigen in digitalisierten Zeitungen zu finden! Für Geburt und Heirat bleibt dann aber nur das Kirchenbuch. Da habe ich noch viel zu tun.
Die Generation 8 habe ich bisher noch nicht in der Tabelle erfasst, da mir von dort wirklich nur einzelne Leute vorliegen. Bisher auch komplett ohne Primärquellen. Diese Vorfahren wurden alle nur in Unterlagen ihrer Kinder erwähnt. Geburtsmäßig stammen die meisten aus der Zeit 1780 bis 1810. Viele Ahnenlisten gehen tatsächlich noch weiter zurück, aber bis man das dann in den Kirchenbüchern gefunden hat, braucht es noch viel Arbeit, vor allem auch beim Entziffern. Vor etwa 1840 sind die Kirchenbücher, die ich gesehen habe, nämlich keine Kunstwerke, sondern vielfach kaum entzifferbare Machwerke. Der Spaß, dabei etwas herauszulesen, hält sich in Grenzen. Spannenderweise habe ich selbst aus dieser Generation noch einzelne Fotos, dank einer in einem Buch veröffentlichten Familie pommerschen Landadels.
So, als Überblick doch schon mal ganz nett, oder? Ich hätte ehrlich gedacht, dass ich weniger Lücken in der Sammlung habe. Aber es liegt vielfach auch daran, dass ich nach den entsprechenden Akten noch nicht gesucht habe. Natürlich sind dabei auch ganze Kirchenkreise, von denen es scheinbar noch keine Digitalisate gibt. Und während Standesämter in Berlin und Hamburg großflächig digitalisiert haben, kann man das von pommerschen Dörfern oder dem Erzgebirge leider nicht behaupten. Manche Lücken werde ich also ein paar Jahre später schließen als andere. Aber mit dieser Liste kann ich jetzt immerhin strukturierter durchgehen und Quellen ergänzen.