David Gray: Skellig

Cover von 'Skellig'Im Februar 2021 erschien David Grays neues Album „Skellig“. Die CD enthält 13 Songs und ist nach zwei kleinen Inseln vor der Küste Irland benannt. Auch das Artwork von „Skellig“ spiegelt das wieder, mit einer Insel vor dem Meer und einem gezeichneten Fisch. Das Album ist also etwas irisch angehaucht, was auch Sinn macht, denn dort war David Gray bisher am erfolgreichsten.

Ich mag seine Musik, seit ich sie 2002 oder so in der TV-Serie „Roswell“ gehört habe. Mittlerweile habe ich alle 12 Studio-Alben im Schrank stehen und habe natürlich auch hier zugegriffen. Das Fazit ist leider ein bisschen durchwachsen. Zusammenfassen könnte man es vielleicht so: „Skellig“ klingt gut, sagt aber nicht viel aus und es fehlt ein wenig der Ohrwurm, wegen dem man das Album anhören würde.

Die Lieder im einzelnen:

  • Der Titeltrack „Skellig“ beginnt ruhig, nur getragen von Gitarre und einem mehrstimmigen Gesang von David Gray. Das klingt auf den ersten Blick gut, wird aber nach den ersten ein, zwei Minuten ein wenig eintönig.
  • In „Dún Laoghaire“ steht David Grays Stimme im Vordergrund. Das Lied klingt klarer und frischer und ist aus meiner Sicht noch eines der stärkeren Lieder des Albums.
  • „Accumulates“ ist vom Sound her ähnlich, aber etwas mehr „haunting“. Es ist aber auch ein sehr ruhiges Lied, welches das Tempo nicht ändert. Trotzdem relativ stark.
  • „Heart And Soul“ klingt ein bisschen temporeicher, aber ähnelt doch vom Sound her den beiden vorherigen Liedern. Es ist die zweite Single des Albums.
  • „Laughing Gas“ klingt wieder mehrstimmig, diesmal von Klavier statt Gitarre unterlegt. Ansonsten ähnelt es aber sehr dem Titeltrack „Skellig“ und ist alles in allem nicht sehr spannend.
  • „No False Gods“ ist im Vergleich noch mal spärlicher instrumentalisiert und sehr langsam gesungen. Das klingt durchaus gut und strapaziert den Hörer mit gerade mal 2 Minuten Laufzeit nicht zu sehr.
  • „Deep Water Swim“ ist relativ belanglos. „Spiral Arms“ eigentlich auch, aber der sich immer wiederholende Refrain sorgt zumindest dafür, dass einem das Lied im Gedächtnis bleibt. Mit fast sieben Minuten Länge hat es David Gray hier aber übertrieben. Gegen Ende mag ich zumindest den Refrain dann nicht mehr hören.
  • „The White Owl“ klingt ganz ähnlich wie „Deep Water Swim“, mit leichten Klavierklängen hinter dem Gesang.
  • „Dares My Heart Be Free“ ist ebenfalls ein ruhiges Lied, wieder mit Gitarrenklängen im Hintergrund. Mit sechs Minuten ist es etwas länger, klingt aber interessanter als die Vorgänger.
  • „House With No Walls“ setzt wieder mehr auf (langsamen) Gesang und sehr spärliche Instrumentalisierung. Es wirkt lyrischer als die meisten anderen Lieder des Albums. „Can’t Hurt More Than This“ klingt ähnlich ruhig und spärlich instrumentalisiert.
  • Den Abschluss bildet „All That We Asked For“, und leider fehlt hier zum Ende des Albums noch mal etwas Überzeugendes. Auch dieses Lied klingt ruhig und wenig aufregend.

Wenn ich eine neue CD kaufe, höre ich sie immer mehrmals, denn der erste Eindruck sagt oft noch nicht so viel aus. Dazu lese ich auch die Texte der Lieder im Booklet. Manchmal ändert das die Wahrnehmung eines Songs komplett und ein fröhlich klingendes Lied stellt sich als traurige Geschichte oder bitterböser Sarkasmus heraus. Manchmal steckt auch lyrisch wirklich was in den Texten. Bei „Skellig“ blieb ich leider etwas ratlos. Es ist aus meiner Sicht bei kaum einem Lied zu erkennen, was David Gray damit sagen möchte.

Nun muss man ehrlicherweise sagen: Auch David Grays erfolgreichstes Album „White Ladder“ ist ein Gesamtkunstwerk, aber man kann eigentlich nicht so genau sagen, was Lieder wie „Babylon“ oder „My Oh My“ textlich aussagen sollen. Die Texte sind aber so poetisch, dass man einiges hinein interpretieren kann, wenn man möchte. Und wenn man nicht möchte, funktioniert das Album trotzdem, weil es gut klingt und vom Sound her in sich geschlossen ist. In dieser Hinsicht lehnt sich „Skellig“ deutlich an „White Ladder“ an, erreicht aber zumindest textlich nicht dessen Qualität. Trotzdem könnte man sich viele Songs von „Skellig“ als Untermalung in Serien oder Filmen vorstellen, wie das bei „White Ladder“ ja oft passiert ist.

Nach „White Ladder“ hat David Gray allerdings auch andere Musik gemacht: „A New Day At Midnight“ klingt frischer, poppiger, schneller und ich höre dieses Album oft genau wegen dieses frischen Klangs. „Life In Slow Motion“ kommt von der Instrumentalisierung her orchestraler daher, und ich mag vor allem das kraftvolle, mitreißende „The One I Love“. Am stärksten war aber „Draw The Line“ von 2009. Dieses Album ist von zwei ganz tollen Songs eingerahmt: „Fugitive“ ist temporeich, lebendig und eingängig. Und am Ende steht das Duett mit Annie Lennox. „Full Steam“ beginnt langsam und steigert sich dann immer weiter. Auch aus dieser Zeit gab es auf einer Best-Of-CD noch „You‘re The World To Me“. Alle diese Lieder sind toll, und man kann sie immer wieder hören. Die drei Alben danach sind alle mehr wie „Skellig“: Vom Klang her aus einem Guss und durchaus gut anzuhören, aber so ohne Höhepunkte, dass man beim Durchscrollen durch die Albenliste kaum einen Grund wüsste, sie anzustellen. Ich kann auch aus dem Kopf keinen einzigen Liedtitel von „Foundling“ oder „Gold In A Brass Age“ nennen. Nur bei „Mutineers“ gibt es ein, zwei Highlights.

Nun ist das natürlich mein persönlicher Geschmack, und David Gray darf anderer Meinung sein. Ein Album wie „Skellig“ ist ja nicht aus Versehen ein wenig zu ruhig geworden. In einem Interview zu „Foundling“ fand sich der schöne Satz: „I had to have faith in writing and understatement – the things I hold as my strengths.“ Und ähnlich wie „Foundling“ sind auch hier die meisten Lieder Understatement pur, Gesang mit ein wenig Gitarre oder Klavier im Hintergrund. Aber eben wenig wiedererkennbare Melodien, die einen mitreißen würden. Zu einem wirklich guten Album fehlt für mich ein schnelles Lied oder ein Lied, das mal das Tempo variiert. Aber man muss natürlich auch anerkennen, dass David Gray hier ein Album geschaffen hat, das vom Klang und der Atmosphäre her aus einem Guss ist.

Ist „Skellig“ nun ein gutes Album oder nicht? Ich denke, es ist für David Grays Verhältnisse gutes Mittelmaß, etwa auf einem Niveau mit „Mutineers“. Das spannende Artwork und der stimmige Klang des Albums werden schon dafür sorgen, dass ich es hin und wieder höre. Ja, es ragt kein Lied wirklich heraus, aber eben auch nicht im Negativen: Man muss kein einzelnes, zu lautes Lied überspringen und kann das Album beim Arbeiten gut im Hintergrund laufen lassen. Es ist aber nicht die Art Musik, die man sich zur Aufmunterung anstellt, wenn man schlechte Laune hat, oder die einem automatisch ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Muss sie aber vielleicht auch nicht sein. Die Qualifizierung „für David Grays Verhältnisse“ heißt ja immer noch, dass die Musik besser und eingängiger ist als Dreiviertel dessen, was so im Radio läuft.

Hier ist übrigens noch ein Interview, in dem David Gray ein bisschen zur Entstehung des Albums erzählt:

Fazit: Wer ruhige, irisch angehauchte Musik mag oder generell ein Fan von David Grays Musik ist, kann hier zugreifen, sollte aber keine Wunder erwarten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)