Jedes Jahr läuft eine Staffel der Serie „Game of Thrones“ und jedes Jahr erscheint dazu ein Soundtrack-Album mit der Musik von Ramin Djawadi. Mittlerweile kaufe ich die Alben direkt nach der letzten Episode, und letztes Jahr wollte ich auch über die Musik zur siebten Staffel kurz etwas schreiben. Der Artikel gammelte dann hier irgendwie länger, und nun habe ich einfach zu allen sieben Alben etwas aufgeschrieben.
Die Musik Ramin Djawadis
Wenn man gemeinhin nach genialen Komponisten fragt, kriegt man normalerweise Namen wie Beethoven, Mozart oder Bach zu hören. Tatsächlich haben ihre Werke Jahrhunderte überdauert. Mich hat dagegen was heute als „klassische Musik“ gilt, nie interessiert, und ich könnte mir vorstellen, dass man Beethoven und co vor allem deswegen heute noch kennt, weil es damals so wenig Konkurrenz von anderer Musik gab. Inhaltlich fehlt mir da jedenfalls etwas: Klassische Musik erzählt in der Regel keine Geschichte. Bei Soundtracks ist das anders, und die echten Helden der Instrumental-Musik sind für mich Leute wie Hans Zimmer, Murray Gold und Ramin Djawadi. Was sie für Serien wie „Doctor Who“ und „Game of Thrones“ bzw. in Hans Zimmers Fall unzähligen Kinofilmen an Musik erschaffen, ist erstaunlich. Das Wort „Untermalung“ lag mir auf der Tastatur, aber es beschreibt die Funktion dieser Musik nicht mal ansatzweise. Zwischen dem oft aus Versatzstücken immer wieder neu zusammengesetzten Geklimper aus Fernsehserien der 80ger und dieser Musik liegen Welten.
Der Deutsch-Iraner Ramin Djawadi prägt jedenfalls mit seiner Musik die Serie „Game of Thrones“ maßgeblich, definiert ihren Stil und treibt immer wieder Szenen an. Der wichtigste Punkt dabei ist für mich die Verknüpfung von Inhalt mit Musik. Ramin Djawadi schafft es hervorragend, jedem Charakter, Adelshaus oder Ort ein eigenes Thema maßzuschneidern. Man hört sofort, worum sich die Musik dreht, oder erkennt das Thema in einem anderen Stück wieder. Es fasziniert mich dabei, wie er ganz verschiedene musikalische Ausdrucksformen zu einem in sich stimmigen Ganzen zusammenbaut. Alle Alben dieser Serie sind einfach von einer großen Bandbreite geprägt, wirken dabei aber immer klassisch-orchestral. Oft hört man Streichinstrumente, Trommeln und Chöre, leise Stücke wechseln sich munter mit lauteren, actionlastigeren Sequenzen ab. Es gibt auf einigen der Alben allerdings auch Lieder, deren Text aus dem Buch stammt!
Staffel 1 bis 7
Das Album zur ersten Staffel habe ich tatsächlich noch nicht gekauft. So wie alle anderen beginnt es jedoch mit der genialen Titelmelodie der Serie, welche sehr dynamisch daher kommt und von Anfang an das Bild der Serie prägt.
Staffel 2: „What Is Dead May Never Die“ ist ein sehr schönes orchestrales und melancholisches Stück für die Religion der Ironborn. Dynamischer, regelrecht getrieben kommt dann später ein weiteres Stück für die Ironborn daher, nämlich „Pay The Iron Price“. „Vala Morghulis“ ist ein sehr ruhiges, düsteres Thema für Arya und Jaqen H‘ghar. Generell ist die Musik zu Staffel 2 an vielen Stellen weniger actionlastig und mehr melancholisch. Auch „Winterfell“ ist so ein Stück, wo dunkle Streicher den Heimsitz der Starks symbolisieren. Nur in Staffel 2 kommt ansonsten die Musik für den Handlungsstrang in Quarth vor. Stücke wie „Pyat Pree“ klingen düster und geheimnisvoll. Gegen Ende des Albums ist „The Rains of Castamere“ enthalten, gesungen von der Band The National. Das schwermütige Lied soll eigentlich die Vorherrschaft der Lannisters symbolisieren, steht aber doch für ihren Niedergang.
Staffel 3: Die Musik ist ebenfalls eher melancholisch. Littlefingers Thema „Chaos is a Ladder“ etwa beginnt sehr leise und steigert sich kontinuierlich, ebenso „Dark Wings, Dark Words“. Das Thema der „White Walkers“ ist angemessen bedrohlich, fast schon dissonant. Völlig anders ist das Lied von Prinzessin Shireen, „It’s Always Summer Under The Sea“. Das kurze Kinderlied wird von Darstellerin Kerry Ingram relativ leise gesungen und kommt ganz ohne Instrumente aus. Ganz anders dagegen das im Buch oft erwähnte Lied „The Bear and the Maiden Fear“: Dieses wurde als fröhlich-rockiger Song umgesetzt, wird von der Band The Hold Steady gesungen und hat tatsächlich Ohrwurm-Qualitäten. Musikalisch heben sich beide Lieder vom orchestralen Teil des Soundtracks ab, das stört den Gesamteindruck des Albums aber kein bisschen. Eines der Highlights des Albums kommt fast am Schluss: Das Daenarys-Thema „Mhysa“ hat einfach Schwung und vermittelt den grandiosen und erhebenden Augenblick, als Daenarys ihren ersten wichtigen Sieg errungen hat und dafür verehrt wird. Auch hier ergänzen sich Chor und Orchester sehr gut. Am Ende steht mit „For The Realm“ noch mal ein kurzes, ruhiges Gitarrenstück.
Staffel 4: Gleich als zweites Stück kommt eine neue Version des Liedes „The Rains of Castamere“. Gesungen wird es von der isländischen Band Sigur Rós. Die Melodie klingt auch später immer wieder an, wenn es um die Lannisters geht. Diese neue Version ist genauso schwermütig, klingt aber stimmlich und von den Instrumenten her anders. „First of His Name“ kommt für die Krönung Joffrey Baratheons angemessen royal und pompös daher. Sehr bedrohlich wirkt dagegen „Let’s Kill Some Crows“. Das Album schließt mit seinem stärksten Stück: „The Children“ illustrierte den Rundblick auf die einzelnen Charaktere am Ende der Staffel und ist ähnlich mitreißend wie „Mhysa“ in Staffel 3.
Staffel 5: Das Album beginnt, nach der obligatorischen Titelmelodie, mit „Blood of the Dragon“ gleich wieder mit einer schönen, getriebenen Melodie. Die Titelmelodie klingt hier deutlich an, ist aber etwas ins Mysteriöse abgewandelt. Dem „High Sparrow“ wird ein Stück gewidmet, in dem sich wieder Musik und Chor zu einem schön bedrohlichen Ganzen verbinden. Das Album klingt mit einer spannenden, ruhigen Variation des Titelthemas namens „Throne for the Game“ aus.
Staffel 6: Das erste Highlight kommt schon zu Beginn: „Light of the Seven“ ist ein ruhiges Klavierstück, welches für die Religion der Sieben geschrieben wurde. Es ist fast zehn Minuten lang! „Needle“ ist auch ein schön dynamisches Stück für Arya. Sehr dramatisch ist auch das Stück für Hodor geraten. Herausragend ist dann „Let’s Play A Game“, welches denke ich zu einer großen Schlacht im Norden gehört. „Winter Has Come“ enthält dann wieder das abgewandelte Titelmotiv.
Staffel 7: „Dragonglass“ ist ein schönes Thema für die Beziehung zwischen Daenarys und Jon. „Home“ ist ein ähnlich schönes, ruhiges Stück für Aryas Heimkehr, mit tollen Streicherklängen. Naturgemäß hört man auch die Drachen in dieser Staffel immer wieder aus der Musik heraus, so etwa in „Gorgeous Beasts“ und später viel düsterer in „The Army Of The Dead“. Generell ist die Musik noch etwas actionlastiger und dramatischer dieses Jahr, z.B. in Stücken wie „Against All Odds“ und „The Army Of The Dead“. Das geht schon mal etwas ins Dissonante, aber nicht so sehr, dass man den Track überspringen müsste. Das Album klingt mit „Winter Is Here“ aus, einem Stück so ruhig wie die ersten fallenden Schneeflocken.
Video: https://youtu.be/Hf9u3jPvkkI
Fazit
Der Soundtrack von „Game of Thrones“ prägt die Serie auf ganz vielfältige Weise und ist für jeden Fan eigentlich Pflicht. Ich denke, dass man an der Musik aber auch Spaß haben kann, wenn man die Serie nicht kennt, obwohl das natürlich immer schwer zu beurteilen ist. Muss man alle Alben kaufen? Es schadet nicht. 🙂 Wenn man erst mal mit wenigen starten will, würde ich Staffel 3 und 4 empfehlen, wegen der Lieder. Von den neueren Staffeln haben mir 6 und 7 besonders gefallen.
Im übrigen wäre es schön, wenn diese phantastische Musik öfter gewürdigt würde. In Großbritannien gibt es z.B. immer wieder Live-Aufführungen von Murray Golds Musik für „Doctor Who“. So etwas würde ich mir auch hierzulande wünschen. Und vielleicht gibt es dann in ferner Zukunft ja mal die Ramin-Djawadi-Straße oder die Hans-Zimmer-Grundschule. 🙂
Aber immerhin, dieses Jahr kommt Ramin Djawadi mit großem Orchester auch nach Deutschland! Ich konnte Tickets für Köln ergattern. Sie verkaufen sich allerdings trotz des irrsinnigen Preises wohl sehr gut, denn viel war nicht mehr frei. Ich hoffe mal, dass das eins der Highlights von 2018 wird!
Update: Den Text hatte ich bereits Anfang des Jahres geschrieben. Im Juni waren wir dann tatsächlich in der Lanxess Arena in Köln und haben die Musik von „Game of Thrones“ live gehört. Was für eine Show! Ramin Djawadi hat tatsächlich die Arena so ziemlich gefüllt. Spannend war vor allem zu sehen, wie die vielen Einzelteile der Musik live auf der Bühne zusammengebracht wurden. Was man für die Serie einzeln einspielt und dann sorgfältig mischt, musste hier ja zeitgleich und miteinander harmonierend dargeboten werden. Zu den Highlights gehörte eine Violinistin, die ihr Stück in zehn Metern Höhe an Seilen hängend spielte.