Anschläge überall

Ich bin heute morgen einfach traurig (Freitag Mittag geschrieben), seit ich die Nachrichten im Radio gehört habe. Im Moment höre ich Lucy Kaplansky, die nach den Anschlägen in New York 2001 das Lied „Land of the Living“ geschrieben hat:

Lucy Kaplansky – Land of the Living

Gefühlt geht das nun schon seit Monaten so mit den Anschlägen. Ich vermute aber eigentlich, dass es ganz anders ist: Es war noch nie anders, denke ich. Gibt es Statistiken zu Terroranschlägen, und wenn ja, würde man darin ein Jahrzehnt finden, in dem weniger Menschen bei sinnlosen Anschlägen gestorben sind? Das traurige ist halt, dass man Anschläge wie den gestern in Nizza nicht verhindern kann. Wenn ein einzelner Mensch gewillt ist, so viele Menschen wie möglich zu töten, kann man da kaum was gegen tun. Manchmal kann man ihn stoppen, manchmal nicht. Aber ein wasserdichtes Mittel gegen solche Soziopathen gibt es nicht. Insofern macht es mich auch traurig, dass Präsident Hollande den Ausnahmezustand in Frankreich erneut verlängert hat. Ich glaube nicht, dass der Ausnahmezustand in irgendeiner Weise gegen einen Irren mit einem Truck hilft. Möglichkeiten zur Aufklärung hinterher hat die Polizei ja auch so, und verhindern kann man Anschläge dieser Art eher nur per Zufall.

Als Vater überlege ich natürlich auch, wieso es nicht möglich sein soll, dass meine Tochter mal in einer friedlicheren Welt lebt als jetzt. Die Frage, die sich instinktiv aufdrängt, ist: Wie kann man gegen diese Irren gewinnen? Ich denke allerdings, dass das schon der erste falsche Schritt ist. Die jetzige Situation kann man nur verbessern, indem man nicht mitspielt, indem man sich nicht in ein Schema von „wir gegen die“ hineinziehen lässt. Andernfalls kann man diesen Konflikt beliebig in die Länge ziehen und beliebig eskalieren lassen. Anstatt beim „Krieg gegen den Terror“ mitzuspielen, sollten wir konsequent für Dinge eintreten: Für Menschenrechte, für Bildung, für eine Trennung von Religion und Staat, für einen Ausgleich von Arm und Reich, für Abrüstung, für Accountability von staatlichen Stellen und Konzernen. Da steht Europa nicht schlecht da weltweit gesehen, aber zu tun gibt es auch bei uns noch genug.

In diesem Kontext würde ich mir auch wünschen, dass Deutschland nicht Waffen in die Welt exportiert, sondern Diplomatie. Wenn die Bundeswehr sowieso materialmäßig mit ernsthaften Armeen nicht konkurrieren kann, wieso bauen wir sie dann nicht um zu Experten für zivilen Aufbau? Und wieso nimmt das diplomatische Korps nicht neben der Armee einen gleichwertigen Rang ein? Es gibt ja genug Diplomaten in aller Welt, aber man hört nicht halb so oft etwas von konzertierten Aktionen der Diplomaten wie man etwas von Luftschlägen und Drohnenangriffen hört. Wie oft soll denn noch ein Land sinnlos zerbombt werden, ohne den geringsten Plan, wie man danach dort eine friedliche Gesellschaft aufbauen will? Um aus Fehlern zu lernen, haben wir doch nun wirklich reichhaltiges Material gesammelt in den letzten Jahrzehnten.

Und was tun wir konkret? Ruhe bewahren wäre gut. Es sterben in Europa immer noch tausend mal mehr Menschen bei Verkehrsunfällen oder an Krebs als an Terroranschlägen (siehe z.,B. der Wikipedia-Eintrag zuTodesursachen). Man könnte sich auch mal besser überlegen, wen man wählt, welche Partei tatsächlich für die oben skizzierten Werte eintritt. Da wir aber sowieso immer öfter von Koalitionen regiert werden, fände ich auch eine deutliche Stärkung der direkten Demokratie gut, damit es möglich ist, bei wichtigen Fragen auch außerhalb des Wahlzyklus die Meinung der Bevölkerung zu ermitteln. Das kann wie in Großbritannien auch mal unangenehme Ergebnisse haben (wenn man es schlecht macht und z.B. bei wichtigen Fragen nicht die nötigen Schranken einzieht), aber zumindest kann dann keiner sagen, dass „die da oben eh machen, was sie wollen“. Und dann sollten wir die vorhandenen Mittel nutzen, um für wichtige Dinge einzutreten. Plattformen wie Campact können da auch jetzt schon tatsächlich etwas bewegen, wenn sich genug Menschen beteiligen.

Und nicht zuletzt darf man nicht müde werden, gegen das Schwarz-Weiß-Denken von „wir gegen die“ anzureden. Meiner Tochter sage ich immer, dass es nicht wichtig ist, wer angefangen hat, sondern wer aufhört.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)