Letztes Wochenende waren wir mal wieder in der Bundeskunsthalle Bonn und haben uns kurz vor knapp (dieses Wochenende ist Schluss) die Ausstellung „Outer Space – Faszination Weltraum“ angesehen. Nachdem mir die Anime-Ausstellung 2011 schon nicht gefallen hatte, waren meine Erwartungen entsprechend gering. Trotzdem war ich an einigen Stellen ehrlich überrascht, wie schlecht das an sich ja sehr spannende Thema umgesetzt wurde.
Die Bundeskunsthalle
Die Bundeskunsthalle wurde zwischen 1989 und 1992 gebaut und ist somit relativ neu. Sie liegt an der Bonner Museumsmeile. Auf ihrer Webseite wird die Aufgabe der Bundeskunsthalle so umrissen:
„Aufgabe der Bundeskunsthalle ist es, mit ihren Ausstellungen und Veranstaltungen national wie international ein Schaufenster für jenen offenen Kulturbegriff zu sein, der für die Identität der Bundesrepublik Deutschland von zentraler Bedeutung ist.“
Outer Space
Die Ausstellung läuft vom 03. Oktober 2014 bis 22. Februar 2015. Sie widmet sich in 12 Räumen dem Thema „Faszination Weltraum“. Auf den ersten Blick ist das gefällig umgesetzt: Es gibt eine bunte Mischung aus Fotos, Objekten, Kunstwerken, Gemälden, Video-Installationen, Mitmach-Aktionen bis hin zu Original-Raumkapseln. Für jeden etwas dabei, in locker thematisch gruppierten Räumen angeordnet. Auf den zweiten Blick habe ich damit aber das gleiche Problem wie mit der Anime-Ausstellung: Die Ausstellung weiß nicht, was sie sein möchte. Sie könnte sich dem Thema von der künstlerischen Perspektive widmen. Dann müsste sie aber mehr Kunst präsentieren, und diese vor allem auch als Kunst arrangieren. Man gewinnt als Besucher jedoch eher den Eindruck, dass die Ausstellung der Wissensvermittlung dienen soll. In dieser Hinsicht scheitert sie leider katastrophal, da sie kaum Wissen vermittelt.
Diesen Eindruck mache ich für mich an zwei Punkten fest. Zum einen ist es schwierig, überhaupt Informationen zu den Exponaten zu finden. Viele Dinge stehen mitten im Raum und man muss an den umliegenden Wänden nach Texten suchen. Manchmal findet man auch einfach keine, selbst für gigantische Holzkonstruktionen. Was ist das? Wer hat es gebaut? Keine Ahnung! An der Holzkugel, in die man steigen und von drinnen die Sterne bewundern kann (ganz toll gemacht durch unzählige winzige Löcher im Holz) steht nichts dran. Die Leute stehen drum herum und wissen nicht, was der Clou dabei ist. Wer sie gemacht hat, weiß ich bis heute nicht. Anderes Beispiel: Im Gedenkraum für Wladimir Komarow gibt es gar keine erklärenden Texte. Man findet einen kurzen Text wenn man sucht im Türrahmen! Noch ein Beispiel: Acht oder zwölf Fotos hängen nebeneinander. Die Texte dazu sind in je einer Reihe links und rechts davon angeordnet. Welcher Text zu welchem Foto gehört kann man sich aussuchen. So etwas sind für mich einfach handwerkliche Fehler, die bei einem Museum dieses Ranges nicht sein dürften. Es führt leider auch dazu, dass man dann irgendwann nicht mehr sucht, kurz schaut und dann weitergeht. Auf die Weise kann man dann natürlich den echten amerikanischen Raumanzug nicht vom Film-Raumanzug aus „Armageddon“ unterscheiden.
Dazu muss ich sagen, dass ich viele Leute mit Audio-Guides habe herumlaufen sehen. Es kann durchaus sein, dass einen der Audio-Guide ganz toll durch die Ausstellung führt und erschöpfend zu allen Exponaten Auskunft gibt. Selbst wenn ich nicht mit meiner dreijährigen Tochter dort gewesen wäre, mag ich solche Audio-Guides jedoch nicht. Ich möchte gerne selbst entscheiden, was ich mir wie lange anschaue, und dann die Informationen, wenn sie mich interessieren, dazu lesen. Falls die Ausstellung also ausschließlich auf die Benutzung der Audio-Guides ausgelegt sein sollte, finde ich das eher schwach. Ebenso gibt es eine Smartphone-App, die vielleicht eine ähnliche Funktion erfüllt. Aber auch dafür gilt, dass eine Ausstellung ja wohl für alle Besucher funktionieren sollte, nicht nur für die mit Smartphone.
Punkt zwei: Die Informationen, die angeboten werden, sind sehr spärlich. An vielen Stellen wurde einem nicht viel an die Hand gegeben, um die Exponate einzuordnen. Es gibt z.B. einige Fotos von Gus Grissom, Edward White und Roger Chaffee, die sie zu Lebzeiten, ihre verkohlte Apollo-Kapsel und ihre Beerdigung zeigen. Dass diese drei gewürdigt werden, hat mich sehr gefreut, aber wer die Geschichte nicht kennt, geht da garantiert hinaus im Gedanken, dass den Amis mal eine Apollo-Kapsel abgestürzt ist. Die eigentliche Geschichte, die ja viel trauriger ist (sie sind bei einem Test am Boden verbrannt) wird komplett ausgeblendet.
Generell fand ich, dass die Ausstellung nicht funktioniert, wenn man nicht bereits ein solides Wissen über die Geschichte der Raumfahrt mitbringt. Ein roter Faden, der einem das Thema im Laufe der Ausstellung näherbringt, ist zwar angedeutet, aber nicht erkennbar durchgezogen. Dazu passt, dass die Ausstellung quadratisch angeordnet und nicht als Rundgang umgesetzt ist. Man kann die zwölf Räume in einer Reihenfolge der eigenen Wahl ablaufen und muss selber zählen, ob man alle Räume erwischt hat. Auf diese Weise kann man sich das Thema natürlich nicht sinnvoll erschließen, sondern nur kleine Ausschnitte beleuchten. Dazu passt, das für mich verschiedene durchaus wichtige Dinge gefehlt haben: Die Mir und ISS finden Erwähnung (ohne dass man viel zu ihrer Geschichte erfährt), Skylab und Hubble aber z.B. nicht. Grissom, White und Chaffee kommen vor und Wladimir Komarow wird ein eigener Raum gewidmet, die 14 Toten der Challenger und Columbia werden dagegen gar nicht erwähnt. Gerade die Challenger-Katastrophe war aber doch ein Wendepunkt für die Raumfahrt, denke ich. Ebenso kann ich mich nicht erinnern, dass Kennedys berühmte Rede zum Wettlauf zum Mond irgendwo vorgekommen wäre.
Wofür man Platz hatte, waren die Mondgänse. Ein ganzer Raum ist incl. einem Film, einer nachgebauten Kontrollzentrale und vielem weiteren Material diesem Thema gewidmet. Ich würde einfach mal vermuten, dass das die meisten Besucher recht ratlos zurücklässt. Nähere Informationen über das Projekt fehlten komplett, und das gezeigte Video war auf Englisch. Ich persönlich tippe auf ein Comedy-Projekt (Google weiß mehr: Die Installation heißt „The Moon Goose Analogue“ und ist von Agnes Meyer-Brandis). Andererseits haben wir ein paar Räume weiter vorne Zeitungscover mit den Bildern der Affen gesehen, die in den Sechzigern ins Weltall geschossen wurden. Wie viele Leute gehen da also nun aus der Ausstellung im Glauben, dass „die Bekloppten von der NASA nun schon Gänse ins All schießen“ wollen? Wieso man so einem Quatsch-Thema überhaupt diesen Platz widmet, ist mir ein Rätsel. Da wäre es sicher sinnvoller gewesen, einfach „Plan 9 From Outer Space“ zu zeigen. 😉
Daneben gibt es auch noch eine Reihe von weiteren Dingen, die mich einfach handwerklich an der Ausstellung gestört haben. Man erfährt z.B. nicht, was echte Ausstellungsstücke sind und was Repliken. Die Himmelsscheibe von Nebra ist z.B. natürlich nicht echt, die Mercury-Raumkapsel „Liberty Bell 7″ aber schon. Könnte man in der Presse gelesen haben, aber kann man das wirklich voraussetzen? Man kann es auch anhand der Präsentation nicht erahnen. Die Mercury-Kapsel ist ja irgendwie das Herzstück der Ausstellung, von ihrer Bedeutung her. So wie es präsentiert wird, könnte man aber die SciFi-Kostüme / Droiden für die wichtigsten Ausstellungsstücken halten, da sie recht zentral in einem großen Raum in einer großen Vitrine stehen. Die Mercury-Kapsel steht in einem kleineren Raum am Rand. Passend dazu: Ein paar Räume weiter vorne gab es schon ein Foto von Gus Grissom bzgl. seines Todes. Im Umfeld der Kapsel fehlt dagegen jedes Foto von Grissom. Was seine knappe Rettung aus der Kapsel für ihn bedeutete, erfährt man nicht. Es gibt auch kaum nähere Infos zur Bergung der Kapsel, was ja für sich auch schon spannend ist (sie lag einige Jahrzehnte auf dem Meeresgrund).
Auch so ein Detail: Es gibt ein Modell von Rosetta und Philae. Niemand hat sich die Mühe gemacht, die Texte zur Landung auf dem Kometen nach deren Durchführung mal zu aktualisieren. Die Landung fand ja schließlich gerade mal fünf Wochen nach Eröffnung der Ausstellung statt. Dazu sowie zur Heimkehr des deutschen Astronauten Alexander Gerst gab es immerhin viele Aktionen, so wie es auch eine Fülle an speziellen Führungen gab.
Um jetzt nicht nur meckern zu wollen: Die Ausstellung hatte auch viele schöne Teile. Die Holz-Sternenkugel fand ich eine tolle Idee, daneben hing ein sehr schönes LED-Galaxienbild. Irgendwo gab es ein tolles Bild der Sonne. Das Bild der Entwicklungslinien der SciFi-Literatur fand ich sehr spannend („The History of Science-Fiction“ von Ward Shelley). Dass Menschen wie Gus Grissom oder Wladimir Komarow erwähnt wurden, fand ich gut, denn die kennt hierzulande ansonsten kaum jemand. Hier und da konnte man auch tatsächlich etwas lernen, etwa dass die Affen aus den frühen Mercury-Missionen tatsächlich lebendig zur Erde zurück kamen.
Unterm Strich kann man sich diese Ausstellung also tatsächlich anschauen (naja, ab dem Wochenende nicht mehr), es gibt interessante Punkte und es ist durchaus angenehm, die verschiedenen Weltraum- und Science-Fiction-bezogenen Exponate anzuschauen. Aber die Art, wie dieses hochspannende Thema recht willkürlich und fast ein bisschen lieblos präsentiert wird, ist mir nach wie vor unverständlich. Was Wissensvermittlung betrifft, ist man leider mit einer Stunde Lesen in der Wikipedia besser dran. Das ist gerade bei diesem Thema wirklich Schade.