Lucy Kaplansky: The Red Thread

Cover The Red ThreadHeute möchte ich eine Musikerin vorstellen, die in Deutschland eher weniger bekannt ist: Lucy Kaplansky. Kaplansky ist eine amerikanische Folksängerin, deren erstes Album 1994 veröffentlicht wurde. Sie hat jedoch schon vorher Musik gemacht, u.a. mit Shawn Colvin zusammen, und hat längere Zeit als Psychologin gearbeitet. Entdeckt habe ich ihre Musik eher zufällig: Dies ist, soweit ich mich erinnere, das einzige Mal, dass ich einer „Kunden, die x gekauft haben, haben auch y gekauft“-Empfehlung von Amazon gefolgt bin.

Ich habe also in „Land Of The Living“ und „Line In The Sand“ reingehört, und war beeindruckt. Dass es so lange gedauert hat, bis ich mir das Album „The Red Thread“ gekauft habe, liegt vor allem daran, dass man es in Deutschland nur zu exorbitanten Preisen bekommt. Aber nun zum Album: Es ist 2004 erschienen und enthält zehn Songs. Einige davon sind Cover-Versionen, aber den Großteil hat Lucy Kaplansky zusammen mit ihrem Mann Rick Litvin selbst geschrieben. Die Lieder im einzelnen:

  1. I Had Something
  2. Line In The Sand
  3. Love Song/New York
  4. This Is Home
  5. Off And Running
  6. Land Of The Living
  7. Cowboy Singer
  8. Hole In My Head
  9. The Red Thread
  10. Brooklyn Train

Ihre Musik ist eher ruhig, beschwingt aber nicht gehetzt. Nur in zwei der Songs wird sie etwas schneller. Die Instrumentalisierung basiert auf Gitarre, Bass und spärlich eingesetztem Schlagzeug (erinnert mich spontan ein wenig an Roxy Music). Die Hauptrolle spielt eindeutig Lucys Stimme. Ich hatte ja schon erwähnt, dass Lucy Kaplansky am Anfang ihrer Karriere mit Shawn Colvin zusammen gearbeitet hat. Da wundert es nicht, dass ich beim Hören letztens noch dachte, dass ihre Musik sehr nach Shawn Colvin klingt.

„Another bomb lights up the night
For someone’s vision of pararadise
But it’s just a wasted sacrifice
That fuels the hate on the other side“

So angenehm dieses Album anzuhören ist, egal ob leise im Hintergrund oder lauter aufgedreht: Wenn Lucy Kaplansky das Telefonbuch vorsingen würde, hätte sie vermutlich meine Aufmerksamkeit nicht erregt. Hängen geblieben bin ich an ihrer Musik viel mehr der Texte wegen. Zuerst kannte ich ja nur „Land Of The Living“ und „Line In The Sand“, und dies sind immer noch meine Lieblingssongs des Albums. „Line In The Sand“ ist, so denke ich, eine Beschreibung des Konflikts in Israel, obwohl es letztlich auf jeden der Kriege zutrifft, die irgendwo auf der Welt geführt werden. Lucy Kaplansky und Rick Litvin beschreiben darin die Sinnlosigkeit der Gewalt, die nur neue Gewalt und Hass hervorbringt. Und alles für eine Linie im Sand, hinter der angeblich das gelobte Land liegt. Das trifft es wirklich, finde ich.

Genauso treffend ist „Land Of The Living“: Kaplansky und Litvin beschreiben darin die Stimmung in New York nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Kaplansky wohnt seit langem in New York und hat das alles hautnah mitbekommen. Das Lied beschreibt vordergründig ihren Weg vom Flughafen nach Hause, erzählt von Aufräumarbeiten, vermissten Personen, den Blumen für die Feuerwehrleute, aber auch von unmotivierter Gewalt gegen Muslime. Hier steht nicht so sehr die Sinnlosigkeit dieser Anschläge im Mittelpunkt, sondern die Message ist vielmehr, dass das Leben weitergeht. Deswegen der Titel, „Land Of The Living“. Mich beeindruckt da vor allem, wie realistisch die Situation in New York beschrieben wird, und doch völlig ohne Hass oder Hurra-Patriotismus.

Ein Thema, dass sich durch mehrere Songs zieht, ist vor allem im titelgebenden Lied „The Red Thread“ umgesetzt. Kaplansky schreibt dazu im Booklet des Albums:

„There is an ancient belief in China that when a child is born, invisible red threads reach out from the child’s spirit to all of the important people who will be part of the child’s life. The threads may tangle, but they will never break.“

Das Album heißt also „Der Rote Faden“ und nicht „Die Rote Gefahr“ – da muss man aufpassen, dass man sich nicht verschreibt. 😉 Dieser sehr schöne Gedanken wird in mehreren Songs aufgegriffen, da sie und ihr Mann während der Entstehung des Albums ein chinesisches Mädchen adoptierten. „I Had Something“ dreht sich allgemein darum, „This Is Home“ dagegen ganz konkret um die Adoption. „Brooklyn Train“ ist gewissermaßen ein Crossover zwischen „The Red Thread“ und „Land Of The Living“, während „The Red Thread“ das Thema aus ihrer Beziehung zu ihrem Vater heraus beschreibt. Das ganze gibt dem Album ein schönes Gefühl der Zusammengehörigkeit und Abgeschlossenheit, und gleichzeitig wertet es die Lieder meiner Meinung nach auf, dass Lucy Kaplansky da nicht über irgendetwas singt, Texte anderer Autoren einfach nachsingt, sondern ganz konkret Situationen ihres Lebens thematisiert.

Einige weitere Songs sind wie erwähnt Cover-Versionen oder wurden von anderen Autoren verfasst, und zu diesen habe ich dann auch nicht den gleichen Zugang wie zu Kaplanskys eigenen Texten. „Cowboy Singer“ passt vor allem inhaltlich irgendwie nicht so zum Rest. Wirklich gut dagegen ist „Hole In My Head“, der Song des Albums mit der meisten Power. Das hat durchaus Ohrwurm-Qualität:

„Hole in my head, hole in my head
I need a boy like you like a hole in my head“

Alles in allem kann ich dieses Album nur empfehlen. Es ist ruhigere Musik, irgendwo zwischen Folk, Pop und Country angesiedelt. Man kann sie wunderbar zur Arbeit hören, im Hintergrund, aber eben auch laut aufgedreht. Und durch die guten Texte wird aus einem guten Album ein erstklassiges Album.

Die Website der Sängerin ist hier zu finden: www.lucykaplansky.com

Veröffentlicht unter Musik

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)