Terry Pratchett: Total verhext

Cover Total verhextRezension zu „Total verhext“ von Terry Pratchett, 12. Scheibenwelt-Roman, Originaltitel: „Witches Abroad“, Ersterscheinung: 1991 (UK)

Deutsche Ausgaben: „Total verhext“, 1994, Wilhelm Goldmann Verlag München, 313 Seiten; „Total verhext“, 2004, Blanvalet Verlag

Inhalt

Als die alte Hexe und gute Fee Desiderata Hohlig stirbt, vererbt sie ihren Zauberstab ausgerechnet der jungen, etwas unkonventionellen Hexe Magrat Knoblauch. Die wird dadurch ebenfalls zur guten Fee und bekommt von Desiderata auch noch einen Auftrag mit auf den Weg: Sie soll verhindern, dass in der Stadt Gennua die junge Ella den Prinzen heiratet. Zur Unterstützung wird Magrat auf ihrer Reise nach Gennua von Oma Wetterwachs und Nanny Ogg begleitet.

Auf ihrem Weg machen die Hexen Bekanntschaft mit dem Fremdländischen, begegnen aber immer wieder auch manifestierten Geschichten. So treffen sie auf Rotkäppchen und wecken Dornröschen aus ihrem Schlaf. Jemand in Gennua scheint mittels Geschichten Macht auszuüben, und dieser jemand will um jeden Preis durchsetzen, dass die Geschichte ihren vorherbestimmten Lauf nimmt und dass das Mädchen den Prinzen heiratet…

Hauptpersonen

  • Magrat Knoblauch – die junge Hexe wird unversehends zur guten Fee befördert
  • Esme „Oma“ Wetterwachs – die Hexe begleitet Magrat auf ihrer Reise
  • Gytha „Nanny“ Ogg – zusammen mit Esme erkundet sie das Ausland
  • Fee Lilith – die böse Fee in diesem Märchen
  • Ella – sie soll gegen ihren Willen den Prinzen heiraten
  • Desiderata Hohlig – sie hinterlässt ihren Kolleginnen eine schwere Aufgabe

In weiteren Rollen

  • Tod
  • Greebo, der Kater von Nanny Ogg
  • Frau Erzulie Gogol
  • Samstag, ein Zombie
  • der Zwerg Casanunda

Schauplätze

Spitzhornberge, Lancre, Gennua

Bewertung

Die Story an sich klingt interessant: „Witches Abroad“ behandelt zwar schon wieder eine Reise über die Scheibenwelt, es geht aber auch um Märchen und deren Macht. Dabei sind neben vielen tiefgründigeren Gedanken auch eine Menge Anspielungen und Witze eingebaut. Da hätten wir z.B. Magrat, die mit dem Zauberstab ohne Bedienungsanleitung nur eines zu Stande bringt: Kürbisse. Ansonsten treffen wir im Buch fast das gesamte Grimmsche Repertoire wieder, von Rotkäppchen über Dornröschen bis zu Aschenputtel.

Ebenfalls ein Grundthema des Buches ist das Ausland. Nanny Ogg etwa, die sich einbildet ihr Kauderwelsch wäre perfektes „Fremdländisch“. Oder Oma Wetterwachs, der das Fremdländische gar nicht weit genug weg sein kann. Auf ihrer Reise benehmen die drei Hexen sich oft genug daneben, und Terry Pratchett zieht damit viele typisch touristische Verhaltensweisen durch den Kakao.

Landschaftlich bekommen wir zum einen Lancre zu sehen, das kleine Königreich in den Spitzhornbergen. Das kennen wir ja schon aus „Das Erbe des Zauberers“ und „MacBest“. Zudem wäre da der Stadtstaat Gennua, für den wohl Venedig Pate gestanden hat (Stadt in den Sümpfen). Dazwischen liegen die Scheibenwelt-Pendants von Spanien, Frankreich, Transsylvanien, dem Mississippi etc.

Auffällig sind relativ wenige Anleihen bei anderen Scheibenwelt-Romanen. Der Tod hat zwar seinen obligatorischen Auftritt, aber der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität fehlt zum Beispiel. Auch Ankh-Morpork wird lediglich ein paar Mal am Rande erwähnt. Dafür sehen wir das in „MacBest“ vorgestellte Team der drei Hexen wieder.

Alles in allem bin ich auf eine nicht genau zu definierende Weise von diesem Buch nicht so begeistert wie von anderen Scheibenwelt-Romanen. Vielleicht habe ich es in unkonzentrierterem Zustand gelesen, aber mein subjektiver Eindruck ist, dass es nicht zu den Top 10 der Discworld-Romane gehört. Zudem kann man einen guten Teil der letztlichen Auflösung schon recht früh im Buch erahnen. Trotzdem ist „Witches Abroad“ natürlich ein lesenswertes Buch, und es sind schon eine Menge Pointen enthalten.

Fazit

Nicht unbedingt Pratchett at his best, aber immer noch besser als so viele andere Bücher.

Zitate

Im Kosmos wimmelte es überall von Ignoranz, und der Wissenschaftler verhielt sich wie ein Goldsucher, der im Bach der Unwissenheit nach den Nuggets der Erkenntnis fischte. Gelegentlich fand er einen kleinen gelben Klumpen im Kies der Unvernunft und im Sand der Ungewissheit, zwischen den haarigen, achtbeinigen und schwimmenden Dingen des Aberglaubens. In solchen Fällen richtete er sich auf und rief zum Beispiel: „Hurra, ich habe Boyles Drittes Gesetz entdeckt!“ Dann fühlten sich alle viel besser.
[S. 7]

Sie glaubte, dass Lilith den Ereignishorizont des Wahnsinns mit hoher Geschwindigkeit überflogen hatte und immer noch beschleunigte.
[S. 16]

Sie hatte drei Ehemänner begraben, und mindestens zwei von ihnen waren bereits tot gewesen.
[S. 18]

Die natürliche Größe eines Hexenzirkels ist eins. Hexen versammeln sich nur dann, wenn sie es nicht vermeiden können.
[S. 21]

Über viele Jahre war sie des Nachts in Wäldern unterwegs gewesen, die zahllosen Räubern als Versteck dienten. Solche Wanderungen fanden in der sicheren Überzeugung statt, dass die Dunkelheit nichts Schrecklicheres enthielt als sie selbst.
[S. 24/25, über Oma Wetterwachs]

Jason Ogg kannte das Geheimnis des mysthischen Reiterwortes. Allein betrat er die Schmiede, schloss behutsam die Tür – und führte dreißig Minuten später ein neubeschlagenes und überraschend friedliches Tier nach draußen. Oma Wetterwachs hatte ihn einmal nach dem Grund dafür gefragt, und da man vor einer Hexe keine Geheimnisse haben kann, erklärte er schüchtern: „Nun, weißt du, ich packe das Biest an der Mähne und schmettere ihm den Hammer zwischen die Augen, bevor’s merkt, was eigentlich geschieht, jawohl, und dann flüstere ich ihm ins Ohr: ‚Wenn du nicht hübsch artig bist, endet dein bestes Körperteil hier auf‘m Amboss, und das ist keine leere Drohung.‘“
[S. 43]

Vampire stehen von den Toten auf. Sie kehren aus Gräbern und Grüften zurück, aber nicht aus dem Magen eines Katers.
[S. 90]

Die Yen-Buddhisten sind die reichste Sekte im Universum. Für sie ist das Streben nach Reichtum eine Sünde, die schwer auf der Seele lastet. Deshalb nehmen sie die unangenehme Pflicht auf sich, möglichst viel Geld zu sammeln, um das Risiko für unschuldige Leute zu verringern.
[S. 116]

Drei Minuten später fiel ihr ein Bauernhaus auf den Kopf.
[S. 151]

Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Goldmann-Ausgabe.

Links

Dieses Buch im Annotated Pratchett File
Übersicht aller Scheibenwelt-Bücher

2 Gedanken zu „Terry Pratchett: Total verhext

  1. Ohne es böse zu meinen, muss ich doch leider sagen, dass es eine erstaunlich oberflächliche, von wenig Verstehen geprägte Zusammenfassung eines weisen Werkes ist.

  2. Tja, ich will Dir Deine Meinung nicht streitig machen. Man kann sicher jede Rezension noch tiefschürfender gestalten. Dass ich die deutsche Übersetzung gelesen habe, hat mir da sicher auch nicht geholfen. Allgemein halte ich die meisten Scheibenwelt-Romane nicht direkt für „weise Werke“. Dass Terry Pratchett immer auch viele gute und wichtige Gedanken in seine Bücher packt, sollte aber aus allen meinen Scheibenwelt-Rezensionen rüber kommen. Ansonsten ist es halt so, dass mir das ein oder andere Scheibenwelt-Buch auch mal nicht so sehr gefällt wie anderen Leuten.

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