Digital Workflow: Analogverhaftet

EinkaufszettelVor einiger Zeit hatte ich geschrieben, dass ich kein „early adopter“ bin. Ich glaube, das ist aber noch nicht mal die ganze Wahrheit. In vielerlei Hinsicht bin ich tatsächlich dem Analogen noch sehr verhaftet. Und wieso schreibe ich hier „noch“, als wäre das etwas Schlechtes? Angesichts der überall angepriesenen tollen digitalen Möglichkeiten, an deren Vergrößerung ich beruflich ja auch mitarbeite, verblüfft es mich jedenfalls immer wieder, wie hartnäckig sich Papier bei mir weigert, sich durch digitale Lösungen ersetzen zu lassen.

Kollegen schwören z.B. auf ihre Einkaufslisten-App, die sie mit der Liebsten teilen und dann im Supermarkt schnell auf dem Telefon nachschauen, was noch einzukaufen ist. Ich habe das letztens mal kurz ausprobiert. Eine ganz tolle Sache, würde theoretisch vermeiden, dass man abends mal wieder feststellt, das gleiche gekauft zu haben oder etwas Wichtiges vergessen zu haben. In der Praxis ist es jedoch immer einfacher, sich schnell einen Notizzettel zu schreiben und mit Doppelkäufen eben zu leben. In der Zeit, die ich zum Schreiben eines Zettels brauche, habe ich noch nicht mal das Handy entsperrt, und ich bin auch nicht motiviert, im Supermarkt nach dem Einkaufen im Handy abzuhaken, was ich nun gerade gekauft habe.

Ebenfalls hatte ich ja vor kurzem die neue TODO-Listen-App vorgestellt, die mir Ordnung ins Zettelchaos bringen soll und das auch recht erfolgreich tut. Trotzdem habe ich mich die letzten Tage über dabei erwischt, dass ich mir Notizzettel mit Aufgaben schreibe, die ich noch am gleichen Abend erledigen möchte oder die irgendwie wichtig sind. Vermutlich weil ich weiß, dass ich im Zweifelsfall mangels Zeit doch nicht auf die Wunderliste schaue. Vielleicht muss ich mich da aber auch einfach mal dazu zwingen, von den Zetteln die Finger zu lassen.

Und so könnte ich noch lange weitermachen: Ich höre zwar fast ausschließlich MP3s, aber die kommen zu 90% von gekauften CDs und nicht direkt aus dem MP3-Store. Meine Tochter kann halt CDs in den CD-Player legen, aber keine MP3s in einer Playlist auf einem winzigen Display auswählen. Mein Autoradio kann auch keine SD-Karten lesen. Ich habe einen eBook-Reader, finde aber die Benutzung furchtbar und kaufe weiterhin fleißig Bücher. Dateien vom Computer auf den Reader zu bekommen ist aufwändig, mit DRM tut es regelrecht weh. Ein Buch kann ich dagegen nach der Lektüre auch in den Offenen Bücherschrank oder zu eBay stellen, wenn es nicht gefallen hat. Oder Freunden ausleihen. Drittes Beispiel: Ich schaue zwar sehr viele Sachen mittlerweile über Netflix und Amazon, fange aber gerade auch an, mal wieder gute Filme auf Bluray zu kaufen. Viele Jahre lang habe ich gar keine Filme mehr gekauft, aber es gibt einfach gute Filme, die möchte ich im Schrank stehen haben. Bei denen reicht es nicht, sie streamen zu können, wenn sie zum benötigten Zeitpunkt denn gerade dafür zur Verfügung stehen.

Prinzipiell glaube ich schon, dass mehr Dinge digital werden werden (Kontoauszüge z.B.). An einigen Punkten ist dieser Wandel auch schon vollzogen, den letzten ausgedruckten oder gar handgeschriebenen Brief habe ich vor vielen Jahren verschickt. Eine Serie wie „Perry Rhodan“ mit ihren tausenden von Romanen würde ich heute sicher auch nicht mehr in Papierform sammeln. Für eBooks muss vielleicht nur das richtige Gerät daherkommen und das DRM weggehen.

Was soll ich sagen, ich bin halt ein Kind des 20. Jahrhunderts. Es wird spannend sein zu sehen, wie das meine Tochter später mal handhabt und wie sich solche Gewohnheiten bei mir verändern werden. Ich werde diesen Beitrag sicher in ein paar Jahren mal wieder hervorkramen und ein Update dazu verfassen.

Ein Gedanke zu „Digital Workflow: Analogverhaftet

  1. „In der Zeit, die ich zum Schreiben eines Zettels brauche, habe ich noch nicht mal das Handy entsperrt“ – ich liebe diesen Satz :-D. Zu Hause passiert mir das eher selten, da ich das Handy vor mir habe, Stift und Zettel sich aber in einem anderen Teil der Wohnung – also quasi am Ende der Welt – befinden, aber auf Arbeit ist alles voller Notizzettel. MP3s habe ich noch nie gekauft, CDs sind häufig billiger und ich kann Qualität und Dateigröße der MP3s selbst bestimmen. Die Umstellung von Buch auf E-Book ist mir allerdings extrem leicht gefallen. Das handlichere, bequemere Format gefällt mir einfach besser. Mittlerweile lese ich auch fast nur noch auf dem Handy, nur im Urlaub auf den entsprechenden Readern. Einziges Problem: die teilweise miserable Preisgestaltung. Wenn ich das Buch gebraucht für 1€ bekomme, zahle ich keine 8-unendlich für das E-Book. Und so sammeln sich dann doch die Paperbücher weiter an *seufz*.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)