General Election

Gestern war hier in Großbritannien die General Election, die Wahl zum House of Commons des Parlaments. Dieser Teil des Parlaments wird alle fünf Jahre gewählt, und für uns war es das erste Mal, dass wir das live miterleben konnten. Wählen durften wir leider nicht, im Unterschied zu den vergangenen lokalen Wahlen. 😉

Die Unterschiede zum deutschen Wahlsystem sind vielfältig, was schon damit anfängt, dass der Prime Minister selbst bestimmen kann, wann gewählt werden soll, solange es nicht mehr als fünf Jahre sind. Gordon Brown hat das so lange er konnte hinausgezögert und quasi erst in letzter Minute den Wahltermin bekannt gegeben. Das hat uns einen sehr angenehmen vierwöchigen Wahlkampf beschert, auch wenn natürlich alle wussten, dass die Wahl kommt und entsprechend schon viel Parteigerangel zu sehen war.

Der Unterschied zu deutschen Wahlen war hier in Cardiff zumindest schon spürbar: Am Wochenende waren wir ja in Deutschland, und dort war z.B. Bonn komplett mit Plakaten gepflastert. Die Mai-Bäume waren vermutlich die einzigen Bäume, die nicht mit Plakaten für die NRW-Landtagswahl behangen waren. Hier in Cardiff war dagegen vom Wahlkampf nicht viel zu bemerken. Ein paar „Vote Labour“-Schilder hier und da, ein paar Schilder der Liberal Democrats in Fenstern von Privatleuten. Ich kann mich nicht erinnern, in Cardiff auch nur ein einziges großformatiges Wahlplakat gesehen zu haben (aber gut, ich komme auch nicht so viel rum normalerweise). In London und anderen großen Städten sah das sicher anders aus. Die Originalversion von diesem herrlichen Plakat begrüßte mich z.B. Mitte Januar schon am Flughafen Stansted.

kitten

Größeren Wirbel hatten die Fernsehdebatten gemacht, die es dieses Jahr zum ersten Mal gab. Nick Clegg von den LibDems hatte dabei einen sehr guten Eindruck hinterlassen, aber wie es nun heute morgen aussieht, hat ihm das nichts genützt. Die LibDems haben eher noch Sitze verloren als welche dazu zu gewinnen.

Was ebenfalls wirklich auffällig war: Großbritannien befindet sich seit Jahren im Krieg und es vergeht buchstäblich keine Woche, wo nicht wieder die Namen von toten Soldaten in den Nachrichten verlesen werden. Trotzdem war das für keine der drei größeren Parteien auch nur irgendwie ein Thema. Ich weiß nicht, wie es bei den Schotten aussah, aber Labour, Tories und LibDems haben soweit ich das mitbekommen habe schlicht und ergreifend gar nichts dazu gesagt. Statt dessen ging es beinahe ausschließlich um die Wirtschaft.

Mittlerweile ist die Wahl rum und ich schaue nebenbei noch BBC, während nach und nach die letzten Wahlbezirke das Ergebnis bekannt geben. In Wales, Schottland und Nord-Irland haben die Conservatives nicht viel zu melden, aber in England haben sie leider recht gut abgeräumt. In ein paar Stunden wird dann wohl feststehen, ob Gordon Brown es überhaupt versuchen wird, mit den LibDems zusammen eine Regierung zu bilden, oder ob die Queen gleich David Cameron einbestellt.

Im Moment sieht es leider nicht sonderlich gut aus für Labour. Da gab es einfach zu viele Skandale und auch zu viele Sachen, die man von Tony Blair noch mit rumschleppt. Wenn ich mir die Politik von Cameron so anschaue*, habe ich keine Ahnung, wer außer Multimillionären ihn wählen wollen würde. Thatcher mag schließlich auch niemand, und trotzdem wählen die Engländer die Conservatives?! Wirklich verstehen tue ich das nicht. Wir können im Zweifelsfall wegziehen, aber für die Briten täte es mir schon etwas Leid.

* Bei Johann Hari kann man das schön fundiert wenn auch nicht unparteiisch nachlesen, u.a. Cameron is concealing his inner Bush, Welcome to Cameron-Land und What do we lose if we reject Labour?.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)