Chris Beckett: The Holy Machine

Cover 'The Holy Machine'Rezension zu „The Holy Machine“ von Chris Beckett, Cosmos Books New York, 2003, ca. 287 Seiten

Inhalt

Mitte des 21. Jahrhunderts: An der griechischen Küste wird Illyria gegründet, ein Zufluchtsort für Verfolgte aus der ganzen Welt, Flüchtlinge vor einer Welle religiösen Fundamentalismus. Während sich die Religionen untereinander bekriegen, wächst Illyria zu einem wohlhabenden Staat, in dem nur Logik und Wissenschaft zählen. In diese Welt wird George geboren. Er kennt die chaotische Welt außerhalb Illyrias nicht, doch die saubere Idylle Illyrias wird ihm zu eng. Sein Leben wird jedoch auf den Kopf gestellt, als er sich in Lucy verliebt. Leider ist Lucy ein Roboter…

Bewertung

„The Holy Machine“ ist ein interessantes Buch. Es liest sich flüssig und größtenteils spannend, und es stecken unheimlich viele Ideen und Konzepte drin. Von der reinen Handlung her gefällt es mir gar nicht mal so gut, und ich bin mir auch nicht sicher, dass die Charakterisierung des Hauptcharakters George so wirklich stimmig ist. Trotzdem muss ich sagen gefällt mir das Buch. Chris Beckett hat einen interessanten Schreibstil. Das Buch ist aus der Ich-Perspektive erzählt, und das in immerhin 74 Kapiteln. Was nach einem üblen Wälzer klingt, ist nur moderate 287 Seiten lang. Und ich denke, das ist gut so: Hätte der Autor die Geschichte auf 800 Seiten ausgewalzt, wäre es vermutlich sehr schnell sehr langweilig geworden. So überrascht er statt dessen alle paar Seiten mit etwas Neuem, und die kurzen Kapitel machen es gerade gut lesbar. Es hat dadurch aber auch etwas von einer Kurzgeschichte an sich, von einer Aneinanderreihung von Momentaufnahmen. Viele der Szenen gehen nicht so in die Tiefe, sondern reißen Georges Erlebnisse nur an. Aber wie gesagt, das stört eigentlich gar nicht.

Die Welt, die der Autor entwirft, ist spannend und realistisch. So realistisch, dass man als drittes Adjektiv wohl noch gruselig hinzufügen muss. Es gibt ja Bücher, bei denen man sich ganz entspannt zurücklehnen und in die Handlung eintauchen kann im Wissen, dass das Geschilderte sowas von weithergeholt ist. Hier dagegen beschleicht einen immer wieder das Gefühl, dass all das absolut möglich ist und so schon morgen passieren könnte. Die Schilderung Illyrias nimmt denn auch am Anfang viel Raum ein.

Die Handlung dreht sich um George und Lucy sowie Georges Mutter Ruth. Der ehemalige Sozialarbeiter Beckett schildert vor allem mit Ruth einen interessanten Charakter. Ruth ist vom Trauma der Vertreibung so beschädigt, dass sie ihre Zeit fast ausschließlich in einer virtuelle Welt verbringt. Im Laufe ihrer Storyline muss sie herausfinden, ob sie dort endlich genug Sicherheit vor den Unwägbarkeiten des Lebens findet.

George ist als Charakter wie gesagt etwas schwer zu fassen. Er ist allerdings auch der Ich-Erzähler und muss uns die Handlung rüberbringen, vielleicht macht es das auch etwas schwierig. In einem Punkt ist er aber sehr interessant geschildert: George ist nicht nur ohne Religion aufgewachsen sondern auch in einer Welt, in der auch sonst niemand religiös war. Im Laufe seiner Handlung erfährt er mehr über die Menschen außerhalb Illyrias, und seine Versuche, die verschiedenen Religionen zu begreifen sind sehr schön geschildert. Der Autor baut einige echte Brüller ein („What happens if someone sins in heaven?“ fragt George zum Beispiel jemanden), aber es ist auch spannend sich in die Perspektive von jemandem zu versetzen, für den das tatsächlich fremdartig ist.

Als dritter Charakter zeichnet sich Lucy eigentlich gerade durch einen Mangel an Charakter aus. Einige Kapitel sind aus ihrer Perspektive geschildert, und man bekommt als Leser quasi mit, wie sie langsam aus ihrem Programmcode ausbricht und sich ihrer selbst bewusst wird. Das ist sehr interessant geschrieben, nicht zu technisch, aber doch nachvollziehbar. Sie ist in gewisser Weise ein tragischer Charakter, denn trotz aller Entwicklung ist sie trotzdem nur eine Maschine. Was auch immer sie tut und was auch immer George in ihr sieht, ihr Verhalten basiert auf dem ursprünglichen Programm, und das wurde ihr für ihre Funktion als Robot-Liebesdiener mitgegeben.

Die geschilderte Welt ist an diesem Buch interessanter als die eigentliche Handlung, welche aber auch nicht schlecht ist. So etwa ab der Mitte des Buches verliert sie allerdings etwas an Fokus, man weiß als Leser nicht mehr so genau, was noch passieren soll, ob das alles noch einem roten Handlungsfaden folgt. Bei einem 800-Seiten-Wälzer wäre das tödlich, aber ein flott geschriebenes 280-Seiten-Buch beschädigt es nicht zu sehr. Ebenfalls nicht dramatisch, aber bei einem professionell veröffentlichten Buch eigentlich inakzeptabel ist die Zahl an Rechtschreibfehlern. Man hat das Gefühl, dass das Buch nur einmal kurz unter Zuhilfenahme einer Rechtschreibkorrektur durchgesehen wurde. Das lässt leider alle jene Fehler zurück, die Word nicht rot unterstreicht, die ein guter Lektor (oder überhaupt irgendein Lektor) sofort sehen würde. Das ist etwas Schade.

Fazit

Eine spannende Zukunftsvision, verpackt in einen kurzen und kurzweilig zu lesenden Roman. Nicht ohne Schwächen, aber lesenswert.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)