Filmkritik: District 9

District 9Review zum Film „District 9″, USA / Neuseeland, 2009

Regie: Neill Blomkamp, Schauspieler: Sharlto Copley (Wikus Van De Merwe), Jason Cope (Christopher Johnson), David James (Colonel Koobus Venter), Vanessa Haywood (Tanya Van De Merwe)

Inhalt

Johannesburg, Südafrika: Wickus Van De Merwe, ein Angestellter des Büros für Alien Affairs der MNU, nimmt ein Video seines Arbeitsalltags auf. Dazwischen sehen wir immer wieder Statements von Zeugen der sich anschließenden dramatischen Ereignisse, Interviews und News-Einblendungen. Die Dokumentation erinnert uns an die Vorgeschichte: Vor zwanzig Jahren trat ein riesiges Raumschiff in die Erd-Atmosphäre ein. Es flog nicht nach Washington oder LA, sondern kam über Johannesburg zum Stehen. Nach drei Monaten schließlich drang die Armee in das Schiff ein und fand über eine Million halbwegs hilflose Aliens vor.

Die „Prawns“, wie die Fremden abfällig genannt werden, werden in ein temporäres Auffanglager gebracht, das schnell um Stacheldraht ergänzt zur Dauerlösung wird. Johannesburg hat einen neuen Slum, doch die Menschen sind nicht glücklich mit ihren neuen Nachbarn. Und so beschließt die MNU, die Multi National Union, die Aliens in ein neues Lager umzusiedeln. Wickus leitet die Operation zum Zustellen der Eviction Notices…

Bewertung

Wow! Es ist lange her, dass mich ein Film so gefesselt und begeistert hat. Etwa ein Jahr, schätze ich mal, denn da kommt mir spontan „The Dark Knight“ in den Sinn. „District 9″ ist ein Film, der sich größtenteils nicht an die alt-bekannten Hollywood-Konventionen hält. Der Erzählstil ist ungewohnt und hektisch, das Bild oft per Handkamera leicht verwackelt. Große Stars gibt es unter den Schauspielern nicht, mir persönlich kam kein einziges Gesicht bekannt vor. Die Effekte sind vom Feinsten, aber der Film protzt damit nicht sondern stellt sie in den Dienst der Geschichte. Und „District 9″ hat tatsächlich etwas zu erzählen, eine echte Geschichte, bei der man nicht auf 5 Minuten genau die Eckpunkte der Handlung vorhersagen kann. Über lange Strecken weiß man nicht mal so genau, mit wem man mitfiebern soll, wem man ein Happy End wünschen soll und wem nicht und ob es überhaupt eins geben wird.

Wenn ich den Film in einem Wort zusammenfassen müsste, dann wäre das wohl „intense“. Mir fällt gerade nicht mal ein guter deutscher Ausdruck dafür ein. Der Film gönnt einem wirklich keine Pause, und der Pseudo-Dokumentar-Stil sorgt über große Strecken für eine recht hektische Erzählweise. Später im Film schließen sich dem auch noch recht drastische Action- und Gewaltszenen an. „District 9″ schenkt einem da nichts, und ich nehme an, dass allein deswegen der Film nicht jedem gefallen wird.

Mit ein Grund, warum mir der Film gefallen hat, ist sicher das Setting Südafrika. Ich glaube, ich habe zunehmend genug von den altbekannten Ansichten LAs oder auch Vancouvers (auch wenn Vancouver toll ist! *g*). So wie schon „Push“ von einem unverbrauchten Setting profitierte, geht es in gewisser Weise auch „District 9″, obwohl man außer den Slums gar nicht so viel zu sehen kriegt von Johannesburg. Aber zusammen mit der Musik sorgt das schon dafür, dass es spannend bleibt. Auch ein Faktor dabei sind die deutlich hörbaren Akzente der Charaktere, die als Südafrikaner doch sehr niederländisch klingen.

Ist „District 9″ storymäßig absolut wasserdicht? Vermutlich nicht. Wenn ich drüber nachdenke, fallen mir sicher viele Sachen ein, die schwer zu erklären sind. Aber das Schöne ist: Der Film reißt einen so mit, fesselt einen und begeistert einen, dass man wenigstens nicht schon im Kino anfängt über die Story zu grübeln. Und da habe ich in den letzten Monaten und Jahren schon wirklich ganz andere Filme gesehen. Es ist leider eher selten, dass man ins Kino geht, ohne genau zu wissen, was einen erwartet, ohne die Story schon zu 90% vorhersagen zu können. Und ich liebe es, von einem guten Film wirklich überrascht zu werden. Allein deshalb will ich eigentlich gar nicht über die Story nachdenken, und das ist ein echter Erfolg des Filmes, denke ich.

Davon abgesehen hatte die Story Aspekte, die im Film einfach nicht erklärt wurden, was aber auch wiederum passt, da der Film ja größtenteils aus der Perspektive einer Dokumentation über die Ereignisse erzählt wird. Die Menschheit weiß nun mal nicht wirklich, was auf dem Raumschiff geschehen ist. Das einzige, was mir während des Schauens etwas auffiel, war die völlige Abwesenheit z.B. des amerikanischen Militärs. Aber ich nehme mal an, dass sich MNU in den 20 vergangenen Jahren auch mit den USA arrangiert hat…

Alles in allem: Ein düsterer Film, schnell, fast hektisch, mit Handkameras aufgenommen und mit Charakteren, mit denen es schwer ist, sich zu identifizieren. Blutig, sehr blutig streckenweise. Spannend. Leider wohl auch ein realistisches Abbild unserer Welt: Was sonst würden wir mit Aliens machen, die wir nicht wirklich verstehen und die uns nicht wirklich verstehen, aber deren Technik auf ihre DNA codiert ist? Angereichert wird das noch mit verschiedenen anderen Facetten menschlicher Dummheit, die sich alsbald im Alien-Slum wiederfinden. Sehr passend sind etwa die Nigerianer, die sich da rumtreiben, was allerdings auch Anlass zu einem Insider-Joke und absolutem Brüller bietet, Stichwort „Nigerian catfood scam“.

Wickus Van De Merwe hat mich übrigens anfangs sehr stark an Stromberg erinnert. Ging das noch jemandem so?! 😉

Fazit

Schaut euch den Trailer an, da kriegt ihr einen gewissen Eindruck vom Film, auch wenn der Trailer den Erzählstil des Filmes nicht so ganz wiedergibt. Wenn ihr meint, ihr verkraftet diese Tour de Force, dann unbedingt anschauen. Es lohnt sich, und ich denke durchaus, dass „District 9″ das Zeug zum Klassiker hat. Wäre schön, wenn es vielleicht auch zum Kassenschlager reichen würde – es können doch nicht immer nur hirnlose Blockbuster das große Geld scheffeln. 😉

Links

„District 9″ bei IMDB.com

3 Gedanken zu „Filmkritik: District 9

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