Datenberge bei Amazon

In diesem Beitrag möchte ich kurz ein paar Gedanken zum Thema Amazon und Datenschutz aufschreiben. Das ganze ist nicht so ernst gemeint, wie es sich vielleicht liest. Es sind einfach nur ein paar Betrachtungen dazu, die mir vor kurzem durch den Kopf gingen. 😉

Wisst ihr noch, was eure erste Bestellung bei Amazon war? Nein? Das könnt ihr ganz einfach nachschlagen, denn Amazon hebt diese Daten alle auf. In meinem Fall ist das bald acht Jahre her: Am 12. März 2000 habe ich offensichtlich die CD „Dust In The Wind“ der Band Kansas bei amazon.de bestellt. Die komplette, nach Jahren geordnete Liste der vergangenen Bestellungen findet man, wenn man sich bei Amazon einloggt und unter „Wo ist meine Bestellung?“ in der DropDown-Box „Alle früheren Bestellungen nach Jahren sortiert“ auswählt. Ich war ehrlich überrascht, als ich diesen Menüpunkt letztens entdeckte. Leider ist das ganze Loginsystem bei Amazon ja maximal verwirrend gemacht, und das ist auch schon seit Jahren so. Nicht mal einen klar beschrifteten Logout-Link gibt es dort.

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Eigentlich hätte es mich aber nicht überraschen müssen, eine komplette Liste meiner Bestellungen dort zu finden. Jedem Amazon-Kunden sollte schließlich schon aufgefallen sein, dass Amazon sich große Mühe gibt, aus dem bisherigen Verhalten des Kunden spezielle Empfehlungen und Ansichten zu generieren. Von „Ihnen könnten diese Artikel gefallen“ über „Kunden, die dasselbe suchten wie Sie, haben gekauft“ bis zu „Gönnen Sie sich etwas“ als Auszug aus dem eigenen Amazon-Wunschzettel. Und das ist so erst mal ja auch gar nicht schlecht. Im Gegenteil, manchmal bekommt man so tatsächlich Infos über Neuerscheinungen, die einen interessieren, oder findet verwandte Artikel, die man noch nicht kennt, aber die den eigenen Geschmack treffen. Gegen diese Art der Datenverwendung habe ich also prinzipiell gar nichts.

Was ich jedoch befremdlich finde, ist, dass man als Kunde keinen Einfluss darauf hat, welche Daten Amazon verwendet. Das äußert sich primär darin, dass ich meine bisherigen Bestellungen aus dieser ewigen Liste nicht löschen kann. Ich kann auch nicht alternativ angeben, dass eine bestimmte Bestellung nicht in mein Profil einfließen soll. [Update: Ok, geht doch. Siehe unten.]

Warum würde man das machen wollen? Nun, da gibt es eine ganze Reihe Gründe, aber fangen wir mit etwas Konkretem an: Die ewige Liste verrät mir, dass ich am 5. Juli 2005 das Buch „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse, Bd.4. Die unheimliche Mühle“ bestellt habe. Ich kann mich dunkel erinnern, dass ich das für eine Freundin bestellt habe, auch wenn ich nicht mehr weiß, warum. Von ihrem Geburtstag und von Weihnachten ist das Datum zu weit entfernt… Egal, ich habe es also über meinen Account bestellt. Alle paar Monate (subjektiv gefühlt: einmal die Woche) kriege ich von Amazon nun eine E-Mail, wenn ein neuer Band der scheinbar endlosen Lemony-Snicket-Reihe erschienen ist. „Amazon.de hat neue Empfehlungen für Sie, auf Basis der Artikel, die Sie gekauft oder bewertet haben.“ Es gibt leider keine Möglichkeit, Amazon mitzuteilen, dass mich dieser spezielle Artikel nicht die Bohne interessiert.

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Natürlich zwingt einen niemand, bei Amazon zu bestellen. Vermutlich kann man dort irgendwo auch den Empfang von Newslettern komplett deaktivieren (na, das hoffe ich doch zumindest mal). Dann tauchen die „betrüblichen Ereignisse“ aber immer noch (gelegentlich) auf der Startseite auf, wenn ich eingeloggt bin. Und das wäre gleich mein nächster Kritikpunkt: Nehmen wir mal rein hypothetisch an, ich hätte das Weihnachtsgeschenk meiner Frau bei Amazon bestellt. Dann hätte ich nun den ganzen Dezember über aufpassen müssen, nicht bei Amazon eingeloggt zu sein, wenn sie mir über die Schulter schaut, damit nicht die Startseite schon per „Ihnen könnten diese Artikel gefallen“ die Überraschung verrät.

Na gut, dann loggt man sich eben wieder aus nach dem Einkauf. Oder kauft den Artikel woanders. Aber selbst das reicht nicht wirklich aus, denn Amazon trackt auch ausgeloggt, was man sich auf der Seite ansieht. Nur mal nach einem potentiellen Geschenk geschaut? Dann taucht danach auf der Startseite die neue Rubrik „Was kaufen Kunden, die sich diesen Artikel angesehen haben?“ auf, mit Empfehlungen basierend auf dem angeschauten Artikel. Ein paar Klicks später finde ich das noch deutlicher als „Mehr zu entdecken – Sie haben sich angesehen: – Ihnen könnten diese Artikel gefallen:“ wieder. Man muss die Cookies löschen, wenn man nicht die nächste Zeit über daran erinnert werden möchte, was man sich angesehen hat. Und bei einem gemeinsam genutzten Laptop ist es durchaus eine reale Gefahr, dadurch eine Überraschung zu verraten.

Natürlich kann man sich das alles auch noch viel weiter denken. Strafverfolgungsbehörden würde es z.B. sicher interessieren, was ihre Verdächtigen so einkaufen. Und die Kamasutra-Ausgabe kauft man vielleicht auch besser vor Ort in der Buchhandlung, wenn man nicht für immer entsprechende Empfehlungen bekommen möchte. 😉

Fazit: Man überlege sich hin und wieder, welche Daten man Amazon anvertraut und was man dort kaufen möchte. Trotz allem mag ich Amazon aber und werde da auch sicher weiter bestellen. Ich wünschte mir nur, Amazon würde den Datenschutz seiner Kunden etwas ernster nehmen und vielleicht sogar mal den verwirrenden Login-Bereich überarbeiten. 😉

Update

Ich muss mich korrigieren, man kann doch beeinflussen, was Amazon für die Erstellung der Empfehlungen verwendet. Danke Kathrin für den Tipp! Einfach einloggen und unter „Mein Konto“ runterscrollen zu „Verbessern Sie Ihre Empfehlungen“. Auf dieser Seite hat man alle seine bestellten oder bewerteten Artikel aufgelistet und kann rechts eine Checkbox anhaken, ob der Artikel für die Empfehlungen berücksichtigt werden soll. Das ganze ist genauso wie ich mir das nach der Entdeckung meiner Bestelliste vorgestellt hatte, und sogar schon schick mit Ajax umgesetzt. Interessant dabei: Ein Artikel, den ich als Geschenk für jemand anders bestellt hatte, fließt offenbar nicht in meine Empfehlungen ein.

Für meine Empfehlungen berücksichtigen

Wieso habe ich das nicht gleich gefunden? Nun, ich hatte schon erwähnt, dass ich den Loginbereich bei amazon.de maximal verwirrend finde, weswegen ich mich da auch nie wirklich umgeschaut habe. In der Liste der Bestellungen hätte ich diese Möglichkeit instinktiv erwartet, da gibt es aber nicht mal einen Link zu der alternativen Ansicht. Der eigentliche Grund, wieso ich nicht weiter danach gesucht habe, ist aber ein anderer: Ich hatte letztens spaßeshalber mal bei Amazon angefragt und mein „Problem“ geschildert, und in der Antwort des Supports hieß es sinngemäß, es gäbe leider momentan keine Möglichkeit, die Empfehlungen zu beeinflussen. Dummerweise habe ich die Mail schon gelöscht, sonst könnte ich das im Wortlaut zitieren. 🙂

Tja, dieser Beitrag ist jetzt ein bisschen witzlos, aber ich lasse ihn mal so stehen. Hat ja immerhin was gebracht, und ich bin jetzt sehr auf meine nächste Empfehlungsmail gespannt. 😉

6 Gedanken zu „Datenberge bei Amazon

  1. Du hast wirklich erst vor kurzem rausgefunden, dass all deine Bestellungen bei Amazon noch abrufbar sind? Erstaunlich!

    Damit du nicht noch Jahre brauchst, um herauszufinden, dass man die Empfehlungen durchaus anpassen und Produkte, die nicht einfließen sollen, rausschmeißen kann, ein kurzer Hinweis: Einfach mal auf „Persönliche Empfehlungen“ gehen und dann auf den „Bitte ändern“-Link bei „Diesen Artikel haben wir empfohlen, weil …“.

    BTW: Die Lemony-Snicket-Reihe ist mittlerweile abgeschlossen ;-).

  2. Anfangs fande ich die ganze Geschichte mit den Empfehlungen zu meinen gekauften Produkten noch recht interessant und informativ. Aber mittlerweile sind da Verknüpfungen welche wirklich haarsträubend sind. Besonders bei Filmen wo z.B. jemand eine kleine Rolle hatte und jetzt die Hauptrolle hat wird man natürlich darauf aufmerksam gemacht nur weil eine absolut geringe Chance besteht das man Produkte nur aufgrund des Schauspielers kauft.

  3. @Kathrin: Vielen Dank für den Tipp! Deine Anleitung bezog sich jetzt auf die Amazon-Mail, oder? Aber ich hab’s dann ja doch gefunden auf der Webseite. Erstaunlich, wie einfach das ist, das hätte mir so manche E-Mail erspart. 😉

    @Richard: Hm, habe ich manchmal auch schon bemerkt, dass der Grund für eine Empfehlung etwas an den Haaren herbeigezogen ist. Aber doch eher selten, meistens liegen sie damit ganz gut richtig.

  4. Die Empfehlungen bei amazon.de finde ich mittlerweilen auch sehr lästig bis untragbar. Ich habe ja nichts gegen die eine oder andere Empfehlung, wie es bisher geschehen ist. Aber die neue Version finde ich nur noch belästigend und penetrant. Kaum logg ich mich ein werde ich schon mit sinnlosen Kaufvorschlägen maltretiert.
    Für mich ist das kein Einkaufserlebniss mehr, sondern ein Hürdenlauf.

  5. Das eigentliche Problem sind doch nicht die Empfehlungen… das eigentliche Problem ist das Profil, das über Jahre hinweg generiert wird
    Und, glaubt mir, aus den Bestellungen aus 15 Jahren kann man mehr rauslesen, als die Summe der Einzelbestellungen vermuten lässt.

    LG

    Dieter

  6. Da hast Du sicher Recht, Dieter. Amazon weiß vielleicht nicht so viel über einen wie Google, aber doch schon eine Menge. Mit dem neuen Amazon Cloud Player auf dem Handy wissen sie nun nicht nur, welche Musik ich gekauft habe, sondern auch wann ich sie höre. 😉

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)