Bye, bye, DomainFactory

Hosting InfomaniakVor ein paar Tagen ist der lange Abschied von meinem bisherigen Hoster DomainFactory zu Ende gegangen. Meine neue technische Heimat ist der schweizerische Hoster Infomaniak. Dieser Abschied tut tatsächlich etwas weh, denn immerhin hat DomainFactory meine Webseiten und E-Mails seit 2006 gehostet. Das ist deutlich länger als ich jemals physisch am gleichen Ort gewohnt habe.

Zu DomainFactory bin ich Anfang 2006 gewechselt, nachdem ich mich von 1&1 damals sehr verarscht gefühlt habe. Das hatte nichts mit dem Hosting zu tun, sondern mit einer aus meiner Sicht sehr unfairen Regelung bei meinem Vertrag für eine DSL-Flatrate. Ich hatte damals beschlossen, 1&1 keinen Cent mehr zu geben, und bin zum kleinen Münchner Hoster DomainFactory gewechselt. Der Service dort stimmte einfach von Anfang an. Es gab SSH-Zugang zur Webseite, und auch etwas anspruchsvollere Dinge als man sie normalerweise auf Shared Hosting umsetzen würden, stellten kein Problem dar. Vor allem gab es ein Forum, in dem sich gleichermaßen Laien, technisch versierte Reseller und Support-Mitarbeiter tummelten. Dort bekam man immer schnell Hilfe.

Das gefühlte Klima bei DomainFactory wandelte sich über die Jahre leider ein wenig. Der Hoster wurde von Host Europe aufgekauft, das Rechenzentrum wanderte nach Frankreich, es gab Gerüchte und schließlich einen Hackerangriff. Die Aufräumarbeiten danach wurden nicht so wirklich glücklich gehandhabt. Unterm Strich hätte ich deswegen trotzdem nicht den ganzen Ärger auf mich genommen, mit meinen Domains, Webseiten und E-Mails umzuziehen. Der ausschlaggebende Grund sieht so aus: DomainFactory bietet im Jahr 2020 nach wie vor keine kostenlosen Zertifikate von Let’s Encrypt an.

bolarus.de vorher

Man muss ja nun nicht auf jeden Zug aufspringen, ehe er den Bahnhof verlassen hat. Aber Let’s Encrypt ging 2015 an den Start und hat sich ziemlich schnell durchgesetzt. Viele andere Hoster kriegen es hin, diese kostenlosen Zertifikate automatisiert anzubieten. Man muss es auch mal realistisch sehen: So ein Zertifikat sind einige Bits und Bytes, die automatisiert erstellt werden. Da steckt keine manuelle oder kreative Leistung dahinter, die man mit vielen Euro im Jahr honorieren müsste. Bei DomainFactory hatte ich genau 1 Zertifikat kostenlos im Paket mit drin. Jedes weitere hätte mich ca. 36 Euro im Jahr gekostet, wenn ich die aktuellen Preise gerade richtig verstehe. Als mir das 2018 so richtig anfing auf den Keks zu gehen hatte ich noch 7 Domains bzw. Sub-Domains bei DomainFactory, abzüglich des kostenlosen Zertifikats hätte mich das Absichern dieser Domains im Jahr etwa doppelt so viel gekostet wie das Hosting der Seiten selbst! Ich wäre durchaus bereit gewesen, für die Zertifikate etwas zu bezahlen, meinetwegen eine pauschale Summe im Jahr für beliebig viele Let’s-Encrypt-Zertifikate, aber halt in einem sinnvollen Verhältnis zu den Basiskosten des Hosting-Pakets.

Also habe ich mich umgeschaut, habe ewig verglichen und viel mit dieser Entscheidung gerungen. Jedem Hoster fehlte scheinbar etwas: Manchmal gab es keinen SSH-Zugang (ich verwalte meine Webseiten mit Git, das geht nicht ohne SSH), manchmal keine Cron-Jobs (regelmäßige Backups müssen schon automatisiert laufen), manchmal tatsächlich auch keine kostenlosen Zertifikate oder andere komische Einschränkungen. Außerdem hatte ich reine Reseller anderer, größerer Hoster für mich ausgeschlossen und wollte einen definierten Server-Standort haben. Vielleicht nicht per se Deutschland, aber jedenfalls auch nicht „irgendwo“, die USA oder die Amazon-Cloud. Der Preis war dagegen kein wirkliches Kriterium, jedenfalls ist kein Hoster daran gescheitert. Dass die engere Auswahl dann so begrenzt war, hat mich auch tatsächlich überrascht. Scheinbar holen sich viele Leute dann doch einfach einen eigenen Server, mit dem man natürlich alles machen kann, was man will. Für Hobby-Projekte, in die ich wenige Stunden pro Monat investieren kann, ist mir die Verwaltung eines eigenen Servers aber doch zu aufwändig.

Am Ende habe ich mich für den Hoster All-Inkl entschieden. Der Umzug der ersten Domain dorthin lief gut, aber dann stieß ich darauf, dass das E-Mail-System so merkwürdig aufgesetzt ist, dass es nicht gut mit Thunderbird harmoniert. Die Details entfallen mir mittlerweile schon wieder, aber es lief darauf hinaus, dass der „Archivieren“-Button nicht reibungslos funktioniert hätte, den ich aber häufig und gerne nutze (IMAP-Ordner konnten nur entweder Mails oder Ordner enthalten, nicht beides, und aufgrund dieser Einschränkung hätte ich im Januar jeweils einen neuen Jahresordner manuell anlegen müssen, da ich meinen wachsenden E-Mail-Berg nach Jahren sortiere…). Das fand ich indiskutabel, also stand ich wieder am Anfang. Das war letzten Sommer.

Letztlich bin ich dann auf den Gedanken verfallen, die Suche auf Hoster in der Schweiz und Österreich auszudehnen und wurde bei Infomaniak fündig. Hier ist fast alles im Preis mit drin, was mir DomainFactory bietet, und zusätzlich gibt es kostenlose SSL-Zertifikate. Es folgten einige Monate des Ausprobierens, dann der tatsächliche Umzug der einzelnen Domains. Letztlich gipfelte es darin, dass meine im letzten Jahrtausend für Internet Explorer 4 und Netscape entwickelte Star-Trek-Webseite jetzt mit HTTPS ausgeliefert wird! 🙂

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Der Umzug hat sich durchaus hier und da hakelig gestaltet. Einiges ist bei Infomaniak halt anders eingerichtet als ich es gewohnt bin. Mein Jahre zurückreichendes Mailarchiv hat die Sache auch nicht einfacher gemacht. Aber was soll ich sagen, mittlerweile läuft alles und ich denke, ich habe mit Infomaniak einen zuverlässigen und flexiblen Dienstleister gefunden, bei dem ich hoffentlich viele Jahre bleiben kann. Meine Daten hatten es übrigens gar nicht so weit, da sie vom DF-Rechenzentrum in Straßburg nur nach Genf umgezogen sind. Das ist natürlich EU-Ausland, was sich ganz ehrlich ein wenig komisch anfühlt und hoffentlich nicht irgendwann Ärger macht. Aus Datenschutz-Sicht kann man an einem Daten-Standort in der Schweiz aber eigentlich nichts auszusetzen haben.

Den Abschied von DomainFactory finde ich wie gesagt Schade. Der Support dort tut mir auch etwas Leid, der die strategische Entscheidung der Geschäftsführung verteidigen muss, keine „Let’s Encrypt“-Zertifikate anzubieten. Was weiß ich, je nach Kundenstamm von DomainFactory mag das ökonomisch ja auch Sinn ergeben. Zur technischen Avantgarde gehört man dann aber eben nicht mehr. Und ganz ehrlich: Ich habe nun fast zwei Jahre lang wirklich jeden deutschen, österreichischen und schweizerischen Hoster miteinander verglichen, abgewogen, ausprobiert und derweil darauf gewartet, dass DomainFactory mit den Zertifikaten vielleicht doch noch um die Ecke kommt. Manchmal muss man dann halt einfach einen Schlussstrich ziehen. Ich gehe aber nicht im Groll und würde DomainFactory mit Einschränkungen nach wie vor empfehlen, wenn man z.B. ein kleines, sehr überschaubares Webprojekt umsetzen möchte.

Bei Infomaniak bin ich bis jetzt sehr zufrieden und werde bald in einem weiteren Artikel auch noch etwas mehr über den Umstieg schreiben.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)