Game: Overlord

Overlord-CoverDie Helden haben den dunklen Turm gefunden, verwüstet und den bösen Overlord getötet. Soweit, so gut. Doch was sollen die Minions des Overlords nun tun? Sie erschaffen sich einen neuen Overlord, dem sie dienen können! Als dieser schlägt man zu Beginn des Spiels die Augen auf und wird von seinem loyalen Untergebenen Gnarl begrüßt. Nun gibt es viel zu tun: Der Turm muss wiederaufgebaut werden und all die Dinge, welche die Helden weggeschleppt haben, müssen wiederbeschafft werden. Ein Schmiedeofen wäre gut, und zudem sind die Nester verloren gegangen, mit denen man grüne, blaue und rote Minions erschaffen kann. Und nicht zuletzt haben die Helden eine Revange verdient! Aber als Overlord macht man sich natürlich nicht selber die Hände mehr als nötig schmutzig. Dafür hat man ja seine Minion-Horde!

Das Spiel

„Overlord“ ist ein humorvolles Fantasy-Spiel, welches sowohl die übliche Bedienweise als auch die üblichen Erzählmuster auf den Kopf stellt. Man läuft hier also als Böser durch das Spiel und macht das meiste nicht selber, sondern steuert seine Minionhorde (im Deutschen als „Schergen“ übersetzt, was weniger an knuffige gelbe Gesellen denken lässt). Was das Böse sein betrifft: Es gibt einen „Verderbtheitszähler“ und je einen Erfolg dafür, das Spiel mit 0% und 100% Verderbtheit abzuschließen. Man spielt also einmal als „guter böser Overlord“ und einmal als „richtig böser böser Overlord“. Der Unterschied zeigt sich an verschiedenen Punkten, wo der Overlord sich entscheiden muss: Gibt er den Dorfbewohnern ihr Essen wieder oder behält er es einfach und erschlägt sie stattdessen? Wenn er Lebensenergie braucht, tötet er einfach die Schafe der Dorfbewohner oder beschränkt er sich darauf, Käfer und andere Schädlinge zu töten? Im „guten“ Durchlauf muss man durchaus aufpassen, dass die Minions nicht einfach Schafe der Dorfbewohner killen, während man gerade nicht hinschaut. Im anderen Durchlauf muss man wiederum aufpassen, nicht aus Versehen zu nett zu sein. So oder so gibt es aber neben den Dorfbewohnern und Elfen noch andere Wesen, die immer feindlich gesinnt sind und auf die man draufhalten kann, ohne sich Sorgen um die Verderbtheit machen zu müssen. Nebenbemerkung: Das „Tower Master“-Achievement kriegt man nur im bösen Spiel (druckt euch eine Liste aus, einige der Objekte findet man sonst nie!). Und aus der Kategorie „I learned that the hard way“: Im bösen Durchlauf unbedingt so viele Bauern wie möglich töten. Für „Enemy of Mankind“ braucht man zwischen 400 und 1000, und das geht wird sehr spät, wenn man erst mal Jule gefangen hat, da dann Himmelsspitze dafür nicht mehr zur Verfügung steht.

Was die Fantasywelt betrifft: Es ist eine recht generische Fantasywelt, bevölkert von Einhörnern, Elfen, Zwergen, Halblingen und Menschen. Das passt aber dazu, dass „Overlord“ ja eine Parodie von echten Fantasysiespielen ist. Aufgeteilt ist die Welt in verschiedene Bereiche, die man aus dem Dunklen Turm heraus über das Turmherz erreicht. Zwischen den meisten Bereichen gibt es auch Übergänge, so dass man etwa aus dem Ort Rauschingen die Unterwelt von Oberons Elfen erreichen kann oder von der Menschenstadt „Himmelsspitze“ aus die Zwergenwelt der Goldenen Berge. Passend zu jedem großen Spielbereich gibt es einen Helden, der den Level-Endgegner darstellt: Fürst Ferdinand in Himmelsspitze, der Zwerg Goldo bei den Zwergen, Oberon bei den Elfen usw. Die Zusammenstellung der Charaktere erinnert sicher nicht zufällig an die Gefährten aus „Herr der Ringe“. Der Overlord ist ja nun eigentlich der Böse, aber so richtig durchgezogen haben die Macher das nicht: Die Helden sind allesamt korrumpiert, feiern Partys in ihrer zombieverseuchten Stadt, sind dem Gold oder dem Essen anheimgefallen oder überziehen ihr Reich mit tödlichen Träumen. Der Overlord erlöst sie also nur von ihrem Schicksal. Insofern wird das Spiel also zumindest im „guten“ Durchgang nicht zu düster. Das einzig wirklich fiese: Man muss am Anfang Schafe töten, um Lebensenergie für mehr Minions zu bekommen. Süße, herumtollende, mäende Schafe!

Die Steuerung der Minions ist ein Aspekt, bei dem man sich anfangs umgewöhnen muss. Man steuert nämlich mit dem linken Joystick den Overlord und mit dem rechten Joystick die Horde der Minions. Aus anderen Spielen ist man es gewohnt, seinen Helden so stark es geht auszurüsten und dann damit vorzupreschen. Wer das hier probiert, merkt bald, dass er nicht weit kommt. Der Overlord ist mächtiger als jeder Minion, aber gegen fünf Käfer verliert er z.B. recht schnell. Mann muss also zumindest am Anfang lernen, seine Minions die Drecksarbeit erledigen zu lassen. Wenn einige von ihnen dabei draufgehen, macht das nichts, denn man kann sich ja an der nächsten „spawn pit“ neue holen. Naja, es sei denn man hat nicht genügend Lebensenergie gesammelt, dann macht es schon etwas. Ein bisschen mitdenken muss man also schon. Später im Spiel ist der Overlord dann aber selber so stark, dass es in manchen Situationen mehr Sinn macht, die Minions irgendwo zu parken und den Gegner alleine anzugehen (das trifft auch aufs Verlies zu). So oder so ist die Horde der Minions aber schneller als der Overlord alleine. Man kriegt die kleinen Käfer alleine z.B. kaum eingefangen, und auch ein einzelner Minion kann denen ewig nachlaufen. Aber zu dritt fangen sie so einen Käfer schnell. Alles, was die Minions finden, bringen sie zu ihrem Overlord. Es gibt aber auch Rüstungsteile und Waffen, welche besiegte Gegner liegen lassen und mit denen man seine Minions aufrüsten kann. Im Zweifelsfall die Horde ein paar Mal über glitzernde Gegenstände führen, bis einer von der Bande es aufhebt.

Spielmechanik

Das Spiel vergibt in der Form von Gnarl Aufgaben, die es zu erfüllen gilt. Um sie zu erfüllen, braucht man viele Minions. Die kann man sich an sogenannten „spawn pits“ holen, aber nur so viele, wie man Lebensenergie hat. Man muss also Schafe töten, um braune Minions herbeizuwünschen oder Feuerkäfer für rote Minions. Je nachdem wie geschickt man sich anstellt und wie viele Minions man bei sinnlosen Aktionen verliert, muss man ggf. ein Level auch noch mal spielen, nur um an genug Lebensenergie zu kommen. Tip dazu: Geht rechtzeitig ins Verlies. Dort kann man das effizienter erledigen, anstatt immer wieder durch Schloss Rauschingen zu latschen. Das klappt aber erst, wenn man einen voll aufgeladenen Durium-Morgenstern hat. Vorher sind die Viecher zu stark.

Die Minions braucht man im übrigen auch, um seine Rüstung und sonstigen Ausrüstungsgegenstände mit ihrer Lebensenergie zu tränken. Im Laufe des Spiels findet man drei verschieden starke Schmelzöfen und kann sich damit eine Rüstung, einen Helm und Waffen schmieden. Tip dazu: Holt euch die Schmelzöfen so schnell ihr könnt, schmiedet entsprechende Ausrüstung und tränkt sie maximal mit Lebensenergie! Wenn man erst einmal einen guten Morgenstern hat, kann man z.B. viele Gegner recht unkompliziert mit zwei Schlägen zerschmettern. Um genug Minions zu bekommen, empfiehlt sich wieder das Verlies. Pro Runde gegen eine der Käferarten bekommt man ja 75 Lebensenergien zusammen. Achtung: Es ist nicht egal, mit welcher Sorte Minions man die Ausrüstung tränkt! Jede Sorte verstärkt eine Eigenschaft der Waffe oder Rüstung.

Im Laufe des Spiels erhält man verschiedene Zauberfähigkeiten, Feuerzauber oder Schutzzauber. Manchmal ist so eine Schutzkuppel sehr hilfreich, aber ansonsten habe ich mich nicht groß um die Zauber gekümmert. Der Feuerzauber z.B. ist selten effektiv, und den Rest habe ich teils gar nicht ausprobiert. Auch die Waffe des Overlord habe ich eigentlich nur gewechselt, wenn ich eine stärkere geschmiedet hatte.

„Overlord“ ist ja nun kein neues Spiel, im Gegenteil. Wieso habe ich so lange gebraucht, bis ich das mal gespielt habe? In den Reviews damals stand öfters etwas von „redundantem Spielkonzept“ und so zu lesen. Das hatte mich leider abgeschreckt. Was ich hier so beschrieben habe, macht tatsächlich einen guten Teil des Spiels aus: Man betritt einen Bereich, versorgt sich mit Minions, plündert alle erreichbaren Kisten und Truhen, besiegt die Gegner und versucht die Aufgabe zu erfüllen, ohne zu viele Minions zu verlieren. Hardore-Gamer mag das schnell langweilen. Ich dagegen genieße es bei dieser Art Spiel, dass ich auch nach längeren Pausen wieder einsteigen kann, ohne mich erst mal stundenlang wieder in die Kampfmechanik oder die Backstory einzuarbeiten. In dieser Hinsicht ähnelt „Overlord“ den Legospielen, welche ebenfalls sehr geeignet sind für Spieler, die nur gelegentlich mal nachts zum Zocken kommen.

Kampf im Verlies

Mankos

Ein großes Manko des Spiels ist die fehlende Karte! Normalerweise schaltet man ja, indem man seine Umgebung erkundet, nach und nach eine Karte der Landschaft frei. „Overlord“ hat relativ umfangreiche Level, bietet aber einfach keine Karte an. Man kann sich in Oberons Unterwelt und anderen Leveln durchaus verlaufen und sucht dann unnötigerweise sinnlos herum. Zudem hatte ich öfter das Gefühl, dass die Landschaft sich gar nicht sinnvoll auf eine Karte bannen ließe. Manchmal scheint es so, als könnte die Figur sich mehr als 360 Grad drehen ohne wieder die gleichen Sachen zu sehen. An anderen Stellen geht man um einen kleinen Berg herum, dreht sich um und sieht einen ewig langen See rechts am Berg vorbei, der vorher links vom Berg nicht sichtbar war. Das ist einfach unnötig irritierend. In die gleiche Kategorie fällt die fehlende Steuerung der Kamera. Weil der zweite Joystick ja die Minions steuert, kann man damit nicht wie sonst gewohnt die Kameraperspektive drehen. Will man in eine andere Richtung schauen, muss man den Overlord bewegen und nötigenfalls mit ihm im Kreis laufen. Auf die Weise kann es vorkommen, dass direkt hinter dem Overlord ein Gegner die Minions killt und man das einfach nicht mitkriegt. Im großen und ganzen funktioniert die automatische Kameraperspektive aber ganz gut.

Nicht so schön finde ich auch die Achievements. Zum einen mag ich es eigentlich nicht, wenn die Achievements einen dazu kriegen wollen, das Spiel mehrfach zu spielen. Zum anderen kann man eine ganze Reihe der Achievements nur kriegen, wenn man Online spielt und sich eine Erweiterung kauft. Auch das mag ich gar nicht. Naja, muss ich damit leben, hier nicht alle Achievements zu haben. Für „Tower Master“ und „Full Corruption“ sollte man sich auf jeden Fall belesen und ggf. Listen ausdrucken, zum Abhaken.

Kindertauglichkeit

Meine Tochter ist 7 und schaut schon länger beim Zocken zu. Ein Grund mehr, die ganzen FSK-18-Spiele links liegen zu lassen. „Overlord“ ist prinzipiell für ältere Kinder geeignet, denke ich. Es gibt einige gruselige Szenen (z.B. Zombies in der Kanalisation) und mich persönlich hat das Töten der Lämmer gestört. Außerdem fliegen in einem Level leicht bekleidete Succubi als Gegner herum. Aber selbst deren „Liebeszauber“ kommt recht harmlos daher. Direkte Altersempfehlungen sind schwer auszusprechen, aber zumindest gelegentliches Zuschauen geht bei meiner Siebenjährigen schon. Man muss hier allerdings auch unterscheiden zwischen dem guten und dem bösen Durchlauf: In letzterem killt man haufenweise Bauern, versklavt Frauen, wechselt seine leichtbekleideten Mätressen etc. Das ist dann schon grenzwertig. Generell sind auch so ziemlich alle Level großzügig mit Totenschädeln etc. dekoriert. Das USK 16 auf dem Cover halte ich insofern für etwas übertrieben, aber zum Selberspielen sollte man vielleicht schon 12 bis 14 sein.

Fazit

Ein ungemein unterhaltsames und kurzweiliges Spiel. Einige Endgegner sind durchaus schwierig und hier und da wird das Einsammeln der Lebensenergie mal etwas repetetiv. Aber für mich stimmen der Humor und das Schwierigkeitslevel einfach. Kann ich empfehlen!

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)