Game of Thrones: Gedanken zum Finale

Hier mit leichter Verspätung ein paar Gedanken zur achten und finalen Staffel von „Game of Thrones“. Spoiler-Warnung! Es versteht sich von selber, dass ihr das nicht lesen solltet, wenn ihr die Staffel noch nicht gesehen habt!

Was Ausstattung, Effekte, Schauspieler, Musik und alle anderen technischen Kategorien betrifft, war auch die letzte „Game of Thrones“-Staffel außergewöhnlich. Und trotzdem bleibt am Ende ein merkwürdiges Gefühl übrig. Gerade weil die Serie handwerklich so gut gemacht ist, ist die Ursache dieses Gefühls nicht ganz leicht greifen. Am Ende hängt es für mich aber an den Autoren und der erzählten Geschichte. Am ehesten kann ich das noch mit „Star Wars Episode III“ vergleichen: Opulent gemacht, aber man hat das Gefühl, dass die Geschichte sich von einem nötigen Eckpunkt zum nächsten hangelt. Malen nach Zahlen statt inspirierter Erzählung.

Daenerys und ihr Drache

Ein Kritikpunkt, den ich oft gehört habe, war das schnelle Erledigen des Night King in der Mitte der Staffel. Sicher, die Schlacht-Episode war noch mal wieder größer und aufwändiger als die Schlachten vorher. Aber letztlich hat man ihn relativ simpel aus der Serie geschrieben, weil man die Storyline abgehakt haben wollte. Ich habe das anfangs nicht so kritisch gesehen, aber mit etwas Abstand finde ich nun auch, dass das eigentlich gar nicht geht. „Game of Thrones“ war immer eine Serie, wo alles mit allem zusammenhängt. Da wirkt es merkwürdig, die zwei verbliebenen Storylines nun so getrennt voneinander abzuhandeln.

Generell habe ich in dieser Staffel vermisst, dass die Handlung einer gewissen Bedeutung folgt. Im echten Leben passieren Dinge einfach, Menschen treffen dumme Entscheidungen, es gibt Zufälle etc. Aber in einem Epos diesen Ausmaßes erwartet man doch, dass die Entscheidungen der Helden sich im nachhinein als absolut notwendig für ihren Sieg herausstellen. Dass der Schurke am Ende aufgrund seiner Handlungen und Entscheidungen stirbt und nicht einfach zufällig von einem vom Himmel fallenden Stein erschlagen wird. Dass die wichtigen Charaktere einen Moment bekommen, wo sie sich anders entscheiden könnten, es aber nicht tun. Dass die Geschichte „full circle“ einen Bogen zum Anfang zurück schlägt und dann am Ende alles zusammen einen Sinn ergibt.

Und in dieser Hinsicht lässt die finale Staffel arg zu wünschen übrig. Es ist nicht so, dass nicht gute Ansätze erkennbar wären. Aber am Ende überwiegt das Gefühl, dass einfach Dinge in einer gewissen Reihenfolge passiert sind, weil das so in den Notizen von George R. R. Martin gestanden hat.

Mal ein paar konkrete Beispiele. Was soll die ganze Geschichte mit Bran, wenn er am Ende zur Lösung null komma gar nichts beiträgt? Hätte man den Night King nicht töten können, wenn er nicht persönlich zu Bran gekommen wäre? Hätte sich John Snow in irgendeiner Weise anders verhalten, wenn er das Geheimnis seiner Herkunft nicht gekannt hätte? Ich glaube nicht. Toll, am Ende ist Bran König. Das hätte aber auch jemand anders machen können. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Brans Fähigkeiten als Rabe für die Lösung entscheidend gewesen sind. Ehrlich gesagt war ich überzeugt, dass er in die Vergangenheit reist und als „Bran the Builder“ die Mauer überhaupt erst baut. Und wo er da schon dabei war, hätte er ja noch mehr bauen und verstecken können. Im Buch wurde zudem recht deutlich angedeutet, dass sich im Turm in Oldtown ein Geheimnis befindet, bewacht von House Hightower. Auch hiervon war in der Serie nichts zu hören.

Die Rolle der Priesterin war ebenfalls merkwürdig. Das ganze Tamtam um ihren Feuergott, das Verbrennen von x Leuten – dafür war mir ihre Rolle im Finale gegen den Night King ebenfalls zu klein. Am Ende stellte sich heraus, dass sie nicht wirklich nötig war. Die Rolle, die sie gespielt hat, hätte irgendjemand spielen können.

Sehr enttäuschend waren auch John Snow und Daenerys. Beide wurden hier als Charaktere eigentlich komplett zerlegt und diskreditiert, und nur John Snow hat noch so ein wenig die Kurve gekriegt. Darüber, wie absurd es ist, dass Daenerys mal eben so eine ganze Stadt niederbrennt, wurde ja schon viel geschrieben. Mag sein, dass das in den Büchern dann auch so kommen wird, aber da wird es dann vermutlich glaubwürdig vorbereitet. Hier dagegen sehen wir wenig bis nichts von ihrer inneren Motivation, so etwas Irres zu tun. Ja, sie hat mit ihrem Drachen auch früher schon in Schlachten eingegriffen. Aber zwischen dem Kampf gegen eine Armee und dem Verbrennen der Zivilbevölkerung gibt es ja wohl noch ein paar Welten Abstand. Dass sie nach dieser Tat nur sterben konnte, war dann ebenfalls Malen nach Zahlen.

Genau genommen wäre es sogar überraschend gewesen, wenn sie nicht gestorben wäre. Wenn Westeros von der weisen und gütigen Königin Daenerys beherrscht worden wäre, nachdem sie in dunklen Zeiten das Land von ihren Feinden befreit hat. Ähnlich hätte es die Geschichtsschreibung für Cersei festhalten können, wenn sie wider allen Erwartens im letzten Moment eine richtige Entscheidung getroffen hätte, sich geändert hätte, sich mit John Snow gegen Daenerys verbündet hätte oder etwas in der Art. Jeder hat darauf gewettet, wer nun Cersei am Ende töten wird (ich hatte auf Jaime getippt, auch wieder eine Enttäuschung). Überraschend wäre es gewesen, wenn sie eben nicht gestorben wäre. Aus unserer Sicht war sie relativ irre. Aber als Politikerin gesehen hat sie das Spiel doch meisterhaft mitgespielt. Natürlich hat sie sich an dem Krieg gegen den Night King nicht beteiligt. Im Fall des Falles hätte sie sich ihm im Neck gegenübergestellt, wo eine Verteidigung der südlichen Länder am meisten Sinn macht. Der Bevölkerung hat sie in der Red Keep Schutz geboten. Aus Sicht der einfachen Leute war sie vielleicht nicht mal so schlecht und hätte das alles noch irgendwie retten können. Dafür hätte sie aber handeln müssen, anstatt eine ganze Staffel lang nur aus dem Fenster zu starren!

Arya und John

Und John Snow? Was wir da gesehen haben, war auch einfach lächerlich. Er geht also in eine Schlacht, theoretisch als deren Anführer. Aber offenbar kämpfen hier drei Heere nebeneinander (Nordleute, Dothraki und Unsullied), ohne eine klare Kommandokette oder auch nur Kommunikationslinien zu etablieren. Am Ende stolpert John Snow einfach durch die Gegend, ohne mehr als die drei Männer direkt neben ihm zu befehligen. Er macht einen halbherzigen Versuch, die Kriegsverbrechen der Unsullied zu stoppen, aber gibt das direkt wieder auf. Das wäre der Moment gewesen, wo er hätte über sich hinauswachsen und zum Anführer werden können. Davon war leider nichts zu sehen. Der Tod von Daenerys war dann wie gesagt absolut folgerichtig, aber leider nicht überraschend. Ok, spannend war es trotzdem, denn nachdem die Serie beide Charaktere gerade dermaßen beschädigt hatte, war ja tatsächlich die Frage, ob die Autoren diesen Schritt gehen würden oder nicht. Man hätte ja auch wieder Arya aus den Schatten hervortreten lassen können. So wie es am Ende gelaufen ist, ist es zumindest halbwegs zufriedenstellend, aber eben nicht gewagt und auch nicht überraschend.

Und was ich eben meinte bzgl. einem fehlenden Bogen zum Anfang der Geschichte: Haben wir nicht irgendwann erfahren, dass die Children of the Forest die White Walker erst erschaffen haben, als Mittel im Kampf gegen die menschlichen Invasoren? Ein passendes Ende wäre es dann doch gewesen, wenn sich die letzte Staffel darum gedreht hätte, wie man die Children dazu bekommt, das wieder aufzuräumen. Meinetwegen, indem Bran sie in der Vergangenheit dazu bringt, eine Lösung vorzubereiten. Dann hätten wir den Bogen zur ersten Staffel insofern, als Brans „Unfall“ und seine lange Reise zum Three-Eyed Raven das Finale so erst möglich gemacht hätte.

Man hätte das Ende auch mehr an den Stark-Kindern aufhängen können, dass nur deren Stärke und Zusammenhalt den Sieg ermöglichten. Ein bisschen war das ja auch so, aber nicht wirklich deutlich. Sansa war am Ende gar nicht beteiligt, Bran war nur ein Köder, Aryas völlig unglaubwürdigen Angriff auf den Night King hätte auch jeder andere ausführen können (wenn sie sich ihm im Gewand eines White Walkers genähert hätte, tja dann…) und John Snows einzig sinnvolle Handlung war eben der Dolch für Daenerys. Ich hätte mir jetzt eher vorgestellt, dass die vier überlebenden Starks jeder mit seinem Wolf an seiner Seite am Ende die Entscheidung bringen. Tja, ok, es leben nur noch zwei der Wölfe, von denen wir nur einen gesehen haben, und das komplett lieblos nebenbei. Aber das wäre doch ein nettes Bild fürs Finale gewesen, das hätte einen Bogen zum Anfang der Serie geschlagen.

Ich könnte noch eine Weile so weiter machen. Die Serie ist nun jedenfalls vorbei, und ich bin ganz ehrlich nicht sicher, ob ich jemals Lust haben werde, mich hinzusetzen und sie noch mal komplett zu schauen. Vielleicht bleibt am Ende davon nur ein großartiger Soundtrack übrig und ein paar T-Shirts. Spaß gemacht hat es auf jeden Fall, die Serie als Event zu schauen, zusammen mit allen anderen. Im letzten Jahrzehnt war das im SF-Fandom „Galactica“, in diesem Jahrzehnt war es „Game of Thrones“. In dieser Hinsicht wird sie sicher allen in guter Erinnerung bleiben, und in zwei, drei Jahren reden wir vielleicht alle über eine neue Serie.

Hier noch ein paar Lesetipps:

P.S.: Wieso wurde das Finale nicht im Kino gezeigt? Ich kann mir ein Ladybug-Special im Kino anschauen, aber das Finale von „Game of Thrones“ muss ich auf dem Laptop schauen?!

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)