Star Trek: Discovery 1.03: Context Is for Kings

Review zur „Star Trek: Discovery“-Episode 1.03 „Context Is for Kings“
← Episode 1.02   |   Übersicht Staffel 1   |   Episode 1.04 →

SPOILER: Die Review geht ins Detail und verrät auch das Ende der Episode. Es können auch Spoiler für spätere Episoden der ersten Staffel enthalten sein.

Context Is for KingsDie Episode beginnt sechs Monate nach der ersten Doppelfolge und bringt uns nun endlich zum titelgebenden Raumschiff, der USS Discovery. Wir treffen Michael Burnham auf einem Gefangenentransport, der aus irgendeinem Grund mit einem Shuttle durchgeführt wird. Warum werden vier Gefangene von einem Gefängnis zum anderen per Warpshuttle befördert? Woher kommt diese merkwürdige Spezies, die sich von Elektrizität ernährt und das Shuttle befällt? Wieso ist nur ein Pilot an Bord und wieso schafft sie es, ihre Sicherheitsleine zu lösen und ins All abzutreiben? Nichts davon wird erklärt, wir sollen es einfach hinnehmen. Wie schon in der ersten Doppelfolge konstruieren die Autoren Szenen nach dem „wäre es nicht cool wenn…“-Prinzip, um bestimmte Dinge zu zeigen, kümmern sich dabei aber nicht darum, ob das irgendeinen Sinn ergibt. Hier sollen wir uns also über Burnhams stoische Art im Angesicht vermeintlich tödlicher Gefahr wundern. Und dann sehen wir zum ersten Mal die USS Discovery, welche dem Shuttle zu Hilfe kommt. Mit dem Wissen aus späteren Episoden: Lorca hatte Burnham angefordert, hatte also ja vermutlich ein Rendezvous mit dem Shuttle vereinbart. Der Kurs des Shuttles wurde geändert, erzählt Burnham später. Wieso also noch so eine sinnlose Minikrise einbauen? Von Lorca geplant war das ja wohl nicht, hätte ihm ja auch nichts gebracht.

Das Schiff selber sieht klobig aus, es fehlen an vielen Stellen Rundungen. Es sieht auch älter aus als die Constitution-Schiffe. Die Lücke in der Untertassen-Sektion fand ich aber schon beim ersten Blick darauf schwer zu erklären. Wieso um Himmels Willen würde man diesen Teil des Schiffes absichtlich strukturell schwächen und die Crew zu Umwegen zwingen auf dem Weg von A nach B? Das macht keinen Sinn. Merkwürdig ist auch die Registriernummer NCC-1031. Die Enterprise NCC-1701 ist an diesem Punkt immerhin schon 11 Jahre alt, manche Constitution-Schiffe sind vermutlich noch älter. NCC-1031 deutet darauf hin, dass die Discovery noch deutlich älter ist, selbst die als veraltet beschriebene USS Shenzou hat eine höhere Nummer (NCC-1227). Allerdings wird das Schiff uns direkt in der ersten Szene nach dem Vorspann als „brandneu“ vorgestellt. Man kann sich dazu sicher eine Geschichte ausdenken, vom experimentellen und Jahrzehnte im Planungsstadium befindlichen Schiff. Aber könnte man das dann wenigstens onscreen andeuten? Oder alternativ eine vernünftige Registriernummer im 1800er Bereich wählen? Memory Alpha zitiert aus einem Interview mit Bryan Fuller und fasst das so zusammen: „Bryan Fuller chose the Discovery’s registry number, 1031, because he loves Halloween.“ Da fällt einem nichts mehr zu ein!

Mit Commander Landry lernen wir das erste Crewmitglied der Discovery kennen. Burnham wird hier auch zum ersten Mal als „der erste Meuterer der Sternenflotte“ bezeichnet. Burnham trifft in der Messe Lieutenant Detmer wieder. Wieso die Gefangenen Essen in der Offiziersmesse bekommen, wird nicht erklärt. Ich hoffe ja mal nicht, dass man sie dort mehrmals am Tag hinführt anstatt das Essen in die Arrestzelle zu bringen. Uns wird deutlich gemacht, dass niemand etwas mit Burnham zu tun haben will. Das ist leider relativ plakativ umgesetzt. Burnham ist an diesem Punkt als egozentrischer und negativer Charakter etabliert, soll ab jetzt aber irgendwie als Sympathieträger fungieren.

Landry bringt die Gefangene auf die Brücke, weil Captain Lorca sie sprechen möchte. Dabei treffen wir Saru wieder, der Erster Offizier der Discovery ist. Jason Isaacs als Lorca legt einen tollen ersten Auftritt hin. Er hat einfach Charisma und spielt die Rolle super! Wenn man das Ende der Staffel schon kennt, sind die Anzeichen in dieser Szene wirklich deutlich („I‘ll use whatever I can to achieve my mission. […] To win the war. To send everyone home.“). Zur Story um Lorca schreibe ich bei späteren Episoden etwas. Jedenfalls wird Burnham hier zum Dienst eingeteilt. Sie ist nicht dumm und erkennt, dass Lorca sie angefordert hat. Was der Stunt mit den „lightning bugs“ am Shuttle soll, erklärt die Szene aber auch nicht.

Burnham bekommt ein Quartier zugewiesen und einen Job. Wir lernen Kadett Tilly kennen, die sich die Kabine mit Burnham teilen wird. Die Szene gibt sich gro0e Mühe, Tilly als sympathische Chatterbox und Burnham als stoisch und unnahbar zu charakterisieren. Das ist leider schon ein bisschen platt, denn wenn man schon mal ein, zwei Stunden einer US-Serie geschaut hat, weiß man, dass die beiden beste Freunde werden.

Anachromismus: Die Kabine ist gigantisch und mit Fenstern. In TNG haben wir gesehen, wie rangniedrigere Offiziere an Bord eines Galaxy-Schiffes untergebracht sind, und auf der Constitution-Enterprise hatte nicht mal Kirks winzige Captains-Kabine ein Fenster. Schwer zu erklären, wieso Tilly und Burnham es an Bord der viel kleineren Discovery so bequem haben.

Nett ist dagegen der Running Gag, dass Tilly fest überzeugt ist, eines Tages Captain zu werden. Ich nehme an, das sehen wir am Ende der Serie noch.

Kurz ein Wort zu Burnhams Position auf dem Schiff: Die Autoren wollten absichtlich dieses Mal die Geschichte nicht aus der Sicht des Captains erzählen. Dass der Hauptcharakter ein Offizier untergeordneten Ranges ist, ist auch durchaus mal eine Abwechslung, mit der ich kein Problem habe. Natürlich gehört Burnham ehe man es sich versieht zur Führungsriege des Schiffes und ist in alle Entscheidungen mit involviert. In dieser Hinsicht hat man das Konzept leider nicht durchgezogen und kann das eigentlich auch nicht durchziehen. Eine Episode wie „Lower Decks“ bei TNG kann man mal machen, aber es taugt nicht wirklich als Basis einer Serie. Tilly soll uns die Perspektive eines Crewmitglieds am Anfang seiner Karriere näher bringen. Leider mutiert sie extrem schnell zu einem Wunderkind á la Wesley Crusher, und ehe man es sich versieht, kann sie als Kadett an Bord tun und lassen was sie will. Wenn man dieses Konzept wirklich hätte durchziehen wollen, dann müsste sich Captain Lorca auch mal mit den anderen Offizieren beraten, ohne dass Burnham und Tilly eingeladen sind.

USS Discovery

Burnham erlebt ihren ersten „Black Alert“, und wir als Zuschauer dürfen nun rätseln, was es damit auf sich hat. Es folgt ein gut umgesetztes Gespräch zwischen Burnham und Saru. Hier wird schon deutlich, was für ein gelungener Charakter Saru ist. Auch die Beziehung der beiden ist gelungen, denn Saru macht deutlich, dass er im Gegensatz zu Lorca Angst vor dem hat, was Burnham auf der Discovery anstellen wird.

Wir lernen mit Lieutenant Stamets den Chefingenieur des Schiffes kennen (Oder? In späteren Episoden wird erwähnt, dass er nicht der Chefingenineur ist.). Es dauert etwas, die Crew kennenzulernen, aber diese Episode fühlt sich viel mehr wie ein Pilotfilm an als der Pilotfilm. Wir erfahren hier auch, dass Lorca Stamets an etwas Experimentellem arbeiten lässt. Der Maschinenraum sieht übrigens nett aus und erinnert sehr an den Maschienenraum der alten Enterprise. Jetzt wird es mal wieder Zeit für einen WTF-Moment: „Submit breath for entry“??? Das ist das lächerlichste Zugangskriterium, von dem ich je gehört habe, und Burnham knackt es auch prompt. Das hätte nicht sein müssen. Ok, Stamets hält sich also ein Gewächshaus.

Die nächsten Szenen etablieren einen Konflikt zwischen Stamets und Lorca. Letzterer tut alles für seine Ziele, während Stamets mehr an der Wissenschaft als am Krieg interessiert ist. Das Schwesterschiff der Discovery, die USS Glenn, hatte nahe des klingonischen Raumes eine katastrophale Fehlfunktion. Man stellt ein Außenteam zusammen und fliegt es dann mit einem Warp-Shuttle dorthin. Wieso so einen langsamen und gefährlichen Weg wählen? Das wird nicht erklärt. Wieso wird auf eine potentiell gefährliche Mission eine Kadettin ohne jegliche Erfahrung mit Außeneinsätzen mitgenommen? Wird auch nicht erklärt. Die echten Offiziere in Stamets Team finden das aber sicher toll, dass sie nie etwas zu tun bekommen.

Jetzt kommt leider eine Komponente ins Spiel, auf die ich gut hätte verzichten können. Stamets hält einen langen Monolog darüber, dass Biologie und Physik auf dem Quantenlevel das gleiche sind. Technobabble, Technobabble, das ganze Universum ist von einem Netzwerk von Pilzsporen durchzogen. WTF!? „Astromycologist“. Das hätte wirklich nicht sein müssen. Wenn da etwas dran wäre, hätten wir davon innerhalb von Classic, TNG, DS9 oder Voyager mal etwas gehört. Wenn man über dieses „mycelial network“ mit einem Schiff reisen könnte, hätte die Sternenflotte mit 100 Jahren mehr Forschung daran ja wohl einen Weg gefunden, die Voyager nach zwei Wochen nach Hause zu holen. Haben sie aber nicht. Wieso führt man also etwas so Grundlegendes ein, wenn es unabdingbar ist, es später wieder aus der Geschichte zu schreiben?

Es folgen ein paar gruselige Szenen an Bord der USS Glenn. Wir sehen tote Klingonen, wir sehen auch furchtbar entstellte Leichen der Crew und lernen damit, wohin Stamets Experimente führen können. Was wir nicht erfahren: Wenn die Klingonen ein im All treibendes Sternenflotten-Schiff gefunden haben und eine Entercrew rübergeschickt haben, die dann alle von dem Monster an Bord getötet wurden – was ist dann an Bord des klingonischen Schiffes passiert? Haben sie einfach gesagt „Ja, dann halt nicht“ und sind nach Hause geflogen? Sie haben es nicht erneut probiert, mit größeren Energiewaffen? Sie haben die Glenn nicht per Traktorstrahl mitgenommen? Oder vernichtet? Wo ist das Schiff hin? Die Crew der Discovery macht sich darüber nicht mal Gedanken, jedenfalls nicht soweit wir als Zuschauer das mitbekommen. Die toten Klingonen dienen offenbar mal wieder nur der Dekoration der Szenerie, unabhängig davon, ob das einen Sinn ergibt oder nicht.

Die Szenen an Bord der Glenn sind ansonsten gut umgesetzt und spannend. Anschließend bekommt Burnham eine dauerhafte Stelle an Bord der Discovery angeboten. Das wird niemanden überraschen, ist während eines Krieges mit den Klingonen aber zumindest glaubwürdig. Die folgende Szene zwischen Lorca und Burnham etabliert die Dynamik dieser beiden Charaktere recht anschaulich, insbesondere auch dass Lorca mit den Regeln der Sternenflotte nicht viel am Hut hat. Sonequa Martin-Green spielt Burnham übrigens gut, aber sie kann eben nur damit arbeiten, was die Autoren ihr geben. „It is by the principles of the United Federation of Planets that I live“ sagt hier die Frau, die gerade vor 6 Monaten dachte, es wäre eine gute Idee, ihren Captain anzugreifen und ohne Provokation auf ein fremdes Schiff zu feuern. An solchen Stellen zerbricht der Charakter einfach! Burnham wird in den folgenden Episoden als verantwortungsvoller und genialer Offizier geschildert, gleichzeitig hängt man ihr aber diese unglaubwürdige Meuterei-Geschichte an. Das passt einfach hinten und vorne nicht zusammen und sorgt bei mir dafür, dass ich diesen Charakter nicht ernst nehmen kann. Es wäre tatsächlich eine bessere Serie, wenn man den Charakter Burnham ersatzlos gestrichen und alles aus Sicht von Commander Saru erzählt hätte.

„An organic propulsion system“. Meine Güte, die Story um den revolutionären neuen Antrieb hat sooo einen Bart! Der Transwarp-Antrieb hat nicht funktioniert, Kosinskis Warp-Modifikationen haben nicht funktioniert etc. Das ist ein ganz böses Klischee, denn natürlich wird man von diesem Antrieb nie wieder etwas hören. Sollte man meinen, denn wir haben ihn in 100 Jahren Star Trek, die sich anschließen, nie wieder erwähnt gesehen. Leider entschließt sich die Serie, daraus einen Hauptbaustein der Geschichte zu machen, und es ist den Autoren einfach egal, ob das zum Rest von „Star Trek“ passt oder nicht.

Burnham war laut Tilly einer der „most highly regarded first officers in Starfleet“. Ist das so? Wieso diente sie dann auf einem veralteten Schiff wie der Shenzou? Nichts, was wir bisher über Burnham wissen, deutet darauf hin, dass Burnham vor ihrer Meuterei schon irgendwie herausragend war. Im Gegenteil, dass Captain Georgiou sie für ein Kommando vorschlagen wollte, nach gerade einmal sieben Dienstjahren, kam mir schon in der ersten Folge weit hergeholt vor.

Die Beziehung zwischen Tilly und Burnham wird noch mal etwas vertieft. Burnhams Liebe zu „Alice im Wunderland“, welches Amanda ihr als Kind vorlas, ist nett ausgedacht und wird auch später noch erwähnt. Dies ist auch offenbar eine Referenz auf die alte Zeichentrickserie, in der erwähnt wurde, dass Amanda dieses Buch Spock vorlas. Am Ende erfahren wir noch, dass Lorca das Monster von der Glenn beamen ließ, ehe er das manövrierunfähige Schiff zerstören lässt.

Alles in allem eine spannende Episode, die einen viel besseren Einstieg in die Serie bietet als die tatsächlichen ersten beiden Episoden. Von der Crew der Discovery haben wir nun immerhin fünf Mitglieder kennengelernt, auch wenn wir keine Ahnung haben, wer der Navigator ist, der Arzt oder der Kommunikationsoffizier. Leider beginnt diese Episode auch den ganzen Unfug mit dem Mycelial Network, mit dem ich mich nicht wirklich anfreunden kann. Man kann so etwas machen, aber dieses Netzwerk müsste zwangsläufig am Ende der Staffel zerstört werden, um zu erklären, wieso es später nie wieder eine Rolle spielt. In Prequels Sachen einzuführen, von denen der Zuschauer weiß, dass sie weg müssen, weil sie zu den folgenden Geschichten nicht passen, ist meiner Meinung nach schlechter Stil. Noch schlechter ist dann nur, die Sachen eben nicht zu entsorgen.

Anmerkungen

  • Im Gespräche von Stamets und Straal wird der Zee-Magnees-Preis erwähnt. Den hatte schon Dr. Richard Daystrom gewonnen, wie wir in der Classic-Folge „The Ultimate Computer“ erfahren haben. Das ist in der Föderation wohl mit unserem Nobelpreis vergleichbar.
  • In der Szene, in der Lorca Burnham den Effekt der Sporen demonstriert, sehen wir Bilder verschiedener Planeten, welche Lorca so kommentiert: „Ilari, die Monde von Andoria, Romulus“. Ilari stammt aus einer Voyager-Episode und liegt im Delta-Quadranten. Gibt es im Alpha-Quadranten einen anderen Planeten mit gleichem Namen? Über Romulus ist zu dieser Zeit der Sternenflotte absolut nichts bekannt, nicht einmal wie die Romulaner aussehen. Es ist aber auch unklar, ob Lorca sieht, was Burnham sieht, oder ob er nur wahllos Planeten aufzählt.
  • Während der Computer der USS Shenzou von Tasia Valenza gesprochen wurde, wird der Computer der USS Discovery von Julianne Grossman gesprochen.

Links

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)