Star Trek: Discovery 1.01: The Vulcan Hello

Review zur „Star Trek: Discovery“-Episode 1.01 „The Vulcan Hello“
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SPOILER: Die Review geht ins Detail und verrät auch das Ende der Episode. Es können auch Spoiler für spätere Episoden der ersten Staffel enthalten sein.

The Vulcan HelloDie Episode beginnt mit der Ansprache eines Klingonen an seine Anhänger. Dann wechselt die Szenerie zu einem namenlosen Planeten, auf dem Captain Philippa Georgiou und Erster Offizier Michael Burnham zu Fuß herum laufen, um für die Einwohner einen Brunnen zu öffnen, damit diese eine Dürre überleben können. In dieser Szene fing bei mir das Grübeln bereits an. Wieso laufen Captain und Erster Offizier hier zu Fuß herum? Wieso kein Shuttle? Wieso nicht der Erste Offizier und sonst jemand, der gerade Zeit hat und einen Phaserbohrer tragen kann? Wieso kann die USS Shenzou in die Atmosphäre des Planeten eindringen? Wir haben das bei der Constellation-Enterprise meines Wissens nach einmal gesehen, aber nicht eine Beinahe-Landung. Und wieso mischt sich die Crew hier überhaupt in eine Prä-Warp-Zivilisation ein? Woher wissen sie überhaupt davon? Die Episode erklärt nichts davon. Die Szene soll auch nur die beiden Charaktere einführen, weswegen es den Autoren erkennbar egal ist, ob der Rest der Szene einen Sinn ergibt oder nicht.

Um auch mal was Positives zu sagen: Der Vorspann ist toll! Er erinnert auf positive Weise an die bisherigen Star-Trek-Serien, hat aber einen eigenen Stil und eine schöne Musik. Toll auch, dass man sich dafür Zeit nimmt, wo ja gerade viele andere Serien den Vorspann aufs nötigste zusammenkürzen oder quasi ganz weglassen.

Nach dem Vorspann springen wir zur eigentlichen Handlung der Episode. Die Autoren leisten sich hier nun einen ganz besonderen Stunt. Um klar zu machen, dass die Serie sich nicht um die USS Discovery dreht, sondern um den Charakter Michael Burnham, spielen die ersten zwei Episoden nicht auf der Discovery, sondern auf der USS Shenzou. Was „Star Trek: Deep Space Nine“ vor dem Vorspann erledigt hat, nämlich den Background der Hauptfigur einzuführen, wird hier auf zwei Episoden gestreckt! Das kann man natürlich machen, es geht aber stark zu Lasten der anderen Charaktere. Das und andere Entwicklungen später führen dazu, dass man bei jeder Brückenszene auf der Discovery sich fragt, wer die Leute alle sind. Auch am Ende von Staffel 1 haben wir bei der Hälfte von ihnen keine Ahnung.

Ok, die Shenzou. Wir sind zehn Jahre vor der Classic-Serie. Der Spagat zwischen dem nahtlosen Anschluss an die Original-Serie und der aus heutiger Sicht hoffnungslos veralteten Technik ist riesig. Das war schon bei „Star Trek: Enterprise“ ein Problem, aber zumindest lagen dort 100 Jahre dazwischen. Man hat alles etwas manueller, technischer aussehen lassen und damit für die 2150ger eigentlich einen ganz guten Weg gefunden. Nun befinden wir uns aber in der Zeit zwischen „The Cage“ und der Classic-Serie. Wir haben die Sternenflotten-Uniformen aus dem Jahr 2254 gesehen, die Crews der Shenzou und der Discovery tragen sie aber nicht. Man hat sich etwas Neues ausgedacht. Das Schiff und die Uniformen sehen zweifellos gut aus, aber es passt eben nicht zur etablierten Serie.

Wir lernen hier nun Lieutenant Saru kennen, den Wissenschaftsoffizier der Shenzou. Er wird uns als erster Kelpien in der Sternenflotte vorgestellt. Prinzipiell bin ich kein Fan davon, sich ständig neue Völker auszudenken. Die Hauptvölker der Föderation sind die Menschen, Vulkanier, Andorianer und Tellariten, aber von den letzten drei sieht man nie welche auf Sternenflotten-Schiffen dienen. Auf der Brücke der Discovery stehen auch wieder Aliens, von denen wir nie zuvor (und nie danach) gehört haben. Aber was Lt. Saru betrifft muss ich sagen, dass dieser als Charakter wirklich gut ausgedacht ist. Es hilft natürlich, dass Doug Jones ihn exzellent spielt.

Hier sollen uns nun in erster Linie Captain Georgiou, Michael Burnham und Saru vorgestellt werden. Eine asiatische Schauspielerin in der Rolle des Captains ist mal wieder ein Meilenstein, fürchte ich. Michelle Yeoh spielt sie auch gut, obwohl mich der Akzent etwas stört. Wieso sollte sie im 23. Jahrhundert einen hörbaren Akzent haben? Zu Saru habe ich ja schon etwas gesagt. Die folgende Szene mit Burnhams Erkundungsflug bringt uns nun den eigentlichen Hauptcharakter näher. Aus Technobabble-Gründen fliegt sie also mit einem Anzug zu einem unbekannten Objekt, das man anders nicht beobachten kann. Die Erklärung ist offensichtlich Schwachsinn. Wenn Burnham da in einem Anzug hinfliegen kann, dann kann man auch eine Drohne hinschicken oder den Anzug ohne Burnham. Dass man in „Star Trek“ nie Drohnen sieht, ist der eine Punkt, der noch nie Sinn gemacht hat, und im heutigen Zeitalter erst recht nicht. Mit dieser dämlichen Tradition hätte man gerne mal brechen können.

Ich weiß nicht, ob es so gedacht ist von den Autoren, aber wir sehen hier nun Burnham zum ersten Mal ohne Not einen Befehl verweigern. Ihr Auftrag lautete „Vorbeiflug“, aber sie landet. Dann trifft sie einen Klingonen im Raumanzug, und anstatt sich sofort zurückzuziehen, lässt sie sich in einen Kampf verwickeln und tötet ihn aus Versehen. Bravo, das muss man erst mal hinkriegen. Die Episode erklärt aber leider nicht, was sie sich dabei gedacht hat, und auch Captain Georgiou scheint damit kein Problem zu haben.

Nebenbei bemerkt: Ich komme nicht wirklich darüber hinweg, dass der Charakter „Michael“ heißt. An verschiedenen Stellen wird auch innerhalb der Episode angemerkt, dass die anderen Charaktere keine Frauen namens „Michael“ kennen, und wir haben das ja auch in keiner der Star-Trek-Serien bisher schon mal erlebt. Was soll das also? Wieso gibt man dem Hauptcharakter einen Männernamen, wohlwissend dass jeder einzelne Zuschauer darüber stolpern wird, sich wundern wird? Ich kann mir keinen sinnvollen Grund dafür vorstellen, und für mich ist das mit einer der Gründe, wieso ich mit Burnham nicht warm werde. In Wirklichkeit ist das wohl eine Marotte von Bryan Fuller, der das schon an anderen Serien so gemacht hat, aber da er ja vor Beginn der Dreharbeiten die Serie verließ, hätte man das problemlos ändern können.

T'Kuvma

Wir sehen nun erneut eine Szene bei den Klingonen, in einer Art Weltraum-Kloster (später als Sarkophagschiff oder „Ship of the Dead“ bezeichnet, da die Hülle mit Särgen gefallener Krieger bedeckt ist). Für mich wurde zumindest nicht ganz klar, dass es sich dabei nicht um das Objekt handelt, auf dem Burnham gelandet ist. Der Anführer der Klingonen, T‘Kuvma, möchte die 24 Häuser der Klingonen vereinigen und wieder zu alter Stärke führen. Beim ersten Schauen hat mich das neue Design der Klingonen extrem gestört. Ich mochte bei TNG Lieutenant Worf mit am liebsten und sehe deswegen nicht ganz ein, wieso man diese etablierten Masken nun schon wieder komplett neu designen muss. Also, wenn man sich in irgendeiner Weise für die anderen Star-Trek-Serien interessieren würde, meine ich. Wenn man eine neue, eigene Geschichte erzählt (wie z.B. „Battlestar Galactica“) kann man natürlich tun und lassen, was man möchte, aber das will „Discovery“ ja angeblich nicht tun. Nun, es passt nicht, aber ist recht effektiv in der Andersartigkeit der Klingonen. Sie haben nun alle stärkere Masken, welche z.B auch ihre Ohren modifizieren, und keine Haare mehr, was bisher immer ein recht hervorstechendes Merkmal der Klingonen war. Sie sprechen auch durchgehend Klingonisch mit Untertiteln, erst in späteren Episoden reden einige von ihnen auch Englisch.

Wir sind zurück auf der Shenzou, mit Zeit für einen weiteren WTF-Moment. In einem Flashback erfahren wir, dass Michael Burnham auf Vulkan aufgewachsen ist, nachdem ihre Eltern auf einem menschlichen Außenposten von Klingonen getötet wurden. Aber sie wuchs nicht irgendwo auf Vulkan auf, sondern bei Sarek zu Hause. Yep, sie ist die Adoptiv-Schwester von Spock. Das wäre ein guter Moment gewesen, die Serie auszuschalten. Spock ist vielleicht der über die Jahrzehnte am besten erforschte Charakter des kompletten „Star Trek“-Universums. Wieso sollte man ihm retroaktiv nach über fünfzig Jahren eine Schwester hinzudichten? Natürlich kann man das machen (und Star Trek V hat ja genau das auch schon getan, nicht sehr erfolgreich, aber weniger dämlich), aber dann sollte man schon einen verdammt guten Grund dafür haben. Spoiler: „Discovery“ hat ihn nicht, es ist nur ein Gimmick, um Burnham spannender zu machen. Eine Beziehung zu irgendeinem anderen Vulkanier hat für die Autoren offenbar nicht gereicht. Mir ist auch nicht klar, was Sarek mit diesem menschlichen Kind zu tun hat, wieso Michael keine anderen Verwandten hat etc.

Burnham stolpert nun von der Krankenstation direkt auf die Brücke und informiert die Crew, dass sie einen Klingonen gesehen hat. Ihre Anzug-Aufnahmen waren passenderweise nicht auswertbar, so dass die Crew noch nichts von ihrem Glück weiß. Offensichtlich blieben die Klingonen seit der Zeit von ENT in ihrem eigenen Raumgebiet. Die Shenzou bringt ein klingonisches Schiff dazu, sich zu enttarnen. Ok, die Klingonen hatten zu der Zeit keine Tarnvorrichtung, was auch den Unglauben der Crew erklärt. Bei den Klingonen lernen wir den Albino Voq kennen, der den Platz des von Burnham getöteten Klingonen als „Fackelträger“ einnimmt. Die Szenen bei den Klingonen sind wie gesagt sehr effektiv im Darstellen der Fremdartigkeit der klingonischen Kultur.

Auf der Shenzou ist es etwas merkwürdig zu sehen, wie jeder außer Burnham mit Bedacht an die Situation herangeht. Saru, Georgiou und der Admiral wollen alle eine Konfrontation vermeiden, während Burnham gerne sofort in den Kampf ziehen möchte. Aus dem Flashback wissen wir ja, dass die Klingonen ihre Eltern getötet haben. Das macht ihre Handlungsweise irgendwie verständlich, wenn auch nicht sympathischer. Burnham holt sich Rat bei Sarek und macht dann den sinnlosen Vorschlag, ohne Provokation auf das klingonische Schiff zu feuern. Ihr Captain findet Burnhams Verhalten verständlicherweise nicht in Ordnung, aber Burnham setzt sie mit einem vulkanischen Nervengriff außer Gefecht. Dann geht sie auf die Brücke und lügt ihre Crew an, um ihren Erstschlag gegen das Schiff der Klingonen zu bekommen. Als Captain Georgiou auf die Brücke kommt und Burnham mit vorgehaltenem Phaser aufhält, geht aus der Szene eigentlich klar hervor, dass sich Burnham hier irrational und kriminell verhält. Wenn man bedenkt, dass die erste Episode, welche sie als Hauptcharakter aufbauen soll, fast vorbei ist, lässt mich das als Zuschauer einfach ratlos zurück.

Anmerkungen

  • Seit 1966 hatte Majel Barrett-Roddenberry alle Sternenflotten-Computer gesprochen, bis zu ihrem Tod 2008. Den Computer der USS Shenzou (und später der ISS Shenzou) spricht nun Tasia Valenza. Sie hatte in der ersten Staffel von TNG in „Coming of Age“ mit T‘Shanik eine der ersten Vulkanier von TNG gespielt (oder die erste?). Den Computer der Discovery spricht leider eine andere Schauspielerin.
  • General Kol hat hier seinen ersten Auftritt als Hologramm. Er gehört verwirrenderweise zum Haus Kor, was sich auf den ersten Klingonen beziehen dürfte, den wir in der Classic-Serie gesehen haben und von dem wir in DS9 erfahren haben, dass er aus einem der großen adeligen Häuser stammt. Wenn 2256 Kol das Haus Kor anführt, dann wurde es wohl nicht nach diesem Kor benannt. Man kann dann nur vermuten, dass vielleicht Kors Großvater auch schon Kor hieß, ähnlich wie es bei Worf der Fall ist.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)