TV-Serie: Carnivàle

Carnivàle„Carnivàle“ ist eine US-Serie von 2003, die es nur auf zwei Staffeln brachte. Ich habe vor Jahren beim Zusammenstellen der News für das Highlander-Magazin davon gehört, da Clancy Brown (bekannt als Kurgan aus Highlander I) eine der Hauptrollen spielt. Das Konzept klang interessant, aber auch etwas nebulös, so dass ich mir die Serie nicht gleich kaufen wollte. Über LoveFilm.com habe ich mir die DVDs der ersten Staffel einfach mal ausgeliehen.

„Carnivàle“ spielt 1934 im Amerika der großen Depression. Der entflohene Gefangene Ben Hawkins findet Unterschlupf bei einem Wanderzirkus, der durch den von Sandstürmen geplagten Süden des Landes zieht. Der Zirkus ist Heimat für eine Vielzahl absonderlicher Gestalten, doch auch Ben hat ein Geheimnis: Er kann Kraft seines Geistes Verletzungen heilen. Schon bald wird offensichtlich, dass der Zirkus mit seiner Vergangenheit verknüpft ist und dass die Visionen, die ihn jede Nacht heimsuchen, eine tiefere Bedeutung haben. Parallel zur Geschichte von Ben und unabhängig davon wird die Geschichte des kalifornischen Kleinstadt-Priesters Bruder Justin erzählt. Auch Justin hat Visionen, er leitet daraus jedoch einen Auftrag Gottes ab. Und genau wie Ben hat auch er übernatürliche Talente…

Die Story von „Carnivàle“ ist gar nicht so leicht zu erzählen. Die Handlung ist in der ersten Staffel tatsächlich komplett zweigeteilt zwischen Bruder Justin und dem Zirkus, ohne dass es eine Erklärung gäbe, wie die beiden Geschichten zusammenhängen. Man liest über die Serie, dass wohl Justin und Ben die Anführer in einem großen Kampf Gut gegen Böse werden sollen, und das würde ja auch gut passen. Ich kann allerdings nicht sagen, dass man das aus der ersten Staffel schon ableiten könnte. Ja, die Serie ist wirklich sehr mysteriös aufgebaut. Das ist aber durchaus auch mal spannend, eine Geschichte nicht in mundgerechten Häppchen gereicht zu kriegen, sondern sie sich nach und nach zusammenbauen zu müssen. So ziemlich alle Charaktere sind dabei moralisch sehr ambivalent gezeichnet, fast alle haben etwas zu verbergen und ich könnte jetzt so auf Anhieb nicht mit Sicherheit sagen, ob der Zirkus oder Justins Kirche auf der Seite des Guten stehen sollen.

Ein guter Teil der Episoden beschäftigt sich mit dem Zirkus und dessen rauen Alltagsleben. Wir lernen eine Menge Charaktere kennen, manche sympathisch, andere wieder gar nicht. Die Serie nimmt es sich dabei heraus, eine außergewöhnliche Langsamkeit an den Tag zu legen. Ehrlich, ich war von der Pilotfolge wirklich beeindruckt, weil man eine so langsame Erzählweise einfach nicht mehr gewohnt ist. „Carnivàle“ ist kein „24″, das am besten noch zwei Handlungen parallel im Split-Screen erzählt. Die Serie versucht dagegen, den Stil und auch das Tempo der damaligen Zeit einzufangen, was ihr exzellent gelingt (sage ich mal so ohne ein Zeitzeuge zu sein *g*). Das zieht sich auch durch alle technischen Kategorien: Kamera, Sets, Kostüme, Locations – alles perfekt darauf abgestimmt, eine düstere, desolate Atmosphäre zu erzeugen. Und das durchaus auch mit Aufwand, erst in den Extras sieht man z.B., was alles mit CGI umgesetzt wurde (eine Menge Background, wo das normale Kalifornien öfters durch ein digitales New Mexico ersetzt wurde).

Schauspielerisch ist „Carnivàle“ sehr gut besetzt. Nick Stahl verkörpert Ben Hawkins, während Clancy Brown den Priester spielt. Zu meinen Favoriten vom restlichen Cast gehören Michael J. Anderson als der kleinwüchsige Samson, Clea DuVal als Tarotkarten-Legerin Sofie, welche mit ihrer katatonischen Mutter telepathisch kommuniziert, und Patrick Bauchau als Professor Lodz. Alle diese Charaktere sind in gewisser Weise wortkarg, die Serie setzt nicht auf große Dialoge. Viele der eindrucksvollsten Szenen kommen fast ohne aus und leben statt dessen von langen, ruhigen Kameraeinstellungen.

Ben Hawkins

„Carnivàle“ ist ungewöhnlich, anders, mysteriös. Das ist auf der einen Seite toll und spannend, hat aber auch seine Probleme: Man hat sich nach einer Weile an der reinen Atmosphäre satt gesehen und dann müssen die Episoden von den Geschichten und den Charakteren getragen werden. Da wir quasi keine Erklärungen für das Geschehen bekommen, fängt das Ganze an, sich etwas zu ziehen nach ein paar Episoden, denn nicht alle Charaktere wissen in ihrer Dysfunktionalität wirklich zu begeistern. Das Staffelende war dann wieder spannend, aber dazwischen gab es wirklich ein paar Durchhänger. Das soll aber nicht heißen, dass es sich nicht lohnen würde, sich auf diesen Erzählstil auch mal einzulassen.

Lohnt sich die Serie als Gesamtwerk? Ich bin ehrlich nicht sicher. Zu den Produzenten zählt Ronald D. Moore, der u.a. an „Star Trek DS9″ und „Battlestar Galactica“ gearbeitet hat. Basierend auf diesen beiden Serie würde ich sagen, ist Ron Moore genial im Aufbauen einer Serie, driftet dann aber sehr schnell in religiösen Unfug ab. Diese Serie basiert nun komplett auf religiösem Unfug (wie es scheint), also bin ich nicht sicher, ob man auf ein brauchbares Ende hoffen kann. Ich weiß aber sowieso nicht, unter welchen Bedingungen die Serie eingestellt wurde und ob die Autoren genug Vorwarnung hatten, sie zu einem Abschluss zu bringen. Ich denke, Staffel 2 werde ich mir bei Gelegenheit schon noch anschauen, aber ganz nach oben auf meine Liste kommt sie nicht.

Veröffentlicht unter Serien

2 Gedanken zu „TV-Serie: Carnivàle

  1. Hallo JR!

    Sag‘ mal: Kommt denn Professor Lodz oft vor? Bin ja ein großer Fan von Patrick Bauchau, allein deswegen würde ich eine Serie schauen.

    Neugierige Grüße,
    Kaineus.

  2. Musste beim Schauen auch an Dich denken, wenn Patrick Bauchau zu sehen war. 😉 Er kommt schon in den meisten Episoden der ersten Staffel vor, allerdings ist er kein Hauptcharakter. Der Cast im Zirkusteil der Episoden ist relativ groß, so dass man viele der Leute auch nur mal im Hintergrund sitzen sieht oder sie zwei, drei Sätze pro Folge zu sagen haben. So auf Anhieb kann ich mich an zwei, drei Episoden erinnern, wo er mehr zu tun hat und etwas mehr im Vordergrund steht.

    „Carnivàle“ ist schon sehenswert, aber es ist nicht die Art Serie, die man immer wieder schauen würde, denke ich. Bin also nicht sicher, ob sich ein Kauf lohnen würde. Andererseits sind Alternativen in Deutschland ja rar, selbst LoveFilm.de hat die Serie nicht im Angebot. Videothek kann man natürlich probieren, ich bin aber nicht sicher, ob die bei Dir besser sind als die britischen. Ich kann aber mal schauen, ob ich den Pilotfilm mitbringen kann wenn wir vorbeikommen im August. Werde versuchen dran zu denken…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)