Christopher L. Bennett: Star Trek TNG – The Buried Age

Cover The Buried AgeRezension zu „Star Trek TNG: The Buried Age“ von Christopher L. Bennett, Ersterscheinung: 2007 (USA), Pocket Books, 433 Seiten

Inhalt

2355: Die USS Stargazer trifft im unbewohnten Maxia-Zeta-System auf ein fremdes Schiff und wird angegriffen. Binnen Minuten ist das Sternenflottenschiff zum Wrack geschossen, und nur mit einem ungewöhnlichen Manöver kann Captain Jean-Luc Picard das feindliche Schiff zerstören. Nach Wochen in Shuttles und Rettungskapseln wird die Crew der Stargazer gerettet, doch auf Sternenbasis 32 wird Picard für den Verlust des Schiffes der Prozess gemacht.

Drei Jahre später: Das Kriegsgericht hatte Picard freigesprochen, doch er selbst fühlt sich immer noch schuldig und hat der Sternenflotte den Rücken gekehrt. An der Universität von Alpha Centauri widmet er sich der Archäologie und bereitet seine Doktorarbeit vor. Doch eines Tages bekommt er Besuch von Guinan, welche ihn überzeugen will, wieder das Kommando über ein Raumschiff zu übernehmen. Um ihm das schmackhaft zu machen, erzählt sie ihm von Geschichten, die sie auf ihren Reisen gehört hat. Geschichten über eine große Katastrophe vor 250 Millionen Jahren. Und über Objekte, die aus dieser Zeit stammen, verteilt über die Galaxis, unveränderbar, nicht zu öffnen, nicht zu untersuchen, wie eingefroren in der Zeit…

Bewertung

„The Buried Age“ ist in der normalen TNG-Reihe erschienen, doch es gehört inhaltlich mit Fug und Recht zur Lost-Era-Reihe, welche in mehreren Bänden die Zeit zwischen „Generations“ und dem Start von TNG behandelt. Dieses Buch erzählt die Geschichte von Captain Picard zwischen dem Verlust der Stargazer und der Übernahme des Kommandos der Enterprise. Und das ist eine gleichermaßen spannende wie schwierige Aufgabe, denn die Serie hat uns über ihren wichtigsten Charakter in der Beziehung wenig bis gar nichts verraten.

Das Buch beginnt mit der „Schlacht von Maxia Zeta“, welche wir aus verschiedenen TNG-Episoden kennen („The Battle“). Auch die anschließende Kriegsgerichtsverhandlung gegen Picard wurde in TNG thematisiert („Measure of a Man“). Der Autor widmet dieser Zeit vielleicht mehr Seiten als nötig gewesen wäre. Die Spannung hält sich logischerweise in Grenzen, da er keine Überraschungen in eine bekannte Geschichte einbauen kann. Trotzdem ist das als Einleitung des Buches gut zu lesen und bildet zusammen mit dem wesentlich kürzeren Epilog einen Rahmen, der die ganzen fehlenden neun Jahre umschließt.

Neun Jahre liegen zwischen den Ereignissen im Maxia-Zeta-System und der Farpoint-Mission. Und so viel wir immer wieder über Picards Zeit auf der Stargazer gehört haben, so gab es nie auch nur einen Hinweis, was er danach getan hat. Aus dem reinen Fehlen jeglicher Erwähnung kann man lediglich schlussfolgern, dass er nicht Jahre lang das Kommando über ein anderes Schiff hatte. Der Autor sieht das genauso und zeigt uns Picard, wie er während eines unbefristeten Urlaubs sein altes Hobby der Archäologie verfolgt. An der Universität von Alpha Centauri, der ersten menschlichen Kolonie außerhalb des Sol-Systems, studiert und unterrichtet er unter Professor Langford.

Was auch immer ich gleich noch über das Buch schreibe, den ersten Auftritt von Guinan fand ich wirklich witzig, gut gemacht und vor allem völlig logisch. Sie weiß aus ihrer Begegnung im 19. Jahrhundert („Time’s Arrow“) natürlich, dass Picard einmal das Kommando über ein Sternenflottenschiff namens Enterprise haben wird und ist nicht wirklich erfreut, ihn bei der Rückkehr von einer längeren Reise als Quasi-Zivilist wiederzufinden. Ihre Versuche, Picard zur Rückkehr zur Sternenflotte zu bewegen, stoßen jedoch auf taube Ohren und werden zusehends angestrengter, was witzig zu lesen ist. Schließlich erzählt sie ihm die Geschichte von den Stasiskapseln, welche logischerweise nur mit einem Raumschiff weiter untersucht werden können.

Hier beginnt dann das zweite wichtige Thema des Buches neben der Geschichte von Picard: Christopher Bennett wirft einen Blick auf die galaktische Archäologie und auf die tiefe Vergangenheit der Galaxis. In seiner Vorlesung bittet Picard die Studenten, ihm alte Kulturen zu nennen. Da werden die Kalandaner und die Fabrini genannt, welche vor zehntausend Jahren existierten. Bajors kulturelle Blüte lag vor 30.000 Jahren. Gerüchten zufolge beherrschte Iconia vor 200.000 Jahren einen guten Teil der Galaxis. Und dann setzt Picard das ins Verhältnis zum Alter der Galaxis: 13 Milliarden Jahre. Diese Szene fand ich genial geschrieben, weil sie demonstriert, wie wenig wir (oder die Menschen der Föderation) über diese ungeheure Zeitspanne wissen. Das Buch gibt uns einen guten Einblick in die Zeit vor 250 Millionen Jahren, soviel sei verraten.

Die Geschichte, die sich aus der Suche nach den Stasiskapseln entfaltet, zieht sich über mehrere Jahre hin, mit verschiedenen Wechseln der Schauplätze. Im Laufe dieser Geschichte treffen wir natürlich, wie schon bei den „Lost Era“-Romanen, auf viele bekannte Charaktere. Donald Varley etwa hat einen kurzen Auftritt, genau wie Admiral Quinn. Professor Langford kennen wir aus der TNG-Episode „Contagion“. Natürlich wird auch wieder Elias Vaughn erwähnt, in den DS9-Relaunch-Romanen der neue Erste Offizier. In erster Linie aber führt die Geschichte auf den Beginn der TNG-Serie hin, und so absolvieren fast alle Hauptcharaktere der Serie einen mehr oder weniger kurzen Auftritt. Da es im Klappentext des Buches steht, kann ich ruhig verraten, dass Deanna Troi und Data dabei die größte Rolle zufällt.

Leider übertreibt es der Autor dabei teilweise etwas. Natürlich ist es schön, zu sehen woher Picard seine Crew kennt, und in diese Szenen sind Andeutungen aus vielen, vielen TNG-Episoden eingeflossen. Aber manchmal kommt es dann doch sehr holzhammermäßig rüber, wie der Autor nicht nur die Ereignisse des Buches die Charaktere in Richtung TNG formen lässt, sondern das auch noch für den nicht ganz so hellen Leser ausbuchstabiert. Da wäre weniger mehr gewesen. Gut getroffen ist auf jeden Fall die Geschichte von Data. Ob Picard und Troi sich am Beginn der Serie tatsächlich so gut kennen, wie es das Buch nahelegt, bin ich mir dagegen nicht sicher.

Ok, kommen wir zu meinen Kritikpunkten. Das Buch liest sich sehr gut und spannend, und anfangs war ich recht begeistert davon. Aber dann kamen ein, zwei Punkte, die mich einfach total aus dem Lesefluss geworfen haben. Kennt ihr das, wenn sich ein Autor nicht an die Regeln der Welt hält, in der er schreibt? Wenn man einen Star-Trek-Roman schreibt, muss man nun mal die Gegebenheiten des ST-Universums beachten oder einen guten Grund erfinden, warum man es ausnahmsweise mal nicht tut. Preisfrage: Wenn ihr als Zivilist etwas in einer 250 Millionen Jahre alten Stasiskapsel findet, dann könnt ihr es A) einfach so mit nach Hause nehmen, ohne dass sich wirklich jemand dafür interessiert, oder B) es vergehen keine zwei Tage, bevor sich Starfleet Intelligence, der Tal‘Shiar, der Obsidianische Orden und sämtliche Wissenschaftler der Föderation bei euch die Klinke in die Hand geben, und am Ende arrangiert die Sektion 31 einen passenden ‚Unfall‘ für euch. Na, erraten, was im ST-Universum (und fast jedem anderen Universum auch) völlig unrealistisch ist? Sowas irritiert mich beim Lesen dann doch nachhaltig. Es gibt noch so einen unlogischen Punkt, verbunden mit dem Cameo-Auftritt eines Voyager-Charakters, was an sich schon irritierend ist. 😉

Von da an ging es mit der Geschichte auch etwas bergab. Nachdem das Geheimnis gelüftet ist und die Karten auf dem Tisch sind, schließt sich noch etwas Action an. Die ganze Geschichte ist an dem Punkt aber eigentlich schon zu groß, um sinnvoll vor TNG zu passen. Das ist ja das Problem jedes Prequels: Man muss damit leben, dass sich die Serie schlecht auf ein Buch beziehen kann, welches erst danach erschienen ist. Ereignisse der geschilderten Tragweite hätten aber sicher an verschiedensten Stellen von TNG Erwähnung finden sollen. Darüber kann man sich natürlich streiten, aber ich persönlich hatte gehofft, der Autor würde die Geschichte etwas kleiner, mehr auf Picard ausgerichtet stricken. Gegen Ende war ich dann sogar fest überzeugt, dass er das nur noch mit einer Zeitmanipulation oder einem Fingerschnippen á la Q mit der Serie unter einen Hut bringen kann. Das Buch zerfällt nicht gerade komplett in seine Einzelteile, aber die Glaubwürdigkeit lässt gegen Ende schon arg nach, leider.

Fazit

Gut zu lesen, spannend geschrieben. Das Buch enthält viele faszinierende Einblicke in die Frühzeit der ST-Galaxis sowie in die Geschichte von Picard und anderer TNG-Charaktere. Leider lässt die Geschichte ab der Mitte nach und ist für meinen Geschmack zu groß angelegt, um wirklich vor TNG zu passen. Im Gegenteil zu einigen anderen „Lost Era“-Romanen hätte ich also Probleme, dieses Buch als canon zu akzeptieren. Trotzdem ist es noch ein gutes Star-Trek-Buch, wenn man diese Einschränkungen im Hinterkopf behält.

Ein Gedanke zu „Christopher L. Bennett: Star Trek TNG – The Buried Age

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)