Terry Pratchett: Echt zauberhaft

Cover Echt zauberhaftRezension zu „Echt zauberhaft“ von Terry Pratchett, 17. Scheibenwelt-Roman, Originaltitel: „Interesting Times“, Ersterscheinung: 1994 (UK)

Deutsche Ausgaben: „Echt zauberhaft“, 1997, Wilhelm Goldmann Verlag München, 345 Seiten; „Echt zauberhaft“, 2001, Blanvalet Verlag

Inhalt

Lord Vetinari bekommt eine Botschaft aus dem Achatenen Reich, einem seltsamen, reichen und gefährlichen Land auf dem Gegengewicht-Kontinent. Der Kaiser des Achatenen Reiches verlangt nach dem ‚Großen Zaubberer‘. Und es gibt nur einen Zauberer, der so dumm ist, dass er noch nicht einmal das Wort ‚Zauberer‘ richtig schreiben kann: Rincewind! Das kommt den Zauberern der Unsichtbaren Universität sehr gelegen. Flugs befördern sie Rincewind mit einem neuen, thaumaturgischen Apparat erst von einer kleinen Insel, auf der er gestrandet war, nach Ankh-Morpork und dann ins Achatene Reich.

Dort scheint es, als solle der ‚Große Zaubberer‘ der Legende nach die Rote Armee anführen, einige Rebellen, die den Kaiser stürzen wollen. Erst einmal trifft Rincewind, der entschlossen ist, möglichst viel Platz zwischen sich und die Hauptstadt des Reiches zu bringen, jedoch auf Cohen den Barbaren. Cohen und seine Mitstreiter (die ‚Graue Horde‘, deren Mitglieder alle über siebzig sind) sind ins Achatene Reich gekommen, um etwas Wertvolles zu stehlen.

Und während der Großwesir Lord Hong seine Intrigen spinnt und die Horde sich nach Hunghung aufmacht, gerät Rincewind unfreiwillig immer weiter in ein neues Abenteuer…

Hauptpersonen

  • Rincewind – wieder einmal gerät er gegen seinen Willen in ein Abenteuer
  • Cohen der Barbar – ‚Dschingis Cohen‘ ist hinter einem besonderen Schatz her
  • Ronald Zervelatwurst – wandelt sich vom Lehrer zum wilden Barbaren
  • Lord Hong – der Großwesir des Achatenen Reiches hat eigene Pläne
  • Kriecher der Unhöfliche, Caleb der Brecher, Junger Willie, Irrer Polterer und Alter Vincent – der Rest der ‚Grauen Horde‘
  • Ponder Stibbons – der Zauberer erfindet den Hex

In weiteren Rollen

  • Zweiblum
  • Lotosblüte, Hübscher Schmetterling und andere Mitglieder der Roten Armee
  • die Lords Fang, Tang, Sung und McSweeney
  • Rincewinds Truhe
  • Lord Vetinari, der Patrizier
  • Mustrum Ridcully, Erzkanzler der Unsichtbaren Universität
  • der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität
  • der Dekan, der Oberste Hirte, der Quästor und weitere Rektorats-Mitglieder der Unsichtbaren Universität
  • der Blinde Io, Offler, Schicksal, die Lady und andere Götter
  • Tod und Krieg

Schauplätze

Ankh-Morpork, eine Insel irgendwo im Ozean, Hunghung und das Achatene Reich, Kontinent XXXX

Bewertung

Pratchett knüpft mit diesem Buch in gewisser Weise an seine ersten beiden Scheibenwelt-Romane an. Damals besuchte Zweiblum, ein Bürger des Achatenen Reiches, Ankh-Morpork. Hier wird nun Rincewind samt Truhe ins Achatene Reich geschickt. Kein Wunder, dass er da auch auf Zweiblum trifft.

Das Achatene Reich ist eine Anspielung auf China, wenn auch nicht so deutlich wie manch andere Scheibenwelt-Länder. Pratchett schildert hier durchaus kritisch ein Regime, in dem es ‚etwas schlimmeres als Peitschen‘ gibt. Die Menschen gehorchen jedem Befehl bedingungslos, weil sie es nur so kennen. Auch ohne Peitschen. Diese kritischen Untertöne kommen immer wieder durch. Das äußert sich dann auch in den sehr zaghaften Versuchen der Rebellion.

Zudem ziehen sich durch das ganze Buch immer wieder die Sprachprobleme der Morporkianer in Hunghung, was zu Sätzen wie „Deine Frau ist ein großes Nilpferd.“ führt (auf Morporkianisch: „Arrgh!“).

Ansonsten konzentriert sich das Buch auf Rincewind und seine Versuche, vor den Abenteuern zu fliehen. Natürlich bringt er am Ende unfreiwillig die Rettung für unsere Helden. Denn der andere Teil der Story dreht sich um Cohen den Barbaren, auch Dschingis Cohen genannt. Auch ihn kennen wir aus früheren Romanen Pratchetts. Cohen und seine ‚Graue Horde‘ sind allesamt uralte Barbaren, scheuen aber trotz des Alters keinen Kampf. Unterstützt werden sie von Ronald Zervelatwurst, einem ehemaligen Lehrer, dessen Versuche, die Bande zu zivilisieren recht witzig sind.

Auffällig ist, dass dieses Buch wesentlich mehr Gewalt enthält als üblich. Klar, es sterben auch in anderen Scheibenwelt-Büchern viele Leute, aber nicht so beiläufig. Sonst dient der Tod der Story, und die Verschiedenen werden auch prompt vom Tod in Empfang genommen. Hier jedoch springen eine ganze Menge Leute wirklich in Nebensätzen über die Klinge, einfach so. Ok, es sind barbarische Helden und nicht weniger barbarische Lords. Trotzdem ist mir das etwas negativ aufgefallen. Es ist ja eigentlich für die Scheibenwelt-Romane nicht typisch. Ebenso fiel mir auch auf, dass Zweiblum wesentlich ernsthafter geschildert wurde als noch in den beiden ersten Romanen.

Ein anderes Story-Element sind die kurzen Episoden aus Ankh-Morpork. Hier sehen wir den ganzen Stab der Unsichtbaren Universität wieder, incl. Orang-Utan. Besonders witzig fand ich hier die Erfindung von Ponder Stibbons, eine Art thaumaturgischen Computer. Köstlich, wenn der ‚Hex‘ Dinge wie „Kein-Käse-mehr-Fehler * System Reset“ ausgibt und die Zauberer sich wundern, wer wohl System Reset sein mag. Zudem erhalten wir einen nicht minder köstlichen Einblick in den Lehrbetrieb der Unsichtbaren Universität (Seminarraum 3B)…

Fazit

Alles in allem ist „Echt zauberhaft“ ein recht vergnüglicher Scheibenwelt-Roman. Er kommt vielleicht nicht in die Top-Ten, aber man kann ihn gut lesen und sich dabei auch durchaus amüsieren.

Zitate

Wird jemand durch eine sonderbare Verkettung von Umständen vor dem sicheren Tod gerettet, spricht man von einem Wunder. Doch wenn eine unglückselige Folge von Ereignissen jemanden umbringthier ein Ölfleck und dort eine Lücke in der Leitplanke –, so ist das ebenfalls ein Wunder. Der Vorgang wird nicht weniger wundersam, nur weil er uns nicht gefällt.
[S. 7]

Das Chaos besiegt die Ordnung, weil es besser organisiert ist.
[S. 10]

Er bekam nicht oft Gelegenheit, den Park zu besichtigen, der in Gärtnerei-Handbüchern unter der Rubrik „Was man unbedingt vermeiden sollte“ zu finden war.
[S. 14]

„Heureka“, sagte er.
„Das ist Ephebianisch“, teilte Cohen der Horde mit. „Es bedeutet: ‚Gebt mir ein Handtuch.‘“
[S. 144]

Ein Stiefel traf Rincewind in der Nierengegend – im Esperanto der Brutalität eine klare Aufforderung. Er stemmte sich hoch.
[S. 168]

Der Kaiser hatte alle Eigenschaften einer Leiche, abgesehen von der, tot zu sein.
[S. 169]

Zweiblum war mehrere Jahre lang direkt mit der Realität konfrontiert gewesen, hatte sich jedoch nie zu der Erkenntnis durchgerungen, dass Rincewind über die gleichen magischen Fähigkeiten verfügte wie eine gewöhnliche Hausfliege.
[S. 187]

„Wir müssen den Palast stürmen, wie es Zweifeuerkraut wollte.“
„Ihr seid nur dreißig“, wandte Rincewind ein. „Das ist kein Sturm, höchstens ein Nieselregen.“
[S. 190]

Pure Erhabenheit sollte dem Besucher die Sprache verschlagen und ihm mitteilen: „Dies ist Zivilisation. Du kannst entweder daran teilhaben oder sterben. Und jetzt sink auf die Knie, wenn Du nicht auf andere Weise kleiner werden willst.“
[S. 215]

Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Goldmann-Ausgabe.

Links

Dieses Buch im Annotated Pratchett File
Übersicht aller Scheibenwelt-Bücher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte beachte die Kommentarregeln: 1) Kein Spam, und bitte höflich bleiben. 2) Ins Namensfeld gehört ein Name. Gerne ein Pseudonym, aber bitte keine Keywords. 3) Keine kommerziellen Links, außer es hat Bezug zum Beitrag. mehr Details...

So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)