Terry Pratchett: Das Erbe des Zauberers

Cover Das Erbe des ZauberersRezension zu „Das Erbe des Zauberers“ von Terry Pratchett, 3. Scheibenwelt-Roman, Originaltitel: „Equal Rites“, Ersterscheinung: 1987 (UK)

Deutche Ausgaben: „Das Erbe des Zauberers“, 1989, Wilhelm Heyne Verlag München, 283 Seiten; „Das Erbe des Zauberers“, Piper Verlag, 2005

Inhalt

In einer stürmischen Nacht kommt der Zauberer Drum Billet nach Blödes Kaff, einem kleinen Dorf in den Spitzhornbergen. Er weiß, dass er bald sterben wird (in knapp zehn Minuten), und will gemäß der Tradition seine magischen Kräfte auf den achten Sohn eines achten Sohnes übertragen. Zu spät stellt er fest, dass dieser achte Sohn in Wirklichkeit eine Tochter ist – und damit ist der Scheibenwelt der erste weibliche Zauberer geboren.

Das Mädchen, Eskarina genannt, wächst fast normal auf. Doch als es acht Jahre alt ist, bemerkt Granny Wetterwachs, die Hexe des Dorfes, wie langsam die Magie in Esk durchbricht. Granny weiß, dass es keine weiblichen Zauberer gibt, da dies gegen jede Tradition ist. Frauen haben Hexen zu sein!

Trotzdem kann sie nicht anders, als Eskarina auszubilden. Und im Laufe ihrer Hexen-Ausbildung entwickelt Eskarina ein immer stärkeres Interesse an der „männlichen“ Magie. Mit dem Zauberstab Drum Billets, den dieser Esk vermachte, kann Eskarina schon bald beträchtliches Unheil anrichten. Letzten Endes bleibt Granny Wetterwachs nichts anderes übrig, als Esk auf die Unsichtbare Universität zu schicken, wo alle Zauberer ausgebildet werden. Und aus einer Laune heraus beschließt die Hexe, Esk zu begleiten.

Dies ist der Beginn einer langen Reise von den Spitzhornbergen nach Ankh-Morpork. Aber es ist auch der Beginn eines Kampfes gegen die Intoleranz der Magier und gegen die Kreaturen der Kerkerdimensionen, die wieder einmal ins Scheibenwelt-Universum vordringen wollen…

Hauptpersonen

  • Eskarina Schmied – die erste Zauberin der Scheibenwelt
  • Granny Wetterwachs – die Hexe muss die Verantwortung für Esk übernehmen
  • Simon – der brillante, junge Zauberer zieht das Unheil geradezu an
  • Lord Knallwinkel – der Erzkanzler der Unsichtbaren Universität

In weiteren Rollen

  • Tod
  • Drum Billet
  • Gordo Schmied, Gulta, Cern und weitere Familienmitglieder von Eskarina
  • Hilta Ziegenfinder, eine Kollegin Grannys
  • Amschat B‘Hal Zoon
  • Treatle, der Vize-Kanzler der Unsichtbaren Universität
  • der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität
  • Frau Reineweiß

Schauplätze

Blödes Kaff, Spitzhornberge, Ohulan, Oberlauf des Ankh, Ankh-Morpork und die Unsichtbare Universität, die Kerkerdimensionen

Bewertung

Scheibenwelt, die dritte! Diesmal ohne Rincewind, das Buch widmet sich Granny Wetterwachs und der jungen Eskarina. Innerhalb der Geschichte wird uns viel über Magie und die Unterschiede zwischen Hexen und Zauberern verraten. Wir erhalten Einblick in einige weitere Bereiche der Scheibenwelt, aber diesmal hat die Geschichte nicht so sehr den Charakter einer Rundreise, der Weg zwischen Spitzhornbergen und der Unsichtbaren Universität ist relativ geradlinig (im übertragenen Sinne). Dafür kommt mit Simon und den Kerkerdimensionen relativ spät im Buch ein neues Storyelement auf. Mehr soll hier aber nicht verraten werden…

Die Unsichtbare Universität wird auch etwas näher beleuchtet, und natürlich sehen wir den Bibliothekar wieder, genau wie den Tod. Granny Wetterwachs hat hier ihren ersten Auftritt, sie taucht später in vielen weiteren Hexen-Büchern wieder auf (dann als Oma Wetterwachs übersetzt).

Tiefgründiger betrachtet ist die Grundidee des Buches natürlich eine Parabel auf die Emanzipation. Als erstes der Scheibenwelt-Bücher hat „Equal Rites“ (diesbetreffend wesentlich passender als der deutsche Titel) damit ein tieferes Thema, wie viele weitere Bücher danach auch. Auf Eskarinas Weg zur Zauberin zeigt Pratchett uns unaufdringlich aber pointiert die festgefahrenen Grundsätze der männlichen Magier, die immer dann hilflos auf die Tradition (und fehlende sanitäre Anlagen) verweisen, wenn die Frage aufkommt, wieso Frauen keine Zauberer werden können.

Fazit

„Equal Rites“ ist eine gelungene Geschichte, die Humor, interessant gezeichnete Charaktere und eine Prise Tiefsinnigkeit in sich vereint, wie es sich für einen guten Scheibenwelt-Roman gehört.

Zitate

Das Bild zeigt einige glitzernde Sterne, wie Schuppen auf der Schulter Gottes.
[S. 295]

„Wenn ihr wollt, dass ich bleibe, dann komme ich mit“, erwiderte sie. Ein typisches Beispiel für die unter Geschwistern gebräuchliche Logik.
[S. 312, Eskarina]

„Nilpferd?“
„Eine Art Dachs“, sagte Granny. Man gelangte nicht in den Ruf, sich in Flora und Fauna bestens auszukennen, wenn man Wissenslücken eingestand.
[S. 340, Gordo und Granny Wetterwachs]

Es ist nicht unbedingt wichtig, was man weiß. Es geht darum, was andere Leute nicht wissen.
[S. 345]

Fossilien sind auf der Scheibenwelt weithin bekannt. Es handelt sich um spiralförmige muschelartige Gegenstände und versteinerte Reste von Geschöpfen, die zu einer Zeit lebten, als der Schöpfer noch überlegte, wie er eine lange Evolution simulieren sollte, und in einem Lexikon den faszinierenden Begriff „Pleistozän“ entdeckte.
[S. 485]

Die beiden Männer sonnten sich in dem herrlichen Gefühl, weitaus weniger zu wissen als gewöhnliche Leute, die nur von gewöhnlichen Dingen nichts wussten.
[S. 503]

Sie hatte Esk nur einmal geschlagen – der kleine Klaps, der dem Neugeborenen eine erste Vorstellung von dem vermittelt, was es von der Welt zu erwarten hat.
[S. 505]

Ein solches Gewitter legte die Vermutung nahe, der Himmel habe ein harntreibendes Mittel geschluckt.
[S. 530]

Darüber hinaus nahm sie den typischen Geruch des Ankh wahr: Er deutete darauf hin, dass ihn mehrere Armeen zunächst als Toilette und dann als Massengrab für ihre erschlagenen Feinde benutzt hatten.
[S. 531]

Die Rechte an obigen Zitaten liegen bei Terry Pratchett und den Verlagen. Dies soll keine Copyright-Verletzung darstellen, sondern lediglich zum Lesen des Buches anregen. Alle Seitenangaben beziehen sich auf den Heyne-Doppelband „Die Scheibenwelt“.

Links

Dieses Buch im Annotated Pratchett File
Übersicht aller Scheibenwelt-Bücher

Ein Gedanke zu „Terry Pratchett: Das Erbe des Zauberers

  1. da hat man mich nun wirklich Neugierig gemacht. Werde mir mal die so genannte Literatur gemütlich zu Augen führen. Besonders der Unterschied zwischen Hexen und den Zauberern ist wirklich interessant und mit Sicherheit auch spannend.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)