Der Beginn [Alternative Version]

Das Wesen erwachte. Es konnte sich kaum bewegen, sein ganzer Körper tat weh, als hätte man sein Innerstes nach außen gestülpt.

„Wo bin ich? Wer bin ich?“ murmelte es. Me-Laku. Ja, so war sein Name. Und plötzlich kam die Erinnerung zurück. Die Lichter am Himmel, die Götter von den Sternen. Das Fest zu ihren Ehren. Er hatte zu den Tänzern gehört, die die Götter begrüßten. Das Licht! Unerträgliches Licht und dann Dunkelheit. Und Schmerz. Der Schmerz war noch da, erinnerte ihn daran, das er nicht träumte.

Me-Laku richtete sich so gut es ging auf. Er war in einem großen Raum, voller merkwürdiger Gegenstände. Angst erfasste ihn, denn dieser Raum war anders als alles, was er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Er sprang von der Liege und blickte sich um. Es war kein Ausgang zu sehen, doch Me-Laku begann, die Wände zu untersuchen. Plötzlich stieß er mitten in der Luft auf ein unsichtbares Hindernis. Obwohl er nichts sah, konnte er mit den Händen eine Wand ertasten. Entsetzt wich er zurück, verkroch sich in einer Ecke und wartete ab.

***

Der Haska‘thuur stand auf der Brücke seines Schiffes und starrte auf die Flotte auf dem Hauptschirm. Seit drei Wochen belagerten die Vortha nun das Thabora-System, und noch immer war kein Ende dieser fatalen Situation abzusehen. Dural hatte regelmäßig die Meldungen über Subraum gehört.

‚Die Vortha sind einfach nicht für den Krieg geschaffen‘, dachte er und rieb seine Fühler aneinander. Dafür gab es ja die Thaborii. Und nun das! Eine Rebellion!

Dural wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ein Offizier sich an ihn wandte: „Sir, ein Beiboot bittet um die Erlaubnis zum Andocken. Es hat Dragh‘at an Bord, den Oberkommandierenden der Vortha-Flotte.“ Dural zirpte leise. Noch mehr Ärger, dachte er, bevor er den Befehl zum Andocken gab und sich auf den Weg in die Landebucht machte.

***

Dural hatte schon von Dragh‘at gehört. Gerüchten zufolge sollte er zu dem Kreis gehören, der auf Vorth inoffiziell die Macht übernommen hatte und aus dem Hintergrund das Volk regierte. Dural hatte keine Ahnung, wie viel Wahrheit diese Gerüchte enthielten. Doch als er dann Dragh‘at gegenüberstand, war er geneigt, ihnen Glauben zu schenken. Er wusste nicht genau, woran es lag, aber Dragh‘at besaß eine unheimliche Ausstrahlung.

Ohne ein Wort der Begrüßung ging er gleich zum Grund seines Hierseins über: „Habt ihr eine passende Spezies lokalisiert?“ Eine rhetorische Frage, denn er hatte Durals Bericht zweifelsohne gelesen.

„Ja, Erhabener“, antwortete Dural. „Ein Exemplar befindet sich an Bord, viele weitere sind schon nach Haskath gebracht worden.“ In Dragh‘ats Mine war keine Regung zu sehen, als er befahl: „Führ mich hin!“

***

Me-Laku hockte noch immer in der dunklen Ecke, als plötzlich ein Loch in der gegenüberliegenden Wand entstand. Zwei Wesen betraten den Raum. Eines ähnelte ihm sehr, das andere war wesentlich filigraner und mit sechs Gliedmaßen ausgestattet. Me-Laku wusste instinktiv, dass diese Wesen eine Gefahr für ihn darstellten. Und er reagierte so, wie es ihm seine Instinkte für eine solche Situation vorschrieben.

***

„Dort drinnen befindet sich das Wesen, Erhabener“, sagte Dural und wies auf eine Kammer, die hinter einem Energieschirm lag. Dragh‘at trat näher heran und drehte sich dann verärgert um: „Die Kammer ist leer! Wo ist dieses Wesen?“ Dural zirpte siegessicher und meinte: „Das ist der Grund, warum wir gerade diese Spezies ausgewählt haben. Passen Sie auf! Ich flute jetzt den Raum mit UV-Licht.“

Urplötzlich wurden humanoide Umrisse hinter dem Schirm sichtbar, die sich schließlich zu einem körperlichen Wesen verdichteten. Dragh‘at sah den Haska‘thuur fragend an, und Dural erklärte: „Es ist eine Art Tarnorgan, das die Lichtstrahlen um das Wesen herumlenkt. Wir sind noch dabei, diesen Effekt genauer zu untersuchen, aber er ist auf jeden Fall organisch.“

Dragh‘at musste wohl gemerkt haben, wie stolz Dural auf die Entdeckung des Wesens war, denn er meinte: „Mit diesen Wesen hat dein Volk eine sehr bedeutsame Entdeckung gemacht. Damit werdet ihr vielleicht in der Lage sein, eure Schuld abzutragen.“

„Schuld? Welche Schuld, Erhabener?“ zirpte Dural erstaunt.

Der Vortha trat plötzlich nahe an Dural heran und sagte mit leiser, aber gefährlicher Stimme: „Euer Volk hatte einen Auftrag! Eine Kriegerrasse solltet ihr erschaffen, unbesiegbar und gehorsam. Wie also konnte es zu der Rebellion der Thaborii kommen?“ Dural schwieg betreten, obwohl er wusste, dass ihn keine Schuld traf. Die Anpassung der Thaborii war schon vor über 300 Jahren erfolgt.

Dragh‘at sah ihn mit seinem stechenden Blick an, dann wandte er sich dem Wesen zu und teilte Dural mit: „Der Rat der Koalition hat beschlossen, den Thaborii uneingeschränkte Autonomie zuzugestehen. Meine Flotte wird sich aus diesem System zurückziehen.“

***

Me-Laku wusste nicht, worüber die beiden Wesen redeten, doch er hatte den Eindruck, dass es wichtige Dinge waren. Es musste um ihn gehen, sonst wären sie nicht extra hierher gekommen. Das größere, humanoidere der beiden Wesen wandte sich ihm zu und blickte ihn an. Me-Laku sah direkt in seine Augen, und plötzlich wusste er, dass es für ihn keine Rettung mehr gab. Sein ganzes Volk hatte seine Zukunft in diesem einen Augenblick verloren.

***

Dragh‘at wandte sich wieder um. „Dein Volk kennt seinen Auftrag. Diesmal muss ihnen der Gehorsam eingebrannt werden, bis in die tiefsten Tiefen ihrer genetischen Struktur. Ein erneutes Versagen kann nicht toleriert werden.“ Er überlegte einen Augenblick, dann deutete er auf das Wesen in der Kammer und fragte: „Wie nennen sich die Wesen?“

„Jem‘Hadar, Herr.“

Dragh‘at drehte sich um und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. ‚So berechenbar‘, dachte er. Diese Solids waren einfach zu berechenbar. Die Thaborii würden dem neuen Frieden nicht trauen, doch mit den Jahren würde ihre Aufmerksamkeit nachlassen. Und wenn die Haska‘thuur in etwa 20 Jahren das Projekt „Jem‘Hadar“ abgeschlossen hatten, konnte man die Thaborii wieder unterwerfen.

‚Berechenbar und gefährlich. Aber eines Tages werden wir sie alle kontrollieren!‘, dachte Dragh‘at und freute sich darauf, der großen Verbindung von diesem neuen Erfolg berichten zu können.

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)