Zeitungen – Sinn und Unsinn

In letzter Zeit wird ja viel über das bevorstehende Leistungsschutzrecht für deutsche Verlage gesprochen. Hinzu kommen Schlagzeilen wie „Tagesschau App nicht generell verboten“ und „USA: Trend zu Nachrichten aus dem Web hält an“. All das bringt mich dazu, auch mal über meinen Medien- bzw. Nachrichtenkonsum nachzudenken.

In den erstgenannten beiden Angelegenheiten wird für mich deutlich, dass sich deutsche Zeitungsverlage offenbar als Garanten und Lieferanten erstklassiger Nachrichten sehen. Wer keine Zeitung liest, ist nicht informiert. In meiner Realität kommen Zeitungen dagegen seit Jahren nur noch in der Kostenlos-Variante vor, die man ungefragt vor die Haustür gelegt bekommt und die man benutzt, wenn man eine Unterlage braucht oder etwas einwickeln muss.

Als Informationsquelle für das Tagesgeschehen nutze ich hauptsächlich die Tagesschau. Zum einen die tatsächliche Sendung, wobei es mir je nach Uhrzeit relativ egal ist, ob ich die Tagesschau sehe, die Tagesthemen oder das benachbarte heute-Journal. Eigentlich lese ich News aber lieber, weswegen tagesschau.de zu meinen täglich besuchten Seiten gehört. Der Kampf der Verleger gegen die Presseähnlichkeit der Webseite und der App stört mich deswegen auch ziemlich, denn ich will das ja im klassischen Sinne presseähnlich haben. Mich stört es z.B. immer sehr, wenn ein spannend angeteaserter Artikel sich als eingebundener Videobeitrag entpuppt. Den schaue ich mir nur sehr selten an, allein weil ich sehr selten die Muße und Ruhe dazu habe.

Davon abgesehen sind Seiten wie das Bildblog eine hervorragende Informationsquelle, wo jeden Morgen eine Liste mit Links zu fünf lesenswerten Seiten gepostet wird. Alles, was aktuell so durch die Medien und das Netz geht, taucht da früher oder später auf.

Im Vergleich dazu erscheinen mir gedruckte Tageszeitungen einfach überflüssig und antiquiert. Als gedrucktes Medium enthält die Zeitung natürlich keine klickbaren Links mit weiterführenden Infos. In den überwiegenden Fällen sind gar keine Links enthalten, nicht mal gedruckte. Man muss die Infos also nehmen, wie sie in der Zeitung stehen. Früher hat mich das nicht weiter gestört und ich habe bei meinen Eltern gerne zumindest einige Seiten der Ostee-Zeitung gelesen.

Ein paar Jahre Lektüre des Bildblogs kurieren einen jedoch von der Zeitungslektüre: Denn das Bildblog, das sich mittlerweile auch anderen deutschen Medien neben der Bild-Zeitung widmet, legt regelmäßig deren Arbeitsmethoden offen, die allzuoft aus dem unveränderten Übernehmen von Presseagentur-Meldungen zu bestehen scheinen. Daneben haben wir auch noch ungekennzeichnete Werbung und tendenziöse Artikel, die sich intransparent für die Interessen des Verlags oder deren Freunde einsetzen. Das mag nicht 100% des Inhalts der typischen Tageszeitung ausmachen, aber sicher so viel, dass mir der Gedanke, eine Zeitung zu abonnieren, relativ abwegig erscheint. Und wenn man dann mal zu etwas Unverfänglichem wie der Eltern-Zeitschrift greift, wird dort immer wieder Homöopathie beworben. :-/

Dazu kommen die konzeptionellen Mängel einer Zeitung bzw. Zeitschrift: Sie erscheint regelmäßig und mit einem festen Umfang. Der Chefredakteur muss also zwangsläufig etwas veröffentlichen, ob Qualitätsartikel vorliegen oder nicht, ob es etwas zu sagen gibt oder nicht, ob die Nachrichtenlage zu einem aktuellen Ereignis eindeutig ist oder nicht. Auf diese Weise ist schon viel Quatsch, Belangloses oder regelrecht Falsches veröffentlicht worden. Und umgedreht kann man sich einem Thema auch immer nur so weit widmen, bis der Platz zu Ende ist, was manchmal auch Schade ist.

Was würde denn im Umkehrschluss mein Interesse an Presseerzeugnissen wecken? Auf Papier vermutlich sehr wenig, allein schon wegen des begrenzten Platzes hier zu Hause. Digital sind das im Prinzip Vertrauen und Respekt. Ich vertraue z.B. den Machern der Tagesschau, dass sie neutral recherchierte Qualität abliefern, basierend auf dem, was ich dort die letzten Jahre über gelesen habe. Für diesen Nachrichtenüberblick würde ich auch bezahlen. Moment, tue ich ja, per GEZ. 😉

Ansonsten lese ich gerne Texte von Leuten, über die ich mir basierend auf ihren Veröffentlichungen ein Bild gemacht habe. Stefan Niggemeier, Michaelis Pantelouris oder Johann Hari zum Beispiel. Ähnlich wie bei der Tagesschau vertraue ich hier einfach darauf, dass sie gut recherchierte oder wohl-fundierte Meinungen veröffentlichen, die tatsächlich lesenswert sind. Wenn ich ein Kindle oder etwas in der Art hätte, könnte man mir aus deren Arbeiten sicher eine elektronische Zeitung zusammenstellen, und das Ergebnis wäre mir auch Geld wert. Bis dahin bin ich aber weiterhin auf meinen Feedreader angewiesen und muss mir die Artikel solcher Leute einzeln im Netz zusammensuchen.

Ach ja, wenn man mich zwingen würde, eine Tageszeitung zu abonnieren, dann wäre das wohl der britische Guardian. Dort schreiben einige sehr clevere Leute und ich habe von allen mir bekannten Zeitungen noch am ehesten Vertrauen, dass nicht zu viel Quatsch in der Zeitung landet.

Fazit: Bitte macht mir tagesschau.de nicht kaputt (könnte mal jemand diesen bekloppten Rundfunkstaatsvertrag umschreiben?!), und liebe Verleger: Findet doch mal ein Geschäftsmodell, das auch in diesem Jahrtausend funktioniert und das es euch ermöglicht, wieder Qualität statt Klickstrecken zu produzieren. Danke! 🙂

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)