Filmkritik: The Other Boleyn Girl

Kinoplakat The Other Boleyn GirlReview zum Film „The Other Boleyn Girl“ (dt. „Die Schwester der Königin“), UK / USA, 2008

Regie: Justin Chadwick, Schauspieler: Scarlett Johansson (Mary Boleyn), Natalie Portman (Anne Boleyn), Eric Bana (Henry VIII), David Morrissey (Herzog von Norfolk), Ana Torrent (Katharina von Aragorn)

Inhalt

England, 16. Jahrhundert: Die Frau des Königs Henry VIII hat eine Missgeburt, und es wird klar, dass sie dem König keinen männlichen Thronfolger mehr geben wird. Die Adeligen des Landes sehen dadurch ihre Chance gekommen, ihre Töchter dem König als Mätresse zur Verfügung zu stellen, darunter auch der ehrgeizige Herzog von Norfolk. Bei einem Besuch soll dem König eine Affäre mit der Nichte des Herzogs, Anne Boleyn, schmackhaft gemacht werden. Doch der König beginnt statt dessen eine Affäre mit Annes Schwester Mary…

Bewertung

Der Film erzählt die Geschichte aus der Perspektive von Anne und Mary, konzentriert sich auf die Dreiecksgeschichte der beiden Schwestern und des Königs. Während Eric Bana als König Henry VIII und Scarlet Johansson als Mary Boleyn sehr überzeugend sind, hatte ich größere Schwierigkeiten, Natalie Portman als Anne Boleyn zu sehen. Ich sehe sie eigentlich immer sehr gerne, aber hier sah sie einfach zu sehr nach „Garden State“ oder „Star Wars“ aus. Eine weniger bekannte Schauspielerin hätte vielleicht geholfen, auch wenn das gegen Mitte des Filmes dann langsam besser wurde. Vielleicht lag es aber auch am Charakter von Anne, deren Motivation für mich nicht so glaubwürdig rüberkam wie die von Mary.

Scarlet Johansson ging in ihrer Rolle dagegen voll auf. Sie hat mich übrigens in vielen Szenen immer wieder an Tara aus „Buffy“ erinnert. *g* Und nicht unerwähnt lassen will ich ihre Geburtsszene, die mir weitaus realistischer erschien als man es sonst aus TV und Kino gewohnt ist.

Ok, was ist dieser Film und was ist er nicht? Unterhaltsam und spannend, wenn man historische Dramen mag, durchaus. Ein historisch akkurater Film? Eher nicht. In erster Linie ist es wohl eine Verfilmung des Romans von Philippa Gregory (und nicht die erste, die Geschichte hat ein paar Jahre davor schon die BBC verfilmt).

Während die Geschichte des Königs und seiner wechselnden Beziehungen zu den Boleyn-Schwestern erzählt wird, kommt natürlich auch so einiges über die damaligen Vorstellungen, zumindest in adeligen Kreisen, rüber. Da werden Töchter als Handelsware angesehen, als Mittel zum sozialen Aufstieg. Heirat aus Liebe ist nicht drin, und schon gar nicht, wenn die Eltern schon eine standesgemäße Heirat arrangiert haben. Feminismus ist wirklich noch was anderes, und vom Sitz neben mir kam mehr als einmal ein gemurmeltes „Sausack!“ in Richtung fast aller männlichen Charaktere des Filmes. 😉

Von diesen Einblicken in die höfische Kultur des 16. Jahrhunderts abgesehen sollte man sich aber nicht zu sehr für Geschichte interessieren. „The Other Boleyn Girl“ ist, entgegen meinen Erwartungen, kein Porträt dieser Zeit, kein Film über die Loslösung von der katholischen Kirche etwa. Die großen historischen Ereignisse werden leider komplett ausgeblendet oder auf Nebensätze reduziert. Und während anfangs auch die höfischen Verwicklungen noch recht detailliert geschildert werden, wird später im Film auch das ausgeblendet, genau wie alle inner-europäischen Aspekte (Spannungen mit Spanien, Verhandlungen mit Frankreich). Es mag ja das Ziel der Geschichte sein, sich auf die beiden Boleyn-Schwestern zu konzentrieren, aber selbst da leuchtet es mir nicht ein, wie man solche Ereignisse einfach weglassen kann. Ereignisse, die auf Anne Boleyn großen Einfluss haben und die zu einem guten Teil durch sie erst zustande kamen.

Und selbst die Geschichte von Mary und Anne ist vereinfacht worden, jedenfalls wenn man das mit der Version der Wikipedia vergleicht. Dort habe ich gerade mal über das Leben der beiden gelesen und vermisse so einiges davon im Film. Ganze Jahre werden da zu (gefühlt) wenigen Minuten im Film eingedampft, Ereignisse verdreht, ganze Lebensabschnitte weggelassen. Dass zwischen Beginn und Ende des Filmes so um die 17 Jahre liegen müssten, wird nicht mal ansatzweise deutlich. Natürlich gibt es auch andere Filme, die es mit den historischen Gegebenheiten nicht so genau nehmen. Aber da gibt es meist einen zwingenden Grund, im Rahmen einer fiktiven Geschichte einige Fakten zu ändern. Bei „The Other Boleyn Girl“ ist es dagegen für mich nicht wirklich nachvollziehbar, warum man sich in so vielen Punkten nicht an den aktuellen Stand der Geschichtsforschung gehalten hat.

Vermutlich bin ich an dem Punkt ein wenig unfair, denn letztlich ist es eine Literaturverfilmung, und wenn es denn die Autorin aus welchen Gründen auch immer in ihrem Buch so geschildert hat, kann der Film da ja auch nichts dafür. Ich fand es aber trotzdem etwas frustrierend, dass der Film gekonnt alle spannenden Aspekte der Story umschifft.

Fazit

Ich bin nicht direkt begeistert. Zu wenig Geschichte und an einigen Punkten nicht wirklich eine nachvollziehbare Charakterisierung haben mich beim Schauen doch ein wenig gestört. Auf der anderen Seite liefern Eric Bana und Scarlett Johansson sehr gute Performances ab, und der Film ist durchaus spannend.

Links

„The Other Boleyn Girl“ bei IMDB.com

Veröffentlicht unter Filme

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So, noch mal kurz drüber schauen und dann nichts wie ab damit. Vielen Dank fürs Kommentieren! :-)